Jugendgerichtshilfe
Sie arbeitete aus Berufung für die Jugend / (07)

Mit der Wende hatten die „neuen Bundesländer“ ein neues Jugendhilfegesetz, welches sie einerseits sehr herausforderte aber andererseits aufgrund langjähriger Berufserfahrung auch wieder leicht umzusetzen war.
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Als ich einige Gerichtsverhandlungen erleben durfte:
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Das Vertrauen zwischen Jugendgerichtshelfer und straffälligen Jugendlichen basiert auf einer unterschiedlich langen Zeit, in der gegenseitig Erfahrungen gesammelt werden, wie der jeweils Andere mit gegebenen Informationen umgeht.

Als ich das erste Mal ganz leise durch die hintere Tür eines kleinen Gerichtsaales eintrat, wo die Verhandlung bereits im Start war, schaute die Richterin zu mir, konnte mit mir aber nichts anfangen, so dass sie sich der Jugendgerichtshelferin zuwandte und sie fragte, ob sie den kennen würde, der da gerade noch herein gekommen war. „JA.“ - Und damit war für die Richterin die Sache erledigt, ich konnte bleiben und mir dieses „Schauspiel“ zu Gemüte führen.

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Ein weiteres Mal war es eine Verhandlung im großen Gerichtssaal. In der Mitte der Zuschauer hatte ich Platz genommen. Vor uns auf der Linken Seite saßen die Angeklagten Jugendlichen und vor ihnen der jeweilige Verteidiger. Es waren – glaube ich mich zu erinnern – fünf oder sechs Angeklagte.
Ihnen gegenüber (auf der Rechten Seite) saß die Jugendgerichtshelferin in weißem Kleid. Ein hübscher Kontrast!.
Als die resolute Richterin den Saal betrat, standen alle auf, sie setzte sich, schaute in die Runde, begutachtete die Zuschauerfront, warf einen strengen Blick zu den Angeklagten mit ihren schwarz gekleideten Verteidigern, lächelte der Jugendgerichtshelferin zu und meinte, dass es nun losgehen könne.

Als einer der Verteidiger meinte, dass sein Klient an keiner der Diebstähle beteiligt war, schaute die Richterin hilfesuchend zur Jugendgerichtshelferin. Diese nickte beruhigend, sah dann zum Angeklagten mit einem Blick und einer Körperhaltung, die offensichtlich wirkten. Dieser neigte sich zu seinem Verteidiger, welcher daraufhin einräumte, dass er wohl an nur einigen Diebstählen und dabei nur als Fahrer dabei gewesen sein könne.

Nun muss ich wohl einfügen, dass sie mit den Jugendlichen vor jeder Verhandlung abgesprochen hatte, was sinnvoll einzugestehen ist und wovon sie nichts verlauten lassen sollten, sofern es nicht zum Thema werde.

So schaute sie erneut zum Angeklagten, worauf dieser seinem Verteidiger zu verstehen gab, dass er wohl doch an allen Diebstählen dabei war – aber nur (!) als Fahrer.
Die Richterin lächelte verständnisvoll und fand Übereinstimmung mit der Anklage, was freilich positiv gewertet werden konnte.

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Als ich ein weiteres Mal in einer Gerichtsverhandlung zuhörte, brachte die Richterin offensichtlich Fotos in der Anklageschrift nicht richtig mit den Taten zusammen.
Ein Hilfesuchender Blick zur Jugendgerichtshelferin ließ diese wieder mit Blick und Geste in Aktion treten.
Nachdem der Angeklagte wohl nicht richtig verstanden hatte, was sie meinte und er sollte, sagte sie, dass die Richterin eine klare Hilfe bräuchte. Später lachte sie mich an, als ich sie fragte, wie es dazu kam, dass der Angeklagte plötzlich über die Barriere zur Richterin sprang, sich neben diese stellte und erklärte, welches Foto zu welcher Tat gehöre.
Wenn auch etwas ungehalten wirken wollend, weil er zu ihr gehüpft war, freute sich die Richterin doch sehr über die Klarstellungen.
Wohl nicht zu erklären, dass sich diese Zusammenarbeit des Jugendlichen mit dem Gericht positiv auf die Urteilsfindung auswirkte.

Dem vorgeschlagenen Strafmaß durch die Jugendgerichtshelferin stimmte die Richterin voll und ganz zu.
Als die Verhandlung zu Ende war, ging der Jugendliche auf die Jugendgerichtshelferin zu und dankte ihr offensichtlich erleichtert.
Das Vertrauen zur Jugendgerichtshilfe war ein weiteres Mal bestätigt und gefestigt worden.

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Alle Beiträge zu dieser Jugendgerichtshelferin sind zu erreichen über
           Jugendgerichtshelferin aus Berufung

Autor:

Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Alpen

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