Notfall geregelt? Neues Vertretungsrecht ersetzt nicht die Vorsorgevollmacht!

Verunglückt der Ehepartner, haben Eheleute künftig per Gesetz ein Notvertretungsrecht. Dieses gilt auch bei schwerer Erkrankung. Rund 17,7 Millionen Ehen und eingetragene Lebensgemeinschaften sind betroffen. Eines der letzten Gesetze in der Legislaturperiode auf Druck des Bundesverfassungsgerichtes. Das Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten wurde am Freitag im Bundesgesetzblatt verkündet.

Mit dem neuen Notvertretungsrecht des Bundestages, sind Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner berechtigt, etwa nach einem Unfall oder Schlaganfall des anderen, über medizinische Behandlungen zu entscheiden. Auf medizinischer Seite war der Partner bislang nur dazu befugt, wenn er offiziell als rechtlicher Betreuer benannt wurde oder dies in einer Vorsorge- vollmacht geregelt war. Lag diese Vollmacht nicht vor, führte es häufig dazu, dass schnell ein amtlich bestellter Betreuer eingesetzt wurde und über die medizinische Behandlungen entschied.

Im Rahmen der Änderungen im Betreuungsrecht ist die Einsetzung eines amtlichen Betreuers für den medizinischen Eingriff im Krankenhaus nicht mehr notwendig. Die notwendige ärztliche Zwangsmaßnahme kann ohne Einschaltung einer amtlichen Betreuung durchgeführt werden. Maßgeblich für die ärztliche Behandlung, einschließlich Nachbehandlung und eine stationärer Aufenthalt im Krankenhaus bleibt der Patientenwillen. Ärztliche Zwangsmaßnahmen sollen so weit wie möglich vermieden werden und nur als letztes Mittel zur Anwendung kommen. Das Gesetz unterstützt die Verbreitung von Patientenverfügungen, indem der Betreuer den Betreuten auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinweisen und den Betreuten auf dessen Wunsch bei der Erstellung einer Patientenverfügung unterstützen soll. Ein amtlich bestellter Betreuer muss nicht sein.

Tritt ein Notfall ein, sollte trotz des neuen Vertretungsrechts eine eigene Notfallakte mit Vorsorgevollmachten und wichtigen Unterlagen angelegt sein.

Entscheidung nur über medizinische Versorgung

Vielen Ehepartnern war und ist dieser Umstand nicht klar; sie gehen davon aus, dass sie ein solches Vertretungsrecht bei jedem Notfall haben. Fakt ist: Ehepartner dürfen durch die Gesetzesänderung nur über die medizinische Versorgung ihres kranken Gatten entscheiden – und das auch nur im stationären Bereich. Also nur im sprichwörtlichen "Notfall". Für die Zeit danach muss weiterhin die Betreuung geregelt werden; etwa wenn es darum geht, ob und wie lange im Falle eines Hirntods eine Herz-Lungen-Maschine angeschaltet bleibt. Auch die erwachsenen Kinder haben nach wie vor kein Recht, für den unfähigen Angehörigen zu entscheiden.   Regelung rechtzeitig!

Wichtig: Jeder muss separat regeln, wenn er jemand anderen als seinen Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner als Betreuer im Krankheitsfall einsetzen möchte. Dies sollte in das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen werden. Vollmachten, die ohne Wissen des Partners auf eine andere Person ausgestellt wurden, gehen schnell unter. Behandelnde Ärzte erhalten Einsicht in das Zentrale Vorsorge Register.

Auch künftig keine automatische Vertretungsvollmacht

Die Gesetzesänderung suggeriert eine Erleichterung der Vorsorge, sie gilt nicht gegenüber Banken, Behörden oder Unternehmen. Eine automatische Vertretungsvollmacht in finanziellen Dingen, die mit dem medizinischen Fall zusammenhängen, gibt es auch künftig nicht. Ebenso gilt das Gesetz nicht für unverheiratete Paare oder andere Familienbeziehungen wie Kinder oder Eltern.

Bund und Länder wollen Kosten sparen

Mit der Gesetzesregelung wollte Bund und Länder vor allem Kosten für die wachsende Anzahl an richterlichen Betreuungen sparen wollen.  Unklar bleibt, wie lange eine Notfallbevollmächtigung gelten soll. Das wird die Partner, Angehörigen und Ärzte in Zukunft vor neue Unsicherheiten stellen.  Die Auswirkungen der Änderungen auf die Anwendungspraxis sollen nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten überprüft werden. Somit sei das Gesetz zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Die gleichzeitig eingebrachte Erhöhung der amtlichen Betreuervergütungen wurde nicht Gesetzeskraft. So hat sich in Oberhausen die Caritas bereits vor Jahren aus der Betreuung zurückgezogen. Das Diakonische Werk hält das Angebot noch aufrecht. 

Ratgeber für Patientenrechte

http://www.bmjv.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Patientenrechte/Patientenrechte_node.html

Wer kann Betreuer werden?

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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