Tiger, Minka und noch mehr Katzen Kap. 11-14

11 Tiger und Minka

Es müssen ja nicht alle schwarzen Katzen „Morle“ heißen. Susi und Paula kamen auch nicht in Frage. Meine Schwiegermutter machte einen Vorschlag. Sie hatte als Kind mal eine Minka gehabt und meinte Minka ist doch ein schöner Name. Mal sehen ob sie darauf reagiert! Machen wir den Ruftest. M i n k a, M i n k a! Sicher war es nur Einbildung von mir, doch die Kleine reagierte auf den Namen. So hatten wir jetzt einen Tiger und eine Minka. Wie gesagt, in der Woche waren die Beiden in der Werkstatt. Wenn die Kunden im Büro auf die Rechnung warteten hatten sie viel Spaß mit der kleinen Wollkugel. Kugel ist richtig. Minka hatte eine Freude daran hinter einem geworfenen Wollknäuel hinterher zu kugeln. Richtig. Zu kugeln. Sie schlitterte über den Holzfußboden, versuchte mit allen Vieren auf die Wollkugel zu landen. Dabei fiel sie regelmäßig über ihren Kopf auf den Rücken. Es sah aus, als ob ein Kind einen Kuselkopf (Kopfüberschlag) machte. Die Kunden vertrieben sich gerne die Wartezeit mit diesem Katzenspiel.

Am Wochenende kamen sie mit nach Hause in unsere Wohnung. An die Fahrt hatten sie sich schnell gewöhnt. Doch eines Abends kam mein Mann nur mit Minka nach Hause. Was war geschehen? Bei einer Polizeikontrolle musste das Seitenfenster geöffnet werden um die Fahrzeugpapiere vor zu zeigen. Da sprang Tiger aus dem Fenster heraus (er mochte wohl keine Polizisten) und verschwand seitlich in die Büsche, die vor der alten Zechenmauer standen. Ohne Kater fuhr mein Mann dann nach Hause. Solange die Polizei an diesem Platz die Kontrolle machte, sah mein Mann keine Change, dass Tiger zurückkam. Wir versorgten Minka und fuhren später zu der besagten Stelle. Mittlerweile war es dunkel geworden. Nur die Straßenlaternen gaben ein gelbes, mickeriges Licht ab, der Schein erreichte kaum die Sträucher. Mein Herz schlug schneller denn ich hatte kaum Hoffnung, dass Tiger noch in dieser Gegend wartete. Leise rief ich seinen Namen. Locke mit schütteln der Leckerlitüte. Lauschte ins Gebüsch. Nach einiger Zeit meinte ich ein Geräusch zu hören. Doch nein, es war wohl nur der Wind. Wir wollten schon fahren, da hörten wir ein Rascheln in den Sträuchern und vorsichtig kam ein Schatten aus dem dunklen Gebüsch. Meine Freude war groß und dem Tiger sah man es an, dass auch er froh war, dass er seine Leute wieder hatte. So etwas nennt man Glück. Das Abenteuer ist für Mensch und Tier gut ausgegangen. Was hätte Alles passieren können, darüber wollte ich nicht nachdenken. Ich war froh und so machten wir Drei uns auf den Heimweg.

12 Katzen an der Leine

So ein Wochenende ist lang und die Beiden wollten auch hier, in unserer Wohnung, die frische Luft genießen. Doch wie sollte das gehen. Wir wohnen im ersten Stock. Die Frage war, wie machen wir es hier mit dem Ausgang und der frischen Luft. Eine Bekannte schlug ein Katzengeschirr und Leine vor. Na ich weiß nicht, Katzen an der Leine. Doch ein Versuch kann ja nicht schaden. Im Zoogeschäft erstand ich 2 Leinensets. Ein Grünes für Tiger und ein Rotes für Minka. Die Eingewöhnung ging schneller als ich geglaubt hatte.

Als ich das erste Mal, mit den Beiden an der Leine, in den Garten ging, war es ein Bild für die Götter. Meine Nachbarin sah über den Zaun und konnte nicht glauben, was sie sah. Ich hatte es wirklich gemacht, die Beiden ließen sich das Geschirr anlegen ohne wie ein Springball an der Leine zu hüpfen. Weil es im Garten so schön klappte versuchte ich den nächsten Spaziergang bei uns im Ort. Brav gingen Tiger und Minka nebeneinander her, immer auf der rechten Seite vom Bürgersteig. Glücklicher Weise gab es in unserem Ort ruhige Seitenstraßen, die ich für den Spaziergang ausgesucht hatte. Die Anwohner der Straße sprachen mich an. Gerne gab ich Auskunft, warum die Beiden am Geschirr laufen, statt frei quer durch den Ort ihre Runden zu drehen. An den Wochenenden machten wir Drei immer einen Spaziergang. Auch der Transport im Auto war mit Geschirr sicherer. An einem Samstag, ich stand an der Haustür und betrachtete den Vorgarten, den ich erst vor kurzem angelegt hatte. Tiger saß neben mir auf der Treppenstufe und rieb seinen Kopf an meinem Bein. Auf dem Bürgersteig gingen einige Leute an unserem Garten vorbei. Manche blieben stehen und redeten mit mir. So auch Herr Heiner mit seinem Hund, eine bunte Mischung, die fast so groß war wie ein Riesenschnauzer. Ein bisschen sah er auch so aus. Herr Heiner meinte: „So groß sollte er eigentlich nicht werden, doch bei Mischungen hatte man keinen Einfluss, aber er ist ein liebes Tier.“ Das sah Tiger wohl anders. Der Hund wedelte mit seinem Schwanz und freute sich des Lebens. Tiger stellte seine Nackenhaare auf, der Schwanz wurde so breit wie bei einem Eichhörnchen. Mit lauten Rufen, die sich fast wie heiseres Bellen anhörten, stürzte er auf den Hund zu.

