Von Cranach bis Géricault - außergewöhnliche Meisterwerke aus der Sammlung Gigoux

Sophie Bernard, Kuratorin des Museums in Besancon und Gerhard Finckh, Museumsdirektor in Wuppertal vor der "Allegorie auf die Künste"
5Bilder
  • Sophie Bernard, Kuratorin des Museums in Besancon und Gerhard Finckh, Museumsdirektor in Wuppertal vor der "Allegorie auf die Künste"
  • hochgeladen von Dorothea Weissbach

Cranach, Dürer, Tizian, Bellini, Rubens, Rembrandt und Goya - sie alle sind ab sofort zu Besuch in Wuppertal!
Diese teuersten und berühmtesten europäischen Künstler von Weltklasse eint, dass sie alle in der Sammlung Jean Gigoux vertreten sind.

Wer war dieser Privatmann, dass er es sich leisten konnte, eine mehr als 460 Gemälde und 3000 Graphiken umfassende erlesene Sammlung aufzubauen?

Jean-Francois Gigoux wurde 1806 als Handwerkersohn in Besançon/Frankreich geboren. Mit 17 Jahren gewann er einen Preis für seine Zeichnungen und nutzte das Preisgeld für Reisen durch Europa. Mit 23 Jahren zieht er nach Paris und besucht die dortige Kunstschule. Er arbeitet zunächst als Graphiker und Illustrator.
Ab 1832 schafft er es, dass seine Bilder bei den Ausstellungen des staatlich gelenkten Kunstsalons angenommen werden. Der Salon war seinerzeit jeweils das Kunstereignis des Jahres. Täglich besuchten bis zu 50.000 Besucher die Ausstellung, welche Kritiker, Betrachter und Käufer zusammenführte. Als 29-jähriger gewinnt Gigoux den ersten Preis in der Kategorie "Historienmalerei" und wird damit auf einen Schlag berühmt. Während seiner klassischen Bildungsreise durch Italien erwirbt er erste Werke für seine später so berühmte Sammlung.

Der Künstler Gigoux selbst war als Maler handwerklich ausgereift und konnte alle damals gewünschten Sujets bedienen. Er war ein Romantiker der es verstand, den bildlich festgehaltenen Moment auf den Punkt der Bildaussage hin zu dramatisieren. Mit diesem spannungsgeladenen Impakt traf er genau den Geschmack seiner Zeit. Seine bei Privatleuten, Staat und Kirche begehrten Gemälde und Zeichnungen brachten ihm neben Ruhm und Ehre vor allem die finanziellen Mittel ein, mit denen er seine Sammlung finanzieren konnte.
Er mehrte sein Vermögen mit Grundstücksspekulationen, was ihm in der Zeit der Umgestaltung von Paris durch den Architekten Hausmann besonders gut gelang.
Gigoux, der als Mensch schon immer eine etwas skurrile Type war, versammelte wöchentlich im privaten Rahmen renommierte Bildende Künstler, Literaten und Musiker seiner Zeit. Auch mit einigen impressionistischen Malern der Schule von Barbizon war er befreundet - wenngleich er sich mit seiner eigenen Malweise von der Avantgardekunst fernhielt und keine Formexperimente unternahm.

Nach mehreren privaten Schicksalsschlägen beginnt er als 54-jähriger, regelmäßig Werke seiner Sammlung an das Museum in Besançon, welches auch das älteste Museum Frankreichs ist, zu verschenken.
Mit 79 Jahren veröffentlicht er ein Buch mit Anekdoten über die Künstler seiner Zeit. In ihm erzählt er sein eigenes Leben und lässt vor allem auch die Kunstszene im Paris des 19. Jahrhunderts Revue passieren.
Jean Gigoux, der 1894 im Alter von 88 Jahren stirbt, hat seine gesamte Kunstsammlung posthum dem Museum in Besançon vermacht.

Aufgrund der günstigen Fügung, dass das Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie in Besançon derzeit eine räumliche Erweiterung erhält, konnte die Leihgabe der zahlreichen kostbaren Exponate aus der Sammlung Gigoux nach Deutschland ermöglicht werden.

Über zwei Etagen werden im Museum Von der Heydt rund 100 ausgewählte Gemälde und 90 erlesene Zeichnungen präsentiert.

