Asselner Sozialpolitischer Frühschoppen thematisierte Begegnungsstätten

v.l.n.r: Frank Czwikla, Norbert Roggenbach, Renate Weyer
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20 Jahre ehem. städtische Senioren-Begegnungsstätten
in Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände

Im Rahmen der Aktionswoche 2014 hatte der AWO-Ortsverein Asseln/Husen/Kurl am Sonntag, den 21.09.2014, zu einem sozialpolitischen Frühschoppen ins Asselner Marie-Juchacz-Haus eingeladen.

Thema des Tages:
20 Jahre ehem. städt. Senioren-Begegnungsstätten in Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände
Was haben die Stadt Dortmund, die Wohlfahrtsverbände
und die Bürger/innen davon?

Als im Sommer 1994 die Stadt Dortmund zahlreiche bislang Städtische Senioren-Begegnungsstätten in die Trägerschaft der Dortmunder Wohlfahrtsverbände übertrug, geschah dies vorranging mit dem Ziel, den schon damals klammen städtischen Haushalt zu entlasten. Gleichzeitig hoffte man, den vielfach eingefahrenen, konservativen Kurs der Altenbetreuung mit Unterstützung der ausschließlich ehrenamtlich tätigen Helfer/innen aus den Wohlfahrtsverbänden verlassen zu können. Aus den ehemals ALTEN-Begegnungsstätten mit Zutritt nur für Menschen ab 60 Jahre sollten moderne Begegnungsstätten für breitere Bevölkerungsgruppen werden.

Einen Großteil der städt. Seniorenbegegnungsstätten in Dortmund übernahm die AWO (Arbeiterwohlfahrt). Auch die Seniorenbegegnungsstätten in Asseln, Flegelstr. 42, und Husen, Kühlkamp 2-4, befanden sich darunter.

Norbert Roggenbach, Vorsitzender der AWO-Asseln/Husen/Kurl, konnte zur Diskussionsrunde die Stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Dortmund, Renate Weyer, in ihrer Funktion als Mitglied und Sprecherin im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sowie Frank Czwikla, unter anderem Koordinator für ambulante Altenhilfe beim AWO-Unterbezirk Dortmund, begrüßen. Mitarbeiter/innen der Stadt Dortmund aus dem Zuständigkeitsbereich der städtischen Seniorenhilfe waren an diesem Tage leider urlaubs- oder terminbedingt verhindert.

An der im Verlaufe der Veranstaltung zunehmend lebhaften Diskussion beteiligten sich auch viele der erschienen Gäste.

Einig waren sich alle Anwesenden in der Auffassung, dass die 1994 von der damals noch mit absoluter SPD-Ratsmehrheit beauftragte Verwaltung in Zugzwang stand, den auch schon Anfang der 90er Jahre gegebenen engen Finanzhaushalt der Stadt zu entlasten. In einer klassischen "Win-Win-Situation" übertrug die Stadt 28 ihrer bis dato selbst geführten Seniorenbegegnungsstätten in die Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände. Die Stadt sparte auf diesem Wege Personal- und Instandhaltungskosten. Die Wohlfahrtsverbände erhielten die Möglichkeit, nunmehr ihre Ziele offener Seniorenarbeit in eigenen Begegnungsstätten und nicht mehr in Gaststätten oder Privaträumen umzusetzen. Obwohl die Stadt weiterhin die Betriebs- und Eigentümerkosten der Begegnungsstätten trug, spart sie doch bis heute jährlich einen Millionenbetrag. Die Wohlfahrtsverbände übernahmen mit ihren ehrenamtlich tätigen Helfer/innen die den Begegnungsstättenbetrieb. Gleichzeitig verbesserten sie in vielen Häusern mit eigener Kraft und eigenen Finanzen den baulichen Zustand, insbesondere in der Ausstattung und äußeren Erscheinung.

Heute, 20 Jahre später, betreibt die AWO noch 18 der 24 von der Stadt übernommenen Begegnungsstätten. Einige waren baulich nicht mehr zu halten oder wurden anderweitig benötigt. Andere konnten von den jeweiligen Ortsvereinen nicht mehr betrieben werden.

