Einfache Komplexität: Ausstellung zum 80. von Eugen Viehmann

Der Maler Eugen Viehmann mit einigen seiner Werke. Im Arm hält er das Aquarell einer romanischen Kapelle in Gevelsbergs Partnerstadt Vendôme. Rechts die gemalte Aesop-Fabel vom Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen. Foto: Jarych | Foto: Sebastian Jarych
  • Der Maler Eugen Viehmann mit einigen seiner Werke. Im Arm hält er das Aquarell einer romanischen Kapelle in Gevelsbergs Partnerstadt Vendôme. Rechts die gemalte Aesop-Fabel vom Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen. Foto: Jarych
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Auf den ersten Blick wirken seine Bilder zuweilen geradezu naiv. Doch die ungeheure Präzision des pensionierten Architekten Eugen Viehmann, gepaart mit einer fast schlafwandlerischen Sicherheit für das vollendete Mitenander von Formen und Farben, offenbart eine Komplexität, die weit jenseits der seiner Vorbilder Kandinski, Klee und Miró liegt.

Gevelsberg. Wenn Eugen Viehmann am Dienstag die Ausstellung mit 120 seiner Werke aus den Jahren 2007 bis heute eröffnet, dann hat er zugleich noch einen weiteren Grund zu feiern:

Genau an diesem Tag feiert der 1930 in Klausenburg (Siebenbürgen) geborene Maler seinen 80. Geburtstag. Und weil er in der Region kein Unbekannter ist, macht ihm die Stadt Gevelsberg dieses besondere Geschenk. Dabei hat Viehmann, der 1937 als Spätaussiedler nach Deutschland kam, 1975 in Gevelsberg heiratete und seither dort lebt, eigentlich für eine ganz andere Stadt gearbeitet: Ab 1979 war er der Hausarchitekt der Stadt Solingen.

Auch zum 70. und zum 75. Geburtstag konnte Viehmann im Gevelsberger Rathaus ausstellen; seine regelmäßige Werkschau hat hier Tradition, und anders könnten Freunde seiner Kunst auch kaum den Überblick bewahren über das ungeheure Schaffen des Mannes, der in fünf Jahren jeweils ein Mehrfaches dessen, was er dann im Rathaus ausstellen kann, zu produzieren pflegt.

Denn der kleine, freundliche, fast schüchtern wirkende Mann mit der leisen Stimme ist ungeheuer agil: Zwölf Sprachen hat er gelernt - acht davon, bekennt er verlegen lächelnd, spricht er fließend. Und so steht auch „Das etruskische Lächeln“, der Wandlungsroman eines kalabresischen Bauern von José Luis Samparo, zu dem Viehmann ein gleichnamiges Bild geschaffen hat, in der spanischen Originalausgabe im Bücherregal.

In seinem riesigen Atelier im Obergeschoss des ungewöhnlich geschnittenen Hauses in einer stillen Seitenstraße des Gevelsberger Vogelviertels stapeln sich Bilder auf Bilder, sind etliche Dutzend Quadratmeter Wandfläche mit Büchern der gesamten Weltliteratur bedeckt, von denen man getrost annehmen kann, dass er sie alle gelesen hat - einige davon hat er gleich selbst geschrieben, layoutet und illustriert, mehr als zehn Bände Poesie und Prosa.
Auch der Spitzboden steht voller Stapel mit aufgezogenen Leinwändern: mehrere hundert Bilder, so schätzt der Maler selbst, hat er hier noch einmal liegen. Auf die Frage, ob er denn jedes einzelne noch kennt, nickt er erstaunt: „Ja, sicher.“

Im Rahmen seiner Architektur-Studiums an der Universität Bukarest hatte Viehmann auch Unterricht im Aquarellieren und der Malerei. Später malte er eigenständig weiter, in Acryl und Aquarelle, Hunderte von Bildern: „Ich bin glücklich, wenn ich male. Es ist im Grunde eine Genugtuung.“
Bei ihm gibt es keine vagen Umrisse. Klare Flächen, scharfe Konturen, viel Geometrie, selbst in den kleinteiligen Partien, was die nötige Ruhe schafft, um Viehmanns vollendete Formen und Farben, seine ganz eigene Bildsprache auf sich wirken zu lassen. Seine eindimensional wirkenden Szenerien haben zumeist einen schlichten, leicht strukturierten Hintergrund, der sie wirken lässt, als wären sie auf Beton gemalt oder auf einen einfarbigen Strukturstoff der 70er Jahre.
Die Themen sind weit gefächert: Fabeln, biblische Themen und literarische, Humor und Satire, Kompositionen und Aquarelle. Besonders die biblischen Motive nehmen immer mehr Raum ein - Viehmann ist sein eigener katholischer Glaube sehr wichtig.

Wer ihn fragt, was auf diesem oder jenem Bild zu sehen ist, bekommt meist eine kleine Geschichte zu hören. Sein satirisches Werk „Bei der Zahnärztin“ beschreibt er etwa so:
„Da liegt man im Stuhl, muss den Mund aufreißen, die Augen quellen einem heraus und sie taucht einem in den Schlund...“. Krallenartige, rote Gebilde über der kubistisch verfremdeten Szene stehen für den Schmerz, und jeder, der solch eine Szene je erlitten hat, versteht.
Den Orkan Kyrill illustriert eine blaue Fläche mit einsamen, blattlosen Stämmen, manche senkrecht, andere schräg daran gelehnt und mit gezackten Buchkanten, dahinter der volle Mond - eine trostlose, stille Szenerie.

Zur Ausstellung wird es einen stattlichen Katalog geben, der in kleiner Auflage von 50 Exemplaren gedruckt wird.
Die Vernissage findet am Dienstag, 7. September, um 18 Uhr im Gevelsberger Rathaus statt. In das künstlerische Werk Viehmanns führt Rüdiger Frohn Staatssekretär a. D. ein. Den musikalischen Rahmen der Ausstellungseröffnung gestaltet das Trio Conamino mit Elisabeth Rex (Piano), Annette Fischer (Klarinette) und Maria Schwientek (Blockflöte).

Danach ist die Ausstellung bis zum 26. September montags bis donnerstags von 10 bis 12 und 14 bis 18 Uhr sowie freitags, samstags und sonntags von 10 bis 12 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Autor:

Carmen Möller-Sendler aus Ennepetal

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