Gefahrstoffrückhalteanlagen,Umweltkatastrophen,Gefahrstoffbarrieren
Wie Gefahrstoffrückhalteanlagen Umweltkatastrophen verhindern

Gefahrstoff- oder auch Löschwasserrückhalteanlagen wurden entwickelt, um Gefahrenstoffe bei der Brandbekämpfung zurückzuhalten. Denn mitunter stellt mit Giften und Chemikalien belastetes Löschwasser die größte Gefahr für Mensch und Natur dar. Die allgemeine Etablierung dieser Anlagen geht zurück auf die Einführung der sogenannten Löschwasserrückhalterichtlinie, kurz LöRüRL, die nach dem wohl schwerwiegendsten Umweltunfall im November 1986 verabschiedet wurde.

Die Umweltkatastrophe von 1986

Der Großbrand von Schweizerhalle am 1. November 1986 markiert den bis dato schwerwiegendsten Umweltunfall in der Geschichte des Rheins. Als eine Lagerhalle des damaligen Chemiekonzerns Sandoz in der Nähe von Basel in Flammen aufging, gerieten auch zahlreiche Chemikalien in Brand. Infolge der Löscharbeiten gelangte mit Pflanzenschutzmitteln belastetes Löschwasser in den Rhein, das bis Mannheim zu einem massenhaften Fischsterben führte. Auch in der näheren Umgebung rund um das Chemiewerk wurde das Boden- und Grundwasser unmittelbar durch das Löschwasser verschmutzt.

Wie sich erst später nach tiefgreifenden Untersuchungen herausstellte, gelangten während der Löscharbeiten mehr als 20 Tonnen giftiges Pflanzenschutz-Gemisch ungehindert in den Rhein. Auf mehr als 400 Kilometern rheinabwärts starb nahezu der gesamte Aalbestand. Darüber hinaus musste in Teilen Deutschlands und den Niederlanden die Trinkwasserversorgung vollständig eingestellt werden, da viele Anlagen das Trinkwasser aus dem Uferfiltrat des Rheins gewannen. Selbst Jahre später konnte man Rückstände in den Sedimenten des Rheinufers nachweisen.

Zur heutigen Gesetzeslage

Viele Unternehmen benötigen wassergefährdende Stoffe für die Produktion von Gütern oder, andere wiederum handeln mit diesen Stoffen. Damit sowohl dem Umweltschutz wie auch betrieblichen Belangen genüge getan wird, besteht das übergeordnete und bundesweit gültige Wasserhaushaltsgesetz. Zudem unterliegen die Bauvorschriften der Ländergesetzgebung und müssen an die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes angepasst werden. Für die betreffenden Unternehmen bedeutet dies, dass kein wassergefährdender Stoff das Betriebsgelände verlassen darf, ausgenommen natürlich in dafür vorgesehenen Transportbehältern.

Im Normalbetrieb gehören zur Betriebseinrichtung entsprechende Rückhaltebecken, oder auch Gefahrstoffbarrieren, die erst im Notfall zum Einsatz kommen. Während etwa Löschwasserrückhaltebecken oder Auffangwannen dauerhafte Einrichtungen darstellen, kollidieren Gefahrstoffbarrieren mitunter im täglichen Arbeitsablauf mit betrieblichen Belangen. Dementsprechend kommen sie erst zum Einsatz, wenn eine Gefahrenlage besteht. Dafür muss das betreffende Unternehmen die Gefahrstoffbarrieren zur Gefahrstoffrückhaltung so einrichten oder bereithalten, dass eine undurchdringliche Sperre in kürzester Zeit aufgebaut werden kann.

Benötigt werden Gefahrstoffbarrieren beispielsweise an Toren, Türen, Fenstern oder Einfahrten, wenn bei diesen im Gefahrfall der Austritt wassergefährdender Stoffe über das Betriebsgelände hinaus anzunehmen ist.

