Neuen Herausforderungen stellen - Dietmar Spohn: Kraftwerke planen und bauen - Versorgungsstruktur modernisieren

Dietmar Spohn (l.), Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum, im Gespräch mit dem Redaktionsleiter des Stadtspiegel Bochum Ernst-Ulrich Roth | Foto: Molatta
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Sie stehen oftmals im Schatten der Kaufleute, die Techniker in der Geschäftsführung einer GmbH. Während der Diplom-Kaufmann die Verantwortung für die Finanzen, Rechts- und Öffentlichkeitsarbeit trägt, ist es der Diplom-Ingenieur, der die technischen Voraussetz-ungen für den Unternehmenserfolg schafft. „Bernd Wilmert als Kaufmann und ich begegnen uns auf Augenhöhe“, betont Dietmar Spohn, seit 2005 technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum. „Natürlich gibt es trotz der vertrauensvollen Zusammenarbeit immer wieder mal Reibereien, wenn es ums Geld geht, das der Techniker für seine Projekte ausgeben will.“

Zwischen 1979 und 1985 studierte Dietmar Spohn an der Ruhr-Universität Maschinenbau. Anschließend übernahm der Diplom-Ingenieur verschiedene führende Positionen bei RWE/VEW. Unter anderem war er Prokurist der VEW AG, dann Direktor der RWE Gas AG und deren Prokurist und zum Schluss verantwortlicher Bereichsleiter der REW Energy AG für Netze und Prozesse. „Mit der Liberalisierung der Energiewirtschaft hat es seit 1996 tiefgreifende Veränderungen gegeben“, erklärt er im Rückblick. „Waren in der Vergangenheit die Techniker allein für die Infrastruktur für die Verteilung von Gas, Wasser und Strom im Konzessionsgebiet der jeweiligen Stadtwerke verantwortlich, müssen wir heute auch Großprojekte zur Stromerzeugung planen, verhandeln und umsetzen.“

Dampf- und Gaskraftwerk in Hamm-Uentrop

Einer solchen Herausforderung musste sich Dietmar Spohn stellen, als er 2005 als technischer Geschäftsführer zu den Stadtwerken Bochum wechselte. „Damals habe ich den Vertrag über den Bau des Gas- und Dampfkraftwerks in Hamm-Uentrop mit ausgearbeitet, an dem die Stadtwerke Bochum maßgeblich beteiligt sind.“ Nach zweijähriger Bauzeit ging das Kraftwerk mit zwei Kraftwerksblöcken mit jeweils 425 Megawatt 2007 an Netz und erzeugt seither Strom für 1,8 Millionen Haushalte. Doch die Freude über das 450 Millionen Euro teure Gas- und Dampfkraftwerk ist nicht mehr ungetrübt.
„Die Politik forderte damals den Bau umweltfreundlicher Kraftwerke“, so Dietmar Spohn. „Und mit einem Preis von über 60 Euro pro Megawattstunde stimmten auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine solche Investition. Heute kostet eine Megawattstunde an der Strombörse etwa 37 Euro.“

Trianel: 50 Stadtwerke unter einem Hut

Die Stadtwerke Bochum konnten und können ein solches Projekt nicht allein stemmen. Unter dem Dach der Trianel GmbH, einem Zusammenschluss von damals 28 Stadtwerken und Regionalversorgungsunternehmen, wurde das Gas- und Dampfkraftwerk in Hamm-Uentrop geplant und errichtet. Es war der Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit, denn heute gehören mehr als 50 Gesellschafter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Trianel-Gruppe. Die Stadtwerke Bochum sind über die Energie- und Wasserversorgung Mittleres Ruhrgebiet mit 24,88 Prozent der größte Anteilseigner.

Günstiges Investitionsklima

In diesem günstigen Investitionsklima stießen die Stadtwerke Bochum und ihre kommunalen Partner zwei weitere Großprojekte an. Die Gasspeicher im Westmünsterland bei Gronau und das Kohlekraftwerk in Lünen.
„In Gronau-Epse sind vier Kavernen in Betrieb, in denen rund 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas gespeichert werden können. Zum 1. Oktober 2008 hat der Speicher den kommerziellen Betrieb aufgenommen“, so Dietmar Spohn.

