Damals, als Kind in der Bergarbeitersiedlung von Kamp-Lintfort

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So ein paar Erinnerungen.

Es war die Zeit, wo alles noch schwarz-weiß fotografiert wurde.

Selbst der Schnee im Winter fiel so vom Himmel; denn die ganze Kolonie stochte in der kalten Jahreszeit Kohleöfen mit Depotatkohle vom Pütt und dicke Rußflocken aus den Kaminen breiteten sich auf dem frisch gefallenen Schnee aus. Die nahe Kokerei der Zeche steuerte ein Übriges dazu bei. Das war in dieser Zeit so, uns Blagen störte das nicht! Wir haben uns auch auf der Zechenbrücke beim Koksabstich der Kokerei den Rücken gewärmt und sind dahin gerannt, wo die Dampfloks unter der Zechenbrücke her fuhren, standen im Nebel. Das war toll!

Damals hieß es auch öfter mal: Kohlen holen!

Da machte man sich mit dem Zinkeimer in der Hand auf den Weg raus zum Kohlenbunker im Schuppen, um Nachschub für den Herd zu holen. Als Depotat bekamen die Arbeiter seinerzeit nur Rohkohle. Bevor man jedoch mit einer Riesenschüppe die Kohlen in den Eimer füllen konnte, gab es noch mehr Arbeit; denn man musste erst die dicken Kohlenknabbel mit einem großen Hammer in kleine Stücke hauen, damit sie in den Kohlenkasten und Herd passten.

Auf dem Marktplatz der Kolonie

wurde jedes Jahr zur Adventszeit ein großer Tannenbaum mit Beleuchtung aufgestellt, wo wir Kinder drunter her getobt sind oder in Schneeverwehungen am Bach Tunnel gegraben oder Schneemänner gebaut haben. Im eigenen Garten stand sowieso immer einer mit Kohleaugen, -nase, -mund, Besen und Hut von Opa.

Da wurde auch manchmal das Mittagessen vergessen

und als wir dann nach Hause kamen, gab es den “Segen“, aber auch die Möglichkeit, seine kalten Füße in dem immer warmen Backofen des eckigen, emaillierten Kohleofens mit Aufsatz und umlaufender Reling wieder aufzuwärmen. Er stand in der Ecke der Wohnküche, heizte das ganze Haus. Am Rand des Ofens gab es immer eine weiße Emaillekanne mit Muckefuck. Und wenn Mutter nicht zu sehen war, haben wir schnell den direkten Schluck über die Schütte der Kanne genommen. Natürlich kam es vor, dass wir auf diese Art auch mal eine Ladung Prütt mit in den Mund bekamen!

Den ersten, wunderschönen Adventsschmuck

gab es vor den Geschäften auf der “kleinen Moerser Straße“, wie Mutter sie immer nannte. Dabei hieß sie eigentlich schon damals Kattenstraße. Vielleicht, weil die Straße auch Geschäfte hatte und schneller für uns erreichbar war, als die richtige Moerser Straße. Dort gab es immer die ersten beleuchteten Weihnachtsgirlanden aus echtem Tannengrün mit Lichterketten aus Glühbirnen zu bestaunen und für wenige weihnachtliche Dekorationen drückten wir uns an den Schaufensterscheiben die Nasen platt.

Als wir morgens aufstanden,

hatte sich manchmal, in kalten Nächten, glitzerndes Eis von innen an den Dachschrägen gebildet. Da waren außen nur die Dachpfannen und innen die verputzten Plisterlatten mit Tapete, sonst nichts! Gefroren haben wir trotzdem nicht unter den dicken, warmen Daunenbetten. Und an solchen Tagen haben wir morgens auf einem Stuhl vor dem vereisten Sprossenfenster gestanden. Das war nur einfach verglast und hatte ein Oberlicht. Wir haben die Scheiben angehaucht und mit den Fingern kleine Kreise in das Eis geschmolzen. Wir wollten natürlich wissen, ob es wieder geschneit hatte. Der Schlitten wartete ja bereits!

Doch am schönsten war es immer an Heiligabend,

als wir Kinder nach “oben“ geschickt wurden und warten mussten, bis das Christkind alles hergerichtet hatte. Wir haben mit den Betten Buden gebaut und die Erwartung stieg immer mehr. Was hatte das Christkind denn in diesem Jahr für mich gebracht?
Und irgendwann, nach einer endlos langen Zeit, bimmelte auf einmal unten ein Glöckchen. Wir horchten auf! Das war für uns das Zeichen, wir durften nach unten kommen.

Dann ging die Türe auf,

ein Kerzenwindspiel pingelte bereits in einer Ecke des vom Kerzenschein erhellten Wohnzimmers vor sich hin und wir standen dann vor dem schönsten, glitzernden, kerzenbeleuchteten Weihnachtsbaum der Welt……

Autor:

Elmar Begerau aus Kamp-Lintfort

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