"70 Jahre Wohnen neben einer Bombe!"

Die stark verrostete amerikanische Bombe, fünf Zentner, nach der Entschärfung. Fotos: Schattberg
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Bombenfund neben der Herderschule – in vier Meter Tiefe bei Bodenkontrolle!

Kurz nach 13 Uhr ging fast nichts mehr in Essen-Frohnhausen: Blaulicht, Feuerwehr, Polizeiwagen, Fahrzeuge vom Kampfmittelräumdienst, Kampfmittelkatastrophenschutz, Ordnungsamt sausten Richtung Herderschule. Lautsprecherdurchsagen ließen die Fußgänger abrupt innehalten: „Achtung, Achtung! Eine wichtige Meldung des Ordnungsamtes…“
Menschen standen in Gruppen. Was ist passiert?

Hildegard Ufer wohnt direkt neben dem Bombenblindgänger im Postreitweg-Seniorenzentrum. „Wir wurden informiert, dass wir alle um 14 Uhr das Haus verlassen müssen. Werden dann zur Möserstraße gebracht. Warum? „Auf dem Grundstück neben der Herder-Grundschule soll gebaut werden. Doch vorher gibt’s Auflagen: Der Kampfmittelräumdienst wurde mit Sondierungsarbeiten beauftragt. Weil dort während des Zweiten Weltkriegs eine Flak stand.“

Kaum ausgesprochen, steht ein Evakuierungsbus der EVAG vor der Tür. Fahrer Richard Hetmann bestätigt: „So was habe ich noch nie gemacht. Mir wurde gesagt, fahr mal zum Postreitweg. Mit Steh- und Sitzplätzen passen in den Bus 80 Leute rein.“

Bombenfund bedeutet sofortige Bombenräumung. „Bis 250 Meter um den Bombenfundort herum wird evakuiert; in 250 bis 500 Meter, äußerer Ring, muss man sich luftschutzmäßig verhalten, Bewohner müssen sich in der Wohnung auf der Bomben abgewandten Seite aufhalten“, verdeutlicht Mike Filzen, Pressesprecher Feuerwehr.

Mann-o-Mann! Ein mächtiges Kaliber ist der Fund. Fünf Zentner. „Eine amerikanische Bombe mit Aufschlagzünder. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst beginnt sofort nach der Evakuierung mit der Arbeit. „Die große Frage: Lässt sich der Zünder aus der Bombe problemlos herausdrehen? Doch Peter Gieseke, 60 Jahre, seit vielen Jahren sehr erfahren, weiß immer sehr gut Bescheid“, beschwichtigt mich Mike Filzen. Ergänzt: „Die Bezirksregierung hat entschieden, dass unmittelbar nach Bombenfund zu entschärfen sei. Seit 2014 im Regierungsbezirk Düsseldorf Pflicht. Das heißt, die ganze Maschinerie muss sofort angeworfen werden.“

Aber Ruhe bewahren. Und so werden von Feuerwehr, Polizei Informationen zur Sicherheit verteilt. Nur keine Panik. Helfer vor Ort nennen die Notunterkünfte, in der sich die Menschen während der Evakuierung aufhalten können.

Jeweils 15 bis 20 Mitarbeiter der Johanniter Unfall Hilfe sowie vom Malteser Hilfsdienst und ASB unterstützen ältere Mieter, helfen ihnen beim Buseinstieg. Monika Sabath beruhigt ihre Eltern: „Bis nachher!“ Verrät mir: „Meine Mutter ist 83, mein Vater 84. Sie mussten aus der Wohnung Papier und ihre Medizin mitbringen. Ich bin erstaunt, wie cool beide reagieren: „Das kennen wir vom Zweiten Weltkrieg!“

Aber es gibt immer wieder Ausnahmen: Die Uneinsichtigen, die erheblich die Bombenentschärfung verzögerten!

Rainer Lange, Haustechnik, verdeutlicht: „Der Vermieter des Zentrums ist das Ev. Seniorenzentrum, Möserstraße, es gehört zur Adolphi-Stiftung. Ich gucke jetzt in alle Wohnungen, ob die wirklich menschenleer sind. Dann kann es losgehen zur Möserstraße. In der Cafeteria werden die Leute bewirtet.“

Nachdenklichkeit blitzt aus den Augen von Friedhelm Piekenbrock. Sein Haus grenzt an das betroffene Nachbargrundstück. „Ich wohne jetzt hier 70 Jahre, direkt neben einer Bombe! Immer ist was los. Vor Jahren suchte man nach Kohlenschächten auf dem Herder-Schulgelände, die dann verfüllt wurden. Nun der Bombenfund.“

Das alles kann auch Max Meyer nicht mehr erschüttern. Er und Nachbarn haben hautnah noch den Orkan in den Knochen. Die Garagen, Postreitweg, waren bis Oberkante 1.70 Meter voll Wasser, so dass die quasi „explodierten“. Jetzt ‚ne Bombe?!

Unvergessen bleibt der Schultag für die Herderschüler. Der achtjährige Tim exakt: „Um 13.06 Uhr sagte unsere Lehrerin, wir sollten uns ganz schnell anziehen. Eine Bombe! Die Eltern wurden angerufen. Denn wenn die Bombe wirklich explodiert, dass wir in Sicherheit sind.“ Recht hat der Knirps. Kinder, die nicht abgeholt wurden, wanderten zur Berliner Schule.

Auch die Lütten der KiTa am Postreitweg hatten „Bombenstimmung“. Vor der Tür schrillte es immer wieder Tatütata.

Dann das Aufatmen! Knapp vor 18 Uhr! Bombe gekappt. Geklappt! Hut ab vor Peter Gieseke und der Riesen-Helfer-Mannschaft.

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Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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