Ein Prunkstück feiert Geburtstag: Ausstellung "110 Jahre Pfarrkirche St. Nikolaus in Essen-Stoppenberg

Fotos (1-19): Gohl
21Bilder

Bei Fertigstellung vor 110 Jahren galt die Pfarrkirche St. Nikolaus, die auf eine im Wortsinn bewegte Geschichte blickt, als unkoventionell und modern: Die Meileinsteine aus der Historie des Gotteshauses nimmt eine Fotoausstellung in den Fokus.

"Nicht 08/15" würde man heutzutage sagen: Die Essener Volkszeitung betitelte Ende 1907 die neue Stoppenberger Pfarrkirche St. Nikolaus als „kühnen und wohlgelungenen Wurf auf dem Gebiet kirchlicher Baukunst“ sowie „Ehre und Zierde“ fürs ganze „Essener Lande“. In der Tat suchte das Gotteshaus, das seinerzeit unterhalb der Stiftskirche entstand, in der Region seinesgleichen.

Von der Innenstadt kommend, ragt es auf dem Weg zur Zeche Zollverein im ehemaligen Arbeiterviertel im Essener Norden plötzlich hinter einer Kurve auf der Essener Straße empor: Gefertigt aus rotbraunem Sandstein im neoromanischen Stil und mit 49 Meter hohen, achteckigen, kupfergedeckten Türmen, hatte der Kölner Architekt und Regierungsbaumeister Carl Moritz zudem mit einer farbigen Innengestaltung sowie Jugendstil-Elementen absolut innovatives Terrain in der Region beschritten.
Als Vorbild für die Innenraumgestaltung hatte keine geringere als die Konstantinbasilika in Rom gedient! Kardinal Fischer, Erzbischof von Köln, der die Weihe vornehmen sollte, empfand das Gotteshaus mit der türkisblauen Holzkasettendecke aber als zu modern! Es erinnere an ein Opernhaus, so sein Einwand. Er ließ sich überzeugen. 

Weg vom klassischen Kirchebautyp neue Wege gegangen

Weitere Tafeln der Ausstellung nehmen Entwurf, Grundriss, Farbentwurf sowie das Programm zur Grundsteinlegung in den Fokus. Petra Pateisky, eine der Initiatorinnen der Schau, erklärt: „Der Architekt Carl Moritz, der auch Theater und Opernhäuser baute und sich Inspirationen auf Studienreisen in Rom holte, wollte weg vom klassischen Kirchebautyp und neue Wege gehen.“ Obwohl diese Weitläufigkeit nicht dem gängigen Kirchenbild entsprach, konnte der Stoppenberger Klerus den Kölner Regierungsbaurat überzeugen. „Zur Einweihung war die Kirche funktionstüchtig, aber noch nicht ausgeschmückt“, so Pateisky. 

Eine andere Tafel dokumentiert den Zeitraum zwischen 1907 bis 1923, als die wesentliche Kirchenausstattung hinzu kam. „So etwa der ebenfalls sehr ungewöhnliche, farbig gestaltete Kreuzweg, bestehend aus Holzreliefs, auf denen der Passionsweg Christi dargestellt ist und die Kirchenbänke mit den schönen Wangen, die Ausschnitte aus der Bibel zeigen“, berichtet Petra Pateisky. Bis 1929 folgten die Altäre , die ebenfalls, wie der für seine Zeit überaus moderne, herausragende Hochaltar, zu den Arbeiten des Bildhauers Heinrich Püts aus Wiedenbrück, zählen. Die Kriege überstand die Kirche relativ gut, aber, wie bereits vorab befürchtet, vertrug das Gotteshaus den Bergbau nicht. Mitte der 30 Jahre tauchten erste Bergbauschäden auf, was die Ausstellung ebenfalls dokumentiert.

1974 wurde St. Nikolaus für zwei Jahre zur Großbaustelle: Ein bis zu drei Meter tiefer und 20 Meter langer Riss durchzog den Fußbodenoden, dieser sackte ab, der Altar hing schief, die Kirchenbänke verzogen sich und das Gotteshaus drohte, in vier Teile zu zerfallen.
Die großen Restaurierungsarbeiten, die folgten, veranschaulicht eine weitere Tafel der Schau. So musste ein neues Fundament gelegt und der Altarraum verlängert werden. Außerdem erhielten Innenraum und Kreuzweg wieder Farbe. Hierzu Petra Pateisky: „Im Rahmen der Restaurierung hatte man alte Farbreste unter der alten weißen Tünche gefunden.“ Seither wölbt sich die imposante Holzdecke in Türkisblau. „An Weihnachten 1975 erstrahlte das Gotteshaus in neuem Glanz und viele Stoppenberger empfanden St. Nikolaus als absolutes Prunkstück,“ erzählt Pateisky. Die Demontierung der Kirchenglocken während beider Weltkriege sowie spätere Innenansichten sind Themen weiterer Stationen der Ausstellung.

Info:

- Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts diente die im Jahre 1074 geweihte Stiftskirche auf dem Stoppenberg als Pfarrkirche. Durch den Bergbau wuchs die Stoppenberger Bevölkerung und ein größeres Gotteshaus wurde benötigt. Da eine bauliche Erweiterung der Stiftskirche nicht genehmigt wurde, entschied man sich, trotz drohender Bergschäden, unterhalb der Stiftskirche ein neues Gotteshaus zu bauen. Am 1. Juli 1906 wurde die Grundsteinlegung für die im neuromanischen Stil erbaute Pfarrkirche St. Nikolaus gefeiert. Bauzeit: 15 Monate! Diese prägt mit ihrem 52 mal 28 Meter großen Kirchengebäude das Bild Stoppenbergs und ist ein markanter Haltepunkt der Kulturlinie 107. Im Inneren überspannt in 21 Meter Höhe eine Holzkassettendecke das Kirchenschiff. Diese ersetzte 1937 die ursprüngliche Rabitzdecke (abgehängte Drahtputzdecke), die nach einem Entwurf des Architekten Carl Moritz mit kassettenartigen Ornamenten bemalt war, aber bereits 30 Jahre nach Einweihung der Kirche starke Bergschäden aufwies.

- Die Fotoausstellung, die bis zum 29. Oktober im Gotteshaus zu sehen entstand mit Unterstützung des Geschichtskreises der ehemaligen Bürgermeisterei Stoppenberg. Sie kann im Anschluss an die Messen, sowie samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 13 bis 17 Uhr besichtigt werden.

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.