OFFENER BRIEF AN OB - BÜRGERINITIATIVE SORGT SICH UM SCHULDENFREIHEIT

So soll es einmal aussehen. | Foto: www.duesseldorf.de
  • So soll es einmal aussehen.
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OFFENER BRIEF
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP im Rat der Stadt Düsseldorf.

Mit Sorge lesen die Bürger dieser Stadt Berichte über finanzielle Probleme.

Die Gewerbesteuer bringt in diesem Jahr 100 Millionen Euro we¬niger als geplant.
- Die in der Finanzplanung bis 2015 erwarteten Steigerungen sind angesichts der Eurokrise und der Probleme bei einigen großen Düsseldorfer Unternehmen unwahrscheinlich.
- Durch die Verteuerung der U-Bahn Wehrhahnlinie von 430 Millionen Euro (frühere Schätzung) auf 740 Millionen Euro (letzte Schätzung) muss die Stadt angesichts „gedeckelter“ Landesmittel 300 Millionen Euro tragen.
- Seit drei Jahren ist der städtische Haushalt nicht mehr ausgeglichen. Die Ausgaben sind höher als die Einnahmen. Die Rücklage, die aus dem Verkauf der Mehrheit an den Stadtwerken und der RWE-Aktien stammt, schwindet dahin (Stadtkämmerer Abrahams: „Wir leben von der Substanz!“).
- Vom Land NRW sind Städtebaufördermittel nicht mehr zu erwarten. Es droht eine Belastung der Stadt Düsseldorf durch eine Umlage zu Gunsten ärmerer NRW-Städte.
- Angesichts von Kassenkrediten in Höhe von 60 Millionen Euro ist die Stadt nicht mehr schuldenfrei. Dabei sind die Schulden städtischer Tochtergesellschaften noch nicht berücksichtigt.

Und wo könnte gespart werden? Bei einem ganz großen Posten: Dem Innenstadtumbau Kö-Bogen II.

Hierbei soll die bewährte Hochstraße, der Tausendfüßler, abgerissen und durch einen langen Tunnel ersetzt werden. Die Kosten werden auf 150 Millionen Euro geschätzt. Hinzukommen für den energieintensiven – und damit umweltfeindlichen – Tunnel erhebliche jährliche Folgekosten. Die Sanierung des Tausendfüßlers, über die man nach der gründlichen Untersuchung durch das Stuttgarter Ingenieurbüro genau Bescheid weiß, wird in dem entsprechenden Gutachten je nach Ausführung mit 9 und mit 11 Millionen Euro angegeben. Sie kostet damit nur 6-7 Prozent des Aufwandes für Abriss und Tunnel.

Wir hätten dann ein stabiles, allen modernen Anforderungen gewachsenes Bauwerk, das sich weiter im Verkehr bewähren kann: Keine Staus, keine Unfälle. Und gut aussehen würde die sanierte Hochstraße auch, wie die bildliche Darstellung im Stuttgarter Gutachten zeigt. Der vielgerühmte elegante Schwung des Tausendfüßlers würde bleiben. Dazu gäbe es manche Möglichkeiten, auch die Unterseite ansprechend zu gestalten.

Weitere große Vorteile beim Weiterbestand der Hochstraße wären:

- Erhaltung der Jägerhofpassage als Verbindung des westlichen und östlichen Hofgartens für Fußgänger und Radfahrer anstelle der geplanten Trennung durch einen Bahnkörper, auf dem drei Straßenbahnlinien im dichten Takt verkehren.
- Erhaltung der August-Thyssen-Straße als oberirdische Zufahrt für Schauspielhaus und Dreischeibenhaus. Notwendig dafür wäre allerdings für den Süd-Nord-Verkehr einen kürzeren Tun¬nel als geplant zu schaffen, so wie ihn auch der verstorbene Oberbürgermeister Erwin gewollt hat. Er wurde damals von seiner eigenen Fraktion überstimmt. Auch die Fachleute der Stadt warnten in der Broschüre „Kö-Bogen, Variantenprüfung Verkehr“, verantwortlich Gregor Bonin, vor den langen Tunneln.
- Vermeidung unnötiger Tunnelrampen. Sie wären jede 85 Meter lang, würden die Landschaft empfindlich beeinträchtigen und wären besonders unangenehm vor dem barocken Hofgärtner-Haus mit dem Theatermuseum und hinter dem Altarraum der Johanneskirche durch den Trompeteneffekt, d.h. die Lärmbündelung in der Rampenschlucht.
- Vermeidung einer mehrere Jahre dauernden unerträglichen Verkehrssituation in der Düsseldorfer Innenstadt in der Zeit zwischen dem Abriss des Tausendfüßlers und der Eröffnung des Tunnels.

Die Sanierung der Hochstraße würde eine wesentliche kürzere Bauzeit und weniger Baustellenraum in Anspruch nehmen. Die Straßenbahn könnte ohne Unterbrechung auf der alten Trasse fahren.
Mit dem Schlagwort von der „autogerechten Stadt“, dessen Symbol angeblich der Tausendfüßler sein soll, hat man den Abriss begründet. Das Schlagwort ist falsch und wird der Leistung des Stadtplaners Professor Friedrich Tamms nicht gerecht. Seine Aufgabe war es, beim Wiederaufbau eine möglichst bedarfsgerechte, zukunftsfähige Stadtstruktur zu schaffen. Er hat durch Fußgängerpassagen, Hochstraßen und eigene Bahnkörper meisterhaft dafür gesorgt, dass sich die Verkehrsteilnehmer möglichst wenig gegenseitig stören.

Wir meinen, dass die Stadt durch Kö-Bogen II nicht schöner und angenehmer wird, auch nicht für Fußgänger und Hofgartenfreunde – im Gegenteil! Viele Architekten, Stadtplaner, Künstler und engagierte Bürger sind, wie noch kürzlich beim 50jährigen Geburtstag der Tausendfüßlers deutlich wurde, ebenso kritisch eingestellt. Und alle bisherigen Umfragen zeigten, dass die Mehrheit der Düsseldorfer die bewährte Hochstraße erhalten will.

Viele haben sich die Mühe gemacht, während der Offenlegung der Pläne für Kö-Bogen II vom 07.06. bis 11.07.2011 schriftlich und mit vielen guten Argumenten den Erhalt der Hochstraße zu fordern und den Abriss abzulehnen. Alle Einsprüche wurden mit denselben stereotypen Worten abgelehnt, wie in der 994 Seiten starken Dokumentation zu lesen. Hier handelte die Stadt entsprechend dem Willen der gegenwärtigen Ratsmehrheit nach dem Motto „Augen zu und durch“.

Dahinter steckt die Vision von der neuen Düsseldorfer Innenstadt, durch städtische Hochglanzbroschüren werblich unterstützt, wo auf Animationsbildern die Sonne im Norden scheint um „Aufenthaltsqualität“ zu suggerieren und wo die Hofgartenstraßenbahn so niedlich aussieht wie eine Liliputbahn im Vergnügungspark. Spätestens jetzt, wo finanzielle Sorgen drücken, sollte man ablassen von Illusionen, sollte kostensparende Lösungen wählen und auch die Bürger bewahren vor unerträglichen Bauzeiten mit ihren wechselnden Schikanen.

gez.

Thomas Beucker, Bruno Braun, Manfred Droste, Dietmar Erlebach, Jörg Forßmann,
Frank-Thomas Jaitner, Uwe Marquardt, Adolf Nitsch, Ursula Ringleben, Susanne Troesser

Bürgerinitiative „Lott Stonn!“ BDA, Bund Deutscher Architekten

Autor:

Peter Ries aus Düsseldorf

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