Der Besen - vom Aussterben bedroht?

Heute Morgen war es mal wieder so weit. Leicht verträumt fuhr ich meines Weges, als mir aus naher Ferne ein ohrenbetäubendes Geräusch entgegen plärrte.
Laubsauger? Jetzt? Am frühen Morgen?

Ja doch, die Stadt hatte die Laubjäger ausschwärmen lassen. Was ja zunächst mal für verschlafene Radler gut ist, wenn sie den Überblick bewahren und keine halsbrecherischen Stunts auf liegen gebliebenem Laub vollführen wollen.

Nur dieser Krach, dieser jämmerliche, ob der wirklich erforderlich war? Ich sah eine etwa ein Meter lange Laubspur neben dem Hauch einer Verkehrsinsel liegen und einen schwer bewaffneten Mitarbeiter der Stadt, der an diesem Dings, an diesem Teil zwischen Sauger und Bläser, wie eine fette Pumpgun anmutend, alles gab. Er pustete einen Meter Laub vor sich her, mit Wirbel und Trommel und einem verzückten Lächeln im Gesicht. Ich hätte gerne beobachtet, wie lange er denn nun braucht, diesen einen Meter auf handliche zehn Zentimeter zu pusten, aber mein Gehör ist nun mal gerade morgens besonders empfindlich also radelte ich lieber von dannen, um meine weiteren Gedankengänge der Frage zu widmen, ob Besen möglicherweise vom Aussterben bedroht sind.

Mal angenommen, dieser Laubwaffenträger hätte einen Besen zur Hand genommen (das sind diese Dinger mit langem Stiel und Bürsteborste, relativ lautlos vor sich hinzischend, mit null PS)...hätte er dann nicht möglicherweise doch Zeit und Energie einsparen können? Und damit auch noch die Nerven aller in der Nähe befindlichen Menschen geschont?

Sicher ist es fruchtlos, weiter über so etwas zu sinnieren.

Doch !Halt!

Weiterhin angenommen, ich möchte endlich meine Umschulung zur Hexe in die Wege leiten. Kann ich da mit dem alten Besen aus der hinteren Kellerkammer antreten oder muss ich doch schauen, ob mir Harry Potter seinen Nimbus 2000 leiht, damit ich eine moderne Hexe werden kann?

Werden Besenreiser jetzt durch Tattoos ersetzt, die den unschönen Blauton wegfärben?

Was ist, wenn ich meine Wohnung eines Tages besenrein übergeben muss, es aber gar keine Besen mehr gibt?

Und was ist mit alten Bräuchen, bei dem im hohen Alter von dreißig Jahren die männlichen Zwangssingles Rathaustreppen fegen sollen? Womit? Wenn es keine Besen mehr gäbe, müssten sie sich dann einen heißen Feger anschaffen und möglicherweise eher heiraten als die Treppe fertig gefegt ist?

Was wird aus all den arbeitslosen Besenbindern?

Wenn es keine neuen Besen mehr gibt, wer kehrt dann gut? Und vor lauter Ärger, kann man auch keinen Besen mehr fressen, sondern muss an einem stählernen Akkubesen rumlutschen. Das will doch keiner!

Ungeliebte Schwiegermütter sind nicht mehr als alte Besen beschimpfbar, sondern heißen dann batteriebetriebener Handstaubsauger.

Der beliebte Sport des Besenwerfens müsste durch Sauger-Weitwerfen ersetzt werden.

Und wenn ich an einen Marathon denke, am Schluss...der Besenwagen, der blasen- und krampfgeplagte Aussteiger hinter dem Feld ins Ziel fährt? Müssen die dann doch weiter laufen?

Was hält der liebevoll gekugelte Schneemann im kommenden Winter in seiner Schneepranke? Einen Staubsauger? Kann doch nicht....
Überhaupt der Schnee, wenn er denn zuhauf die Landschaft einzuckert und morgens die Autofahrer ihre Stahlkarosse frei fegen wollen...
Womit ich beim Schneebesen angekommen wäre, den es ja dann auch nicht mehr gibt, aber dafür ist ja noch der Handmixer da, der macht das sowieso schneller und steifer und überhaupt....

Das Aussterben der Besen käme an manchen Stellen dem Ausverkauf liebgewonnener Sprüche gleich und was machen dann die Klopfer hinter diesen Sprüchen? „Haste mal `ne Mark?“ war ebenso wenig durch den Euro ersetzbar wie der Hexenbesen durch einen Nimbus.

Ich darf gar nicht weiter drüber nachdenken, und mach mich jetzt vom Besen.

Kehr-Aus!

Autor:

Annette Kallweit aus Düsseldorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

12 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.