Darüber hinaus muss ein Unternehmen, das mit wassergefährdenden Stoffen umgeht, vorab ein Konzept erstellen, das von der örtlichen Feuerwehr zunächst begutachtet und in letzter Instant von der verantwortlichen Behörde abgenommen wird. Darin wird festgelegt, wo genau Gefahrstoffbarrieren verpflichtend einzusetzen sind und wie diese beschaffen sein müssen:

  • Flüssigkeitsdichtheit bis 50 ml pro Stunde auf 1 m Länge
  • Automatische Barrieren benötigen eine Vorwarnzeit von 30 bis 60 Sekunden
  • Die Barriere muss mit einer Warnbemalung versehen werden, etwa Rot-Weiß.
  • An der Barriere muss ein Maschinenschild angebracht werden, das über Baujahr und Hersteller informiert
  • Automatische Barrieren benötigen eine Notentriegelung
  • Bedienhinweise müssen in der Nähe sichtbar angebracht sein
  • Aufkleber mit Prüfdatum muss vorhanden sein

Wie aus dem letzten Punkt zu entnehme ist, fallen Gefahrstoffbarrieren, wie andere Maschinen und Einrichtungen auch, unter die periodisch durchzuführende Prüfpflicht durch einen Sachverständigen.

Doch nicht jedes Unternehmen, das wassergefährdende Stoffe lagert, ist auch auf Löschwasserrückhalteanlagen angewiesen. Erst, wenn festgelegte Mindestmengen in Bezug auf die insgesamt drei Wassergefährdungsklassen überschritten werden, müssen Löschwasserbarrieren im Ernstfall zum Einsatz kommen:

Wassergefährdungsklasse 1

  • Ab 100 t je Lager
  • schwach wassergefährdend
  • Essigsäure, Schwefelsäure, Natronlauge

Wassergefährdungsklasse 2

  • Ab 10 t je Lager
  • wassergefährdend
  • Chlorbenzol, Heizöl, Formaldehyd

Wassergefährdungsklasse 3

  • Ab 1 t je Lager
  • stark wassergefährdend
  • Ottokraftstoffe, Schwermetallverbindungen, Benzol

Darüber hinaus gelten Stoffe erst als wassergefährdend, wenn diese durch die Verwaltungsvorschrift als wassergefährdend deklariert wurden.

Wie funktionieren Gefahrstoffbarrieren?

Löschwasserrückhalteanlagen bestehen aus offenen oder geschlossenen Becken, zum Teil auch aus vergleichbare Räumen, die kontaminiertes Löschwasser aufnehmen können. Dabei werden Löschwasserrückhalteanlagen in stationäre und nicht mobile Systeme unterteilt. Des Weiteren werden die stationären Systeme nochmals in automatische und nicht automatische Anlage gegliedert.

So wird bei automatischen Anlagen das Löschwasser im Brandfall automatisiert durch Pumpen in Rückhaltebecken befördert. Es gibt auch Anlagen, die sich aufgrund von Rauch oder Wärme selbst auslösen dann automatisch in die Absperrposition fahren. Nicht automatische Anlagen müssen hingegen per Hand ausgelöst werden. Die Unterteilung der Gefahrstoffrückhalteanlagen:

  • automatische
  • Löschwasserrückhaltesysteme
  • manuelle
  • Löschwasserrückhaltesysteme
  • mobile Bauteile zur Wandöffnungs-, Rohr– und Kanaldeckelabdichtung

Zudem muss die eingesetzte Gefahrstoffbarriere an die jeweiligen Bedingungen des Betriebes angepasst sein. Dazu gehören verschiedene Faktoren wie beispielsweise die Flutungsfläche, der potenzielle Staudruck sowie die Stauhöhe. Je größer die Flutungs- oder Verteilfläche ist, desto geringer muss die Höhe der Gefahrstoffbarriere sein, wobei dies wiederum auch mit dem Volumen der Rückhaltebecken zusammenhängt.

Autor:

Sebastian Schwalbe aus Düsseldorf

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