Der Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh berichtet, dass für erforderliche bauliche Veränderungen, die Anschaffung spezieller Klimavitrinen und vor allem Transport- und Versicherungskosten Aufwendungen von rund einer Million Euro angefallen seien. In den Zeiten knapper öffentlicher Mittel sei dies nur durch die großzügige Unterstützung von Sponsoren und Förderern möglich gewesen. Der Dank gebühre also auch zahlreichen privaten Initiativen, welche die aktuelle Ausstellung unschätzbarer Kunstwerke in Wuppertal erst ermöglicht hätten.

Die Anordnung der Exponate in der aktuellen Ausstellung orientiert sich daran, welche Meisterwerke der Kunstkenner Gigoux schwerpunktmäßig in den europäischen Regionen gesammelt hat. Mit seinen fundierten Kenntnissen der Malerei und seinem eigenen malerischen Können und Wissen hat Gigoux strategisch aus dem Besten, was die Mal- und Zeichenkunst von der Renaissance bis zum 19. Jahrhundert zu bieten hat, die interessantesten und wesentlichsten Werke zusammen getragen.
Gigoux gelang es, obwohl er selbst ein Salonmaler par excellence war, sich von den standardisierten Kunstvorstellungen zu lösen und auch überraschende Kostbarkeiten anderer Künstler zu erwerben.

In elf musealen Räumen erschließt sich der Streifzug durch die europäische Kunstszene:
Ausgehend von Gigoux eigenem Werk geht der Besucher durch die düstere und zurückhaltende Schönheit der italienischen "Primitiven". Weiter geht es zur deutschen Malerei mit allein fünf Gemälden von Cranach und Dürers "Fledermaus".
Es folgen Zeichnungen aus allen wichtigen Kunstmetropolen Italiens. Aus der Gesamtsammlung Gigoux' von rund 740 Zeichnungen und 66 Gemälden italienischer Künstler können Schlüsselwerke der italienischen Schule gezeigt werden.
Ein weiterer Raum widmet sich Giovanni Battista Tiepolo und Giovanni Domenico Tiepolo.
Mit der holländischen und flämischen Malerei öffnete sich Gigoux auch für die nordische Kunst.
Im Raum der spanischen Malerei zeigt sich, dass Gigoux an der spanischen Kunst besonders ihren Realismus sowie ihre Strenge und geheimnisvolle Seite schätzte.
Die französischen Zeichnungen des Grand Siècle belegen Gigoux' Bewunderung für die Leichtigkeit, Frische und Sinnlichkeit des 17. Jahrhunderts.
Die "alte französische Schule" nimmt eine Vorrangstellung in der Sammlung ein und es scheint, als wolle Gigoux die großen Namen der französischen Malerei vereinen.

Obgleich Gigoux die französische Kunst bevorzugte, hatte er auch besondere Vorlieben für ausländische Werke. In einem seiner Briefe bezeugt Gigoux: "Die französische Kunst steht für mich immer im Rang hinter der Kunst aus Venedig und aus Holland; denn diese Kunst bildet das wahre Leben ab, während sich die unsere nur innerhalb der Konvention bewegt".

Sie sind eingeladen, sich vom 15.Oktober an bis voraussichtlich zum 23. Februar 2014 von erlesenen Kostbarkeiten der weltberühmten europäischen Kunstgeschichte beeindrucken und erfreuen zu lassen.

Zur Ausstellung gibt es außer einem Katalog mit Texten von Sophie Bernard, Olivia Voisin und Gerhard Finckh auch wieder ein reichhaltiges und hochkarätiges Rahmenprogramm für Klein und Groß:
- Öffentliche Führungen
- Mittwochsführungen, jeweils um 11.15 Uhr
- Themenführungen zu kunsthistorischen Inhalten, jeweils donnerstags, 18.00 Uhr
- Eine Sonderführung zum Wochenende der Grafik am 10. November, 11.30 Uhr
- Spezielle Führungen für Kinder nach unterschiedlichen Altersklassen
- Familiensonntage im Museum
- Kreativkurse.

Das Verständnis für die Zeitepoche des Sammlers Gigoux wird am Besten durch die Verbindung von Bildender Kunst, Literatur und Musik vermittelt.
Am 16. Oktober 2013 gibt der Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh eine Einführung in die Sammlung, Bernd Kuschmann liest aus dem Roman "Ekkehard" von Viktor von Scheffel und Florence Millet begleitet den Abend mit Klaviermusik von Claude Debussy. Karten für € 10, ermäßigt für € 5, Beginn 18.30 Uhr.

Weitere Infos:
www.von-der-heydt-museum.de
www.sammlung-gigoux.de

Autor:

Dorothea Weissbach aus Oberhausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.