„Errichtet wurden die Gasspeicher mit dem Ziel, den Erdgasbezug zu optimieren und so den Gaspreis für die Verbraucher zu stabilisieren. Im Winter, wenn der Gaspreis hoch ist, können wir im Sommer günstig eingekauftes Erdgas einspeisen und so den Preisschwankungen begegnen.“ Doch die Freude in den Chefetagen hielt nicht lange an. „Der Gesetzgeber hat neue Regeln verabschiedet, die erhebliche Eingriffe in das unternehmerische Handeln darstellen und uns Fesseln anlegen. Wir benötigen nicht mehr soviel Speicherkapazitäten, was sich in der Bilanz bemerkbar macht.“

Während in Gronau die Gaskavernen ausgespült wurden, fiel in Lünen der Startschuss für den Bau des Trianel-Kohlekraftwerks. Rund 1,4 Milliarden Euro wurden bisher investiert. Doch nicht nur technische Probleme mussten während der Bauzeit gelöst werden. „Wir mussten die Betriebsgenehmigung neu beantragen, da der BUND mit seiner Klage gegen den Vorbescheid vor Gericht erfolgreich war. Zu diesem Schritt hat uns das Gericht aufgefordert. Voraussichtlich wird im vierten Quartal der Vorbescheid zur endgültigen Betriebsgenehmigung erteilt. Auch wenn wieder geklagt werden sollte, wir sind uns auch durch die Gutachten von rund einem Dutzend Experten sicher, dass die neue Betriebsgenehmigung nicht mehr beklagbar ist.“

Betriebsgenehmigung für das Kraftwerk Lünen

Obwohl die Gerichte noch mit dem Fall befasst sind, ist das 750-Megawatt-Kohlekraftwerk voll am Netz und produziert Strom für rund 1,6 Millionen Haushalte. „Leider erwirtschaften wir rote Zahlen“, so Dietmar Spohn. „Jetzt, nach der Bundestagwahl, werden mit der Politik Gespräche geführt. Ziel ist es, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, dass das Kraftwerk wirtschaftlich gefahren kann.“

Vor allem die Förderung der regenerativen Energiegewinnung mit den festgeschriebenen Einspeisevergütungen ist den konventionellen Energieerzeugern ein „Dorn im Auge“. Sie sorgt an den Strombörsen für einen stetigen Preisverfall, denn immer mehr Windkraft- und Solaranlagen gehen ans Netz und produzieren Strom. Dieses Überangebot lässt die Strompreise an den Strombörsen sinken und sorgt so für ein wirtschaftliches Ungleichgewicht.

Windpark Borkum erzeugt im Herbst Strom

Neben der konventionellen Stromgewinnung setzten die Stadtwerke Bochum schon früh auf Sonnenenergie und bauten ein Solarkraftwerk in der Nähe von Würzburg. Und gegen alle Widerstände trieben sie den Trianel-Windpark vor Borkum voran, um einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Förderung der zukunftsweisenden Windenergiegewinnung auf dem offenen Meer zu leisten. „Wir sind auf einem guten Weg, wenn auch mit einem Jahr Verzögerung. Die 40 Fundamente sind errichtet und parallel zur Errichtung der Windenergieanlagen werden die Seekabel verlegt. Inzwischen sind elf Anlagen aufgestellt“, so Dietmar Spohn. Der auf See erzeugte Strom wird mit 33.000 Volt durch ein 45 Kilometer langes und 13 Zentimeter dickes Seekabel zur Umspannstation an Land geschickt. „Der Regelbetrieb wird Ende des Jahres aufgenommen. Bis zum Frühjahr 2014 sollen alle 40 Windräder am Netz sein“. Die Stadtwerke Bochum sind mit 37 Megawatt (MW) an den insgesamt 200 MW beteiligt. Mehr als 42.000 Haushalte können dann mit dieser Menge ein Jahr lang mit Ökostrom versorgt werden.

Rechtsabteilung wird immer wichtiger

Ob Kohlekraftwerk, Windkraftanlagen, Gasspeicher oder die technische Versorgungsinfrastruktur in Bochum, immer wieder wird der technische Geschäftsführer vor neue technische Herausforderungen gestellt. Doch es sind nicht nur technische Probleme, die gelöst werden müssen. „Inzwischen bin ich schon ein halber Jurist. Die vorgeschriebene europaweite Ausschreibung von Aufträgen muss nicht nur technisch sondern vorallem auch juristisch einwandfrei und fehlerfrei formuliert sein. Den Veränderungen haben wir Rechnung getragen und Anfang 2013 die Rechtsabteilung dem technischen Geschäftsbereich zugeordnet.“

Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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