Kleine Denksportaufgabe für die großen Ferien - Ein pädagogischer Leidartikel

Thomas Spekowius, Redakteur des Monheimer Wochen-Anzeigers und Ansprechpartner für die Monheimer Lokalkompass-Community.
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Sie sind Monheimer, vielleicht sogar Monheimerin, stehen mitten im Leben und haben mindestens ein Kind, das ab diesem Sommer die 3. oder 4. Klasse einer Grundschule bei uns besucht? Na dann haben Sie ja in diesen Ferien keine Langeweile! Also, Hefte raus und mitgeschrieben. Sie sind jetzt nämlich hochgefragt und extrem wichtig! Verhalten Sie sich bitte dementsprechend! Wenn Sie in den kommenden Wochen von vielen freundlichen Menschen angesprochen werden, die Ihnen die eine oder andere Schulgeschichte erzählen wollen, dann hören Sie gut zu und begegnen sie diesen Damen und Herren freundlich. Denn sie wollen alle nur das Beste, sie von der einzig wahren Wahrheit überzeugen. Denn im September werden sie darüber zu befinden haben, ob alle Monheimer Eltern ihre Kinder künftig noch an einer Realschule oder an einer neu aufzubauenden Sekundarschule anmelden können. Sie wollen eine funktionierende Monheimer Realschule abschaffen? Die mit Ausnahme des Gymnasiums dann noch letzte weiterführende Schule im gesamten Stadtgebiet, an der ihr Kind nicht an die Teilnahme am offenen Ganztag gebunden ist? Was sind Sie nur für Rabeneltern! Sie wollen also nicht für ihr Kind kochen, sich nicht selber um die Hausaufgaben kümmern, sondern lieber arbeiten gehen oder gar faul auf dem Sofa rumliegen, was? Sie wollen ihrem Kind den freien Nachmittag mit Freunden, die Zeit für die Musikschule und den Sportverein komplett verbauen? Sie zerstören eine hochgelobte Schule, die jedes Jahr nach der 10. Klasse rund 30 erfolgreiche Schüler an das Gymnasium abgegeben hat. Und das entscheiden Sie auch noch eiskalt für alle folgenden Elterngenerationen mit? Pfui!!!

Oder ticken Sie etwa anders? Sie glauben tatsächlich, dass die Realschule auf die Beschulung von Hauptschülern pädagogisch so gar nicht richtig vorbereitet ist? Sind finden es ungehörig, dass Kinder, die es bei uns an der Realschule nicht schaffen und an der Monheimer Gesamtschule, die seit Jahren mehr Anmeldungen als Plätze hat, keinen Stuhl mehr finden, einfach vor die Stadtgrenze gesetzt werden. Ab nach Langenfeld, Düsseldorf, Leverkusen! Sollen die doch da schauen, wie sie mit unseren Sprösslingen klarkommen. Finden sie doof? Sie glauben, so ein in die Perspektivlosigkeit entlassener Monheimer könnte Ihnen dann später vielleicht auch mal im Dunkeln auf der Straße begegnen? Sie sind für kleinere Klassen, glauben, dass man nicht nur an deutschen Grundschulen begabte und weniger begabte Kinder gemeinsam unterrichten kann? Von Pisa haben Sie auch schon gehört, und davon, dass man sich in vielen europäischen Ländern über unsere Probleme doch sehr wundert? Und am Ende kennen Sie sogar noch die Statistik, dass 60 Prozent aller Kinder am Ende einen anderen Schulabschluss machen, als ihnen dies auf dem Abschlusszeugnis der 4. Klasse prognostiziert wurde?

Da war jetzt auch Neues für Sie dabei? Jetzt sagen Sie aber bloß nicht, Sie sind hin- und hergerissen und wissen gar nicht, wo sie im September ihr Kreuzchen machen sollen! Stellen Sie sich jetzt nicht an. Es gibt ja außerdem auch noch zwei Informationsabende der Stadt und bestimmt auch noch ganz viele von den Monheimer Politikern.
Zum Schluss mal ein ehrliches
Wort, ich darf es ja sagen. Wenn Sie mich fragen, ich finde da wird den betroffenen Eltern eine Last aufgesattelt, die sie so gar nicht tragen können. Aber mich fragt ja glücklicherweise keiner! Mein Sohn kommt im September erst in die 2. Klasse. Und das nennt man dann wohl im Monheim des 21. Jahrhunderts die Gnade der späten Geburt. Schöne Ferien!

P.S.: Mal ganz weg von Monheim. Vielleicht fahren Sie ja in den Ferien in ein anderes Bundesland und können da ganz neue Erfahrungen sammeln. Denn in 16 deutschen Bundesländern gibt es auch 16 unterschiedliche Schulsysteme. Das ist der eigentliche Systemfehler. Und dem nur im Urlaub zu begegnen ist definitiv sehr viel angenehmer, als wenn Sie später mit ihren Kindern vielleicht mal aus beruflichen Gründen nach Berlin, Bremen oder Bayern umziehen müssen.

Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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