So blieb z. B. die Husener Begegnungsstätte im Kühlkamp 2 - 4 nur deswegen der AWO erhalten, weil der sich langsam in Auflösung befindliche Ortsverein Husen/Kurl 2003 mit der AWO-Asseln fusionierte. Seit dem betreibt die AWO-Asseln/Husen/Kurl die Begegnungsstätten in Asseln (Marie-Juchacz-Haus) und Husen, und das recht erfolgreich. Die Besucherzahlen stiegen z.B. in Asseln von 1994 = 9.000 auf 2013 = 22.000 Personen. In Husen konnte die Besucherzahl über die Jahre mit ca. 3.000 Personen konstant gehalten werden. Hier zeigen sich deutlich die Auswirkungen der bislang klassischen Seniorenarbeit in Husen und der vielfältigen, zeitlich ausgeweiteten und generationsübergreifenden Angebote in Asseln.

Im Laufe der Jahre wurde von der Stadt nur wenig in die Bausubstanz der Begegnungsstätten investiert. Gleichzeitig verschärften sich gesetzliche Vorgaben (z.B. Brandschutz), die eigentlich notwendige Investitionen erfordern. Die Besucher des Asselner Marie-Juchacz-Hauses beklagen sich über die zwar technisch noch funktionstüchtigen aber optisch wenig reizvollen Sanitäreinrichtung. Kein Wunder, denn die Ausstattung entspricht dem Stand der 50er und 60er Jahre. Ein barrierefreier Zugang ist nur bedingt gegeben und die mangelhafte Gebäudeisolierung verursacht jährlich erhebliche Heizenergiekosten. Dazu ist das mal als Wohnhaus errichtete Gebäude ist für die nachgefragten Veranstaltungen viel zu klein. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die AWO in Asseln zusammen mit ihrem Förderverein 100.000 Euro angespart. Doch nachhaltig und sinnvoll investieren kann man diese Gelder noch immer nicht.

Andere Begegnungsstätten, wie z.B. in Wickede oder Brackel, sind schwer zugänglich, weil in Kellern von Schulen untergebracht.

Renate Weyer, SPD-Vertreterin in dieser Diskussionsrunde, verwies daher auf einen von ihrer Fraktion auf den Weg gebrachten Verwaltungsauftrag, auch alle Begegnungsstätten mit nicht städt. Trägerschaft, die sich aber in städt. Gebäuden befinden, hinsichtlich einer Sanierungsnotwendigkeit zu untersuchen. Anhand einer Prioritätenliste sollten dann auch diese Gebäude auf heutigen baulichen und technischen Stand gebracht werden.

Frank Czwikla vom AWO-Unterbezirk Dortmund ergänzte die Ausführung von Frau Weyer dahingehend, dass parallel zur von der Stadt vorgenommenen Bauinspektion auch die AWO ihre betroffenen Begegnungsstätten hinsichtlich der aktuellen Nutzung überprüft. Es wäre ja sinnlos, Begegnungsstätten zu sanieren, die nur noch von wenigen Senioren besucht werden, nur an wenigen Tagen in der Woche geöffnet sind oder von einem vor der Auflösung stehenden Ortsverein betrieben werden. Aus beiden Begutachtungen zusammen sollte dann eine Prioritätenliste erstellt und je nach finanziellen Möglichkeiten umgesetzt werden.

Czwikla verwies auch darauf, dass die AWO Dortmund selbst einen Bau- und Investitionstopf geschaffen habe, der mit Geldern aus den Ortsvereinen und vom Unterbezirk gespeist wird und mit dazu erhofften Fördergeldern wichtige Investitionen finanzieren könnte. Real dürfte aber klar sein, so Asselns Vorsitzender Norbert Roggenbach, dass die AWO diese Gelder aber wesentlich eher in die eigenen ca. 30 Begegnungsstätten und Treffs investiert, als davon die 18 von der AWO betriebenen städt. Gebäude zu sanieren.