Direkt am Tor bremste er seinen Lauf ab und schrie laut auf. Mir fehlen einfach die Worte um das genau zu beschreiben. Der Hund machte einen Satz nach hinten und wollte sich aus dem Staube machen, doch er hang ja an der Leine. Sein Herrchen hatte Mühe ihn zu halten. Herr Heiner und ich sahen uns an und zuckten beide mit den Schultern. Wir haben das nicht verstanden warum mein Kater so aggressiv auf den Hund reagiert hatte. Tiger warf noch einen Blick auf den sich entfernenden Hund, drehte sich um und kam langsam die Stufen hoch. Er sah mich mit seinen gelben Strahlesaugen an. „Na! Habe ich das nicht gut gemacht?“ Ich streichelte seinen Kopf und ging ins Haus zurück. Tiger folgte mir die Treppe hinauf: In der Küche ging er erst einmal zur Futterstelle. Das Abenteuer hatte ihn hungrig gemacht. Am nächsten Tag sah ich Herr Heiner und winkte mit der Hand. Er sah mich und winkte zurück, blieb aber auf der anderen Straßenseite. Sein Hund blickte nur kurz zu mir herüber und zog Herrn Heiner schnell an unser Haus vorbei. Im Nachhinein kann ich sagen, es war eine schöne Zeit. Doch das Leben ist nicht immer gerecht.

13 Armer Tiger

September 1980. An einem Wochenende wollten die Beiden nicht mit ins Auto – kein Problem – mittlerweile – hatte mein Mann eine Katzenklappe eingebaut, so brauchten sie nicht Draußen übernachten. Wenn Tiger und Minka wollten, konnten sie jederzeit ins Büro. Am Sonntag fuhr mein Mann, wie immer wenn die Tiere in der Werkstatt blieben, zum Füttern hin und schaute nach dem Rechten. Die Beiden hatten wohl in der Nacht keine Beute gemacht und freuten sich auf das leckere Fresschen. Noch einmal streicheln und tschüs bis Montag. Alles war gut. Dann kam dieser verflixte Montagmorgen. Schon als ich mit dem Auto auf den Hof fuhr hatte ich ein schlechtes Gefühl. Sonst saßen Minka und Tiger immer mitten im Hof und warteten auf ihre Dosenöffner. Sie hatten wohl ein Gespür für die Zeit und ahnten wann ich kam. Doch heute nicht. Was war los. Wo stecken die beiden Racker. Nachdem ich den Wagen geparkt hatte ging ich direkt auf die Bürotür zu. Da sah ich es.

Seitlich, neben der Bürotür, an der Katzenklappe, da lag Tiger. Mit dem Kopf hatte er sich ins lockere Erdreich gewühlt, Er bewegte sich nicht mehr. Mit einer Hand streichelte ich über seinen Körper, er war bereits kalt und steif. Unser Tiger, er war tot. Er hatte wohl starke Schmerzen gehabt und darum seinen Kopf in das lockere Erdreich vom Blumenbeet gebohrt: Ich hatte es erst vor kurzem angelegt, damit die Katzenklappe nicht so auffiel. Auf einmal hörte ich ein leises Fiepen. Direkt auf dem Beet, einen Schritt neben Tiger, doch durch Blumen verdeckt, da lag Minka. Ihre Flanken hoben sich langsam bei jedem Atemzug. Ihre Augen waren groß aufgerissen, ihr Mäulchen bewegte sich, aber es kam kein Ton mehr heraus. Sie hatte noch etwas Leben in sich. Ich wickelte die Katze in eine Decke und legte sie vorsichtig ins Auto. Meinem Mann rief ich kurz zu was passiert war. „Bitte kümmere dich um den Tiger.“

Die Fahrt ging zum Tierarzt. Hoffentlich konnte er helfen. Zum Glück konnte ich mit Minka gleich durch in den Behandlungsraum gehen. Der Arzt sah sofort was los war. Rattengift! Der Schlachthof hinter dem Bahndamm hatte wohl Rattengift gestreut, weil die Nager überhand genommen hatten. Da Tiger manchmal seine Beute auch fraß, hatte er wohl zu viel von dem Gift durch die Ratten mit aufgenommen. Gott sei Dank machte sich Minka nicht soviel aus Ratten. Das war ihr Glück. Sie hatte deshalb weniger Gift in ihrem Körper. Minka bekam vom Tierdoktor eine Spritze mit Gegengift, eine Aufbauspritze und von mir jede Menge Liebe. Ich nahm sie mit nach Hause, um sie zu pflegen. In der Werkstatt war um diese Zeit für mich weniger zu tun, darum konnte ich mich um Minka kümmern. Stündlich wusch ich ihr die eiternden Stellen mit einer Tinktur vom Tierarzt aus. Danach gab ich ihr die Tabletten und nach ca. 14 Tagen war Minka fast kahl, aber über den Berg.

