Im Netz gefangen – was tun Jugendliche, die online sind?

Vortrag im Bürgerzentrum beleuchte Praxis und Gefahren der neuen Medienwelt

„Instant Messaging“, „Chattiquette“ oder „Cyberbullying“, häufig versteht die Erwachsenengeneration nur noch Bahnhof, wenn es um Begrifflichkeiten geht, die für unsere in der modernen Medienwelt mit Computer, Internet und Handys aufgewachsenen Jugendlichen zum Alltag gehören. Was dahinter steckt und womit sich Kinder häufig bereits ab einem Alter von sieben Jahren beschäftigen, wenn sie in dieser unterwegs sind, verdeutlichte ein Vortrag im Werdener Jugend- und Bürgerzentrum, der durch eine Kooperation mit der AWO-Familienbildung zustande gekommen ist.
Andreas Ruff, Medienbeauftragter des Essener Jugendamtes eröffnete dabei den fünfzehn Teilnehmern einen ganz neuen Blick auf den Alltag unserer Kinder.
„Seit etwa zwanzig Jahren wachsen unsere Kinder mit neuen Medien wie dem Internet oder dem Handy auf, dabei treten alte Medien wie das Fernsehen immer mehr in den Hintergrund“, erklärte der Experte.
Faszinierend seien diese Netzwerke zum einen