Doch selbst wenn eine Gesamt-Prioritätenliste für alle Begegnungsstätten in städt. Gebäuden erstellt sei, könnte man, so Renate Weyer, bei der derzeitigen sehr angespannten Haushaltslage kaum hoffen, dass davon alleinstehende Begegnungsstätten (wie z.B. das Marie-Juchacz-Haus) saniert werden. Vorrang hätten in der Politik parteiübergreifend Schulen und die U-3-Betreuung. Hinzu kommen die baulichen Anstrengungen in der Flüchtlingshilfe. Profitieren könnten derzeit nur jene Begegnungsstätten, die sich in einem städt. Gebäudekomplex, z. B. einer Schule, befinden. So wurde erst kürzlich die von der AWO betriebene Begegnungsstätte in Brackel teilsaniert, weil das Schulgebäude der Geschwister-Scholl-Gesamtschule saniert wurde. Leider waren aber keine Gelder mehr da, um die im Keller befindliche Begegnungsstätte mit einem barrierefreien Zugang auszustatten.

Verständlich war der Ärger der anwesenden Besucher dieser Veranstaltung, die sich auch noch anhören lassen mussten, dass es bezüglich des baulichen Zustandes noch weitaus schlimmere Begegnungsstätten gäbe, als das Marie-Juchacz-Haus. Hatte der AWO-Ortsverein Asseln doch erst im letzten Jahr mit eigener Körperkraft und mehreren tausend Euro den größten Raum im Haus so umgestaltet und ausgestattet, dass nun dort max. 50 Personen Platz finden. Und weil die Toiletten aus den 50er Jahren noch intakte und nicht verschmierte Fliesen und Sanitärmöbel haben, werden sie ebenfalls noch als "gut" bezeichnet. So manchem Gast kam da der Gedanke, es doch wie in einigen Schulen zu halten: Toiletten vergammeln, beschmieren und beschädigen lassen - denn erst dann werden diese neu saniert.

Franz Kannenberg, örtlicher Vertreter im Seniorenbeirat, sprach auch das Thema "Nutzung der Seniorenbegegnungsstätten" an. Hier müsste nach seiner Meinung vertragsgemäß mehr Wert auf uneingeschränkte und vorrangige Nutzung der Begegnungsstätten durch die eigentliche Zielgruppe, die Senioren, gelegt werden. Sowohl Frank Czwikla als auch Norbert Roggenbach konnten dieser Argumentation nicht folgen. Selbstverständlich ist die AWO in den Begegnungsstätten vertragstreu und räumt der Seniorenbetreuung einen vorrangigen Raum in der Nutzung ein. Doch verschiedene Ratsbeschlüsse und Abstimmungen mit der Stadt unterstützen das Bestreben der Begegnungsstättenbetreiber, die Häuser für alle Bevölkerungsgruppen zu öffnen. Gerade auch die Senioren profitieren ja auch davon, wenn das Angebot erweitert und eine generationenübergreifende Zusammenarbeit erfolgt. Senioren sind nicht auszugrenzen, sondern einzubinden. Außerdem würde das Angebot der Begegnungsstätten zeitlich deutlich ausgeweitet. Während klassische Seniorenbegnungsstätten oft nur wochentags am Nachmittag geöffnet sind, werden offene Begegnungsstätten ganztags, abends und an Wochenenden genutzt.

Konkrete Aussagen oder gar "Beschlüsse" waren von diesem Frühschoppen naturgemäß nicht zu erwarten. Moderator Norbert Roggenbach konnte aber zum Schluss der Veranstaltung festhalten, dass mit der Übertragung der ehem. städt. Seniorenbegegnungsstätten an die Wohlfahrtsverbände eine zeitliche und inhaltliche Angebotsausweitung erfolgte, die letztlich der Stadt, den Bürger/innen aber auch den Trägern dient. Wichtig ist, dass diese "freiwilligen Leistungen" auch in Zeiten knapper Kassen erhalten bleiben und fortentwickelt werden. Ob künftig noch in jedem Ortsteil ein Begegnungsstättenangebot vorgehalten werden kann, dürfte bezweifelt werden. Wachsende Möbilität und verbesserte Fahrdienste können aber dazu beitragen, dass regionale Begegnungsstättenzentren den Auftrag zur "Seniorenbetreuung" erfüllen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff "Senior" (ab 50 Jahre??) interpretierbar ist und das Interesse der immer länger arbeitenden Senioren (67 - 70 Jahre) sich erheblich von vielen der noch heute angebotenen Veranstaltungen unterscheidet,

Es gibt noch viel zu tun.

AWO bewegt!

Autor:

Norbert Roggenbach aus Dortmund-Ost

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