Das Fell wuchs nach. Als sie wieder gesund war, kam sie mit zur Werkstatt. Hier suchte sie ihren Kumpel Tiger. Den hatten wir, verbotener Weise, an seinem Lieblingsplatz begraben. Ich machte mir Vorwürfe weil ich nicht da war als meine Katzen mich brauchten. Mein Mann tröstete mich mit den Worten: „Du kannst nicht immer Aufpassen, sie sind doch Freigänger.“ Auch Katzen können trauern. Bei Minka dauerte es lange, sie suchte ihn in der Werkstatt und auch bei uns zuhause. Doch Tiger war im Katzenhimmel, wir werden ihn nie vergessen. Minka wurde nach dieser Erfahrung sehr vorsichtig.

14 Minka wird Mutter

Der Winter war hart und lang. Als die Sonne den letzten Schnee aufgetaut hatte, da bemerkte ich, dass Minka wohl etwas runder geworden war. Ihr Bauch hatte bedenklich zugenommen. „Ich glaube sie bekommt Junge.“ „Wieso denn“ frage mein Mann, „du gibst ihr doch die Pille.“ Stimmt! Doch auch bei Menschen kann so eine Pille mal versagen, warum nicht auch bei Katzen. Nachdem einige Zeit vergangen war, Minka war noch runder geworden und bewegte sich nur langsam. Nach Draußen ging sie nicht mehr. Du meine Güte! Ich stellte mir die Frage: Wie viele Babys wollte sie denn bekommen? Dann war es soweit. Mein Mann war am frühen Morgen in die Werkstatt vorgefahren. ein Kundenfahrzeug sollte zeitig abgeholt werden. Die Rechnung hatte ich schon am Vortag ausgestellt und sie lag im Büro bereit. Wir hatten vereinbart, dass ich einige Arbeiten erledigen sollte, was halt so in einer Wohnung anfällt. Später wollte ich dann nachkommen. Für Minka hatte ich schon eine Wurfkiste im Büro bereitgestellt.

In dieser lag sie nun und drehte sich immer um die eigene Achse. Sie miaute jämmerlich. Mein Mann hatte Angst und rief mich an. „Du musst sofort kommen, ich glaube bei Minka ist es soweit, sie wartet auf dich.“ Die Entscheidung fiel leicht. Putzen kann ich immer noch, Minka geht jetzt vor. Als mein Wagen auf den Hof fuhr stand mein Mann schon händeringend in der Tür. Der Kunde hatte seinen Wagen abgeholt und danach bemerkte mein Mann, dass mit Minka etwas nicht stimmte. Zum Glück rief er mich an. Sofort ging ich zur Box und sprach mit ruhigen Worten auf die Katze ein. Streichelte sie um sie zu beruhigen. Ich glaube, mein Mann hatte mal wieder Recht, sie hat auf mich gewartet. Als Minka mich sah, da legte sie sich hin und es ging los. So etwas hatte ich noch nie gesehen.

Zwischen ihren Hinterbeinen kam zuerst so etwas wie eine Kaugummiblase, die innen mit dunklem Fell gefüllt war, danach kam der Rest. Eine neue Katze war geboren. Das Baby war fasst doppelt so groß wie damals Minka, als sie zu uns kam. Ach ja! Lang, lang, ist es her. Minka machte eine Pause. Leckte ihr erst geborenes Baby trocken, drehte sich auf die Seite, leckte mit ihrer Zunge über meine Hand, als wenn sie sich bedanken wollte. Das schwarze Kätzchen war trocken geleckt und kroch gleich zu der Milchbar, doch Minka wehrte es ab weil das nächste Baby ans Licht der Welt wollte. Es ging weiter. Ein gestreiftes Katzenkind, hellgrau mit dunkler Musterung schob sich ins Leben.

Das Dritte kam sofort danach, Minka hatte kaum Zeit den Grauen trocken zu lecken. Es war braun getigert. Das letzte war schwarz wie das Erste, nur viel, viel kleiner. Minka hatte es geschafft. Vier süße, kleine Katzen erblicken am 02. März 1980 das Licht der Welt. Für mich stand sofort fest, das erste Katzenkind werde ich behalten. Es war schwarz mit einem hauch weiß unter der Kehle. Moritz sollte er heißen. Mein Mann nickte und sagte: “Was soll ich sagen, du machst in dieser Beziehung ja doch was du willst. Ich haben aber nichts dagegen.“

Autor:

Gertrud Gottschalk aus Datteln

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