Wenn Pöhler Rot sehen - Gewalt "auffem Platz"

Der Schiri pfeift Elfer und sieht sich dann einem wütenden Mob aus Spielern und Zuschauern gegenüber. Immer öfter setzt es sogar Hiebe. Bei Massenschlägereien zwischen „Fans“ und gegenerischen Teams muss die Polizei eingreifen.

Die Gewalt auf Sportplätzen ist zwischen Asche und Kunstrasen längst zum Dauerthema in den Ligen geworden. Foto: Archiv
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  • Der Schiri pfeift Elfer und sieht sich dann einem wütenden Mob aus Spielern und Zuschauern gegenüber. Immer öfter setzt es sogar Hiebe. Bei Massenschlägereien zwischen „Fans“ und gegenerischen Teams muss die Polizei eingreifen.

    Die Gewalt auf Sportplätzen ist zwischen Asche und Kunstrasen längst zum Dauerthema in den Ligen geworden. Foto: Archiv
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Der eine Schiri kann sich nach Abpfiff nur noch gerade so in die Kabine flüchten, der andere wurde schon mehrfach auf dem Platz attackiert. Übelste Knochenbrecher-Fouls sorgen für Prügeleien zwischen Teams und Fans, immer öfter wird in höchster Not die Polizei gerufen. Gewaltszenen auf dem Platz - fast jedes Wochenende!

Von Daniel Henschke und Detlef Leweux
Respekt vor Gegnern und Schiedsrichtern? Fehlanzeige! Der Fairnessgedanke geht auf den Sportplätzen immer mehr verloren. Jagdszenen auf Unparteiische und Prügelorgien auf und neben dem Platz gehören immer mehr zum Alltag in den Fußball-L igen.
Was sagt Heino Lindau, Vorsitzender der Jugend-Spruchkammer des Kreises Essen Süd-Ost, dazu? „2010 bis 2012 hatten wir leider einen deutlichen Anstieg auf 109 Verhandlungen zu verzeichnen, davor waren es 64 in drei Jahren, schon das waren zu viele. Einsprüche gegen Spielwertungen, Verweise oder Entscheide über Spielberechtigungen - aber eben häufig auch massive Beleidigungen gegen am Spiel beteiligte Personen, Tätlichkeiten und Spielabbrüche.

Unglaubliche Szenen - schon in der E-Jugend

Die meisten Fälle gab es im Bereich der älteren Junioren, aber auch bei den E-Junioren tragen sich unglaubliche Szenen zu. Da beleidigt ein Zehnjähriger den Schiedsrichter massiv, wohl gemerkt, ein Zehnjähriger! Auch in diesem Jahr ist die Tendenz steigend - wir bekommen immer mehr zu tun, das freut uns gar nicht!“

Keine Reue vor Gericht

Besonders schlimm findet Heino Lindau, der selbst in der Verbandsliga kickte und erfolgreicher Kampfsportler ist, dass viele seiner „Angeklagten“ weder Reue zeigen noch sich „vor Gericht“ benehmen möchten: „Kann ja sein, dass man bei den Jugendlichen heutzutage ein ‚Ey, du Spasti‘ akzeptiert, doch wir können und wollen sowas nicht durchgehen lassen.“
Aber wenn es nur die verbale Gewalt wäre, nein, es fliegen auch die Fäuste. Zurzeit steht ein 14-Jähriger unter dem Verdacht, den Schiedsrichter nach Spielende geschlagen zu haben. Bei einer anderen Partie haben sich die Zuschauer geprügelt, so dass die Polizei anrücken und einschreiten musste. Ganz eklig: Anspucken… Heino Lindau und seine Beisitzer in der KJSK sind für sachliche und konsequente Arbeit bekannt. Der Sportrichter macht es sich auch nicht einfach mit der Ursachenforschung, lehnt jede Schuldzuweisung ab: „Es gibt Vereine, die häufiger bei uns vorgeladen werden. Aber vor Ausrastern seiner Spieler ist kein Club gefeit. Unsere Jugend ist nun mal so. Wir führen mit allen Vereinen eine gute Zusammenarbeit - überall wird solide Jugendarbeit geleistet. Aber: Jede Sitzung ist eine zu viel!“

Nachgefragt beim
Schiedsrichter-Obmann

Christian Kloppenburg führt seit April 2010 als Obmann die Schiedsrichter des Fußballkreises Essen Süd/Ost. Kloppenburg pfiff selbst lange Jahre in der Oberliga, aber durchaus auch mal Partien der unteren Ligen, weiß also, wovon er spricht. Er ärgert sich immer, wenn die Schiedsrichter nur noch im Zusammenhang mit „Fehlpfiffen“ und „Gewalt“ erwähnt werden: „Schiedsrichter sein ist wichtig und ein richtig tolles Hobby!“
Man hört so viel von Gewalt auf den Sportplätzen, finden Sie überhaupt noch Kandidaten für ihre Schiedsrichter-Lehrgänge? Und bleiben die auch langfristig dabei, oder werfen sie bald die Flinte ins Korn?
Es wird immer schwerer, Kandidaten für unsere jährlich stattfindenden Lehrgänge zu gewinnen. Im September 2012 konnten wir eine Rekordteilnehmerzahl von 32 neuen Schiedsrichtern begrüßen - ein Jahr später sind bereits 50 Prozent wieder abgesprungen. In diesem Jahr haben sich lediglich 21 Personen gemeldet. Leider denken viele Vereine, dass es Aufgabe des Schiedsrichterausschusses ist, neue Kandidaten zu gewinnen und entziehen sich somit ihrer Verantwortung. Dabei sehe ich primär die Vereine, die von uns die Besetzung aller Senioren- und Jugendspiele durch ausgebildete Schiedsrichter fordern, in der Pflicht, geeignete Kandidaten zu entsenden. Wir sind zu Wenige - bereits heute können viele Begegnungen nur noch besetzt werden, weil einige Schiedsrichter an einem Wochenende drei oder mehr Spiele pfeifen!

Ist es tatsächlich schlimmer geworden - oder wird das Thema aufgepusht? Wenn es wirklich so oft brenzlig wird- warum tun sich das immer noch jedes Wochenende unzählige Schiedsrichter an?
Wir Schiedsrichter sind durchaus kritikfähig aber schmähende, beleidigende oder gar gewaltverherrlichende Aussagen gegenüber dem Unparteiischen haben auf dem Sportplatz nichts zu suchen. Es wäre wünschenswert, wenn die Schiedsrichter hier mehr Verständnis und Schutz durch die Vereine erhalten würden. In den Kreisligen im Essener Süden hat die Gewalt gegenüber Schiedsrichtern nicht zugenommen, allerdings kam es in den letzten Wochen im Jugendbereich vermehrt zu verbalen Entgleisungen seitens der Spieler, Trainer und Eltern. Leider wurde ein Schiedsrichter nach einem Jugendspiel sogar Opfer körperlicher Gewalt. Hier sind wir natürlich in einem besonderen Maße gefordert, um gemeinsam mit dem Schiedsrichter diese negativen Erlebnisse aufzuarbeiten.

Was unternehmen Sie als Schiedsrichtervereinigung, um ihre Unparteiischen bei der Stange zu halten - die mageren Spesen können da ja wohl kaum motivieren?
Die Spesen spielen bei den Schiedsrichtern nur eine untergeordnete Rolle. Es ist eher die Gemeinschaft, die viele Unparteiische motiviert, samstags und sonntags Spiele zu leiten. Wir ergreifen zahlreiche Maßnahmen, um die Schiedsrichter an die Vereinigung zu binden. So dienen die wöchentlichen Schulungsabende nicht nur der Fortbildung, sondern auch dem Austausch unter unseren Unparteiischen. Neben speziellen Wochenend- und Tageslehrgängen für die Spitzen- und Perspektivschiedsrichter sind insbesondere die Paten, die die neuen Schiedsrichter bei ihren ersten Spielleitungen begleiten, ein wichtiger Ausbildungsbestandteil. Schiedsrichterfahrten, Grillfeste und Weihnachtfeiern runden das Angebot ab. Daniel Henschke

„Zedern“ verpflichten
sich zum Fairplay

Al-Arz Libanon hält den Essener Amateurfußball auf Trab. Im sportlichen Sinne, versteht sich: Die erste Mannschaft des 2008 in Altenessen gegründeten Klubs wirbelte die gegnerischen Abwehrreihen nur so durcheinander, schaffte auf Anhieb den Durchmarsch in die Kreisliga A. Die Zwote der „Zedern“ spielt in der Kreisliga C . Platz vier nach acht Spielen (sechs Siege, zwei Niederlagen) kann sich sehen lassen - wäre da nicht die übermächtige Dritte der Spielvereinigung Schonnebeck, dürfte sich Al-Arz II berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg machen.
Dass der Klub in erster Linie sportlich von sich reden macht, das soll auch so bleiben. Bei der Vorstellung der neuformierten Zwoten bestand der Vorstand auf einen symbolischen Handschlag mit dem Amateurfußball.“ „Hand drauf - für Fairplay“, lautet das Motto der Saison. Das dazu gehörige Logo tragen die Kicker nun auf der Brust. „Gegenspieler und Schiedsrichter sind zu respektieren“, mahnt Nemr Fakhro, der erste Vorsitzende des Klubs. (Fehl-)Entscheidungen sind demnach sportlich hinzunehmen. In der vergangenen Saison zeigte Al-Arz diesbezüglich zwei Gesichter: Mal gab‘s es den imaginären Fair Play-Preis, mal drei rote Karten in der Nachspielzeit. Nun gelten klare Leitlinien. „Die Spieler wissen Bescheid. Bei Verstößen drohen interne Sperren.“ Gleichzeitig wirbt der Verein um das Fairplay anderer. Nicht nur im Sport, sondern auch im Alltag.
Essen gilt neben Berlin und Bremen als libanesische Hochburg, in den vergangenen Jahren sorgte insbesondere die libanesische Community in Altenessen für Negativschlagzeilen. Al-Arz Libanon versteht sich als integratives Bindeglied im Stadtteil, im Verein spielen längst nicht nur Dribbelkünstler libanesischer Herkunft. Patrick Torma

DFB

BVDA

Autor:

Detlef Leweux aus Essen-Steele

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