Freiheitsrechte contra Gesundheitsschutz - Streit über Auswirkungen des Nichtraucherschutzgesetzes im Landtag

Foto: Detlef Schmidt

Gegen eine „Bevormundung“ durch das seit Mai geltende Nichtraucherschutzgesetz wandten sich in einer Aktuellen Stunde sowohl die antragstellende FDP als auch die CDU.

Die Sprecher von SPD und GRÜNEN betonten dagegen, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verpflichte den Staat zum Handeln. Die PIRATEN forderten statt einer pauschalisierenden Konfrontation einen differenzierenden Ansatz.

Mit dem Nichtraucherschutzgesetz dokumentiere Rot-Grün, dass deren Aussagen zugunsten von Brauchtum, Ehrenamt und Mittelstand Lippenbekenntnisse seien, so Christian Lindner (FDP). Obwohl es keine Beanstandungen hinsichtlich von Veranstaltungen in Festzelten gegeben habe, seien diese vom Rauchverbot nicht ausgenommen worden.

Daher bereiteten Schützen und Karnevalsgesellschaften eine Volksinitiative vor. Das Verbot lasse im Übrigen auch keine Chance für das Geschäftsmodell

„Eckkneipe“

Beide Fälle verstießen gegen Ziele der rot-grünen Landesregierung. Den Grünen warf er vor, sie wollten über Menschen bestimmen. Er sei für Nichtraucherschutz, aber mit Vernunft.

Die apokalyptischen Aussagen der FDP zum Tag der Einführung des neuen Rauchverbots seien nicht eingetreten, erklärte Serdar Yüksel (SPD). Insbesondere werde der auch aktuell propagierte Vorwurf des Kneipensterbens von der Statistik widerlegt. Die Gastronomen profitierten vielmehr vom verstärkten Zustrom von Nichtrauchern.

Es sei notwendig gewesen, das nicht funktionierende Gesetz der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung durch einen effektiven Gesundheitsschutz zu ersetzen. Dieser werde auch von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Angesichts der über 100.000 Toten jährlich durch Aktiv- und Passivrauchen habe es einen Mentalitätswechsel gegeben.

„Für wie schwach, wie verantwortungslos, rücksichtslos und gewissenlos müssen Sie die Menschen halten, wenn Sie alles verbieten wollen," fragte Hendrik Wüst (CDU) vor allem an die GRÜNEN gewandt.

Die Menschen seien heute so aufgeklärt wie selten zuvor in der Geschichte. Die „Bevorsorgung“ durch die SPD führe zur Handlungsunfähigkeit des Staates, die Bevormundung durch die GRÜNEN zur Entmündigung der Menschen.

Angesichts einer selbstbewussten Bürgergesellschaft dürfe der Staat nicht immer neue Vorschriften erlassen, die zum Beispiel Brauchtumsveranstaltungen gefährdeten. Das Gesetz aus dem Jahr 2008 von CDU und FDP habe Nichtrauchende geschützt, ohne Rauchende zu diskriminieren.

Es ist nichts Anstößiges an der Neuregelung, betonte Martin-Sebastian Abel (GRÜNE). Er verwahrte sich dagegen, dass die demokratisch getroffene Entscheidung zum Nichtraucherschutz auf einer Demonstration mit der NS-Diktatur verglichen worden sei. Das sei auch nicht durch das Recht auf Meinungsfreiheit und Protest gedeckt.

„Dazu haben Sie nichts gesagt“, wandte er sich an die Vorredner von FDP und CDU. Das Grundgesetz beinhalte auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Daher sei ein Schutz von Passivrauchern geboten. Die Neuregelung werde nun von einer breiten Mehrheit unterstützt.

Was sei wichtiger: dieses Grundrecht oder die Unannehmlichkeit, beim Rauchen vor die Tür zu gehen?

"Wenn bei einer Demonstration Leute dabei seien, die man nicht haben wolle, könne man häufig nicht viel dagegen tun", antwortete Kai Schmalenbach (PIRATEN). Insgesamt sei die Veranstaltung gegen das aktuelle Nichtraucherschutzgesetz friedlich und farbenfroh verlaufen.

Er selbst halte allerdings eine grundsätzliche Ablehnung der Neuregelung ebenso wie falsch wie das dort propagierte Totalverbot. Man hätte das seit 2008 bestehende Gesetz nur an den Stellen ändern sollen, an denen es notwendig gewesen sei. Insbesondere kritisierte Schmalenbach, die Neuregelung habe einige „Geschäftsmodelle kaputtgemacht“, die wirklich nur auf Rauchende ausgerichtet gewesen seien.

„Es muss nicht jeder Gastronom mit einem gesundheitsschädlichen Geschäftsmodell bestehen können dürfen“, verteidigte Gesundheitsministerin Barbara Steffens (GRÜNE) die Neuregelung des Nichtraucherschutzes. Gesundheit sei schließlich das höchste Gut eines Menschen.

Daher hätten viele Länder ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz erlassen. Steffens wandte sich gegen einen Freiheitsbegriff, der die Möglichkeit zur Zerstörung der Gesundheit zum Beispiel von Passivrauchenden beinhalte. Außerdem könne man die Auswirkungen eines Gesetzes nicht schon nach einem Monat abschätzen. Daher schlug sie vor, in einem Jahr eine erneute inhaltliche Debatte zu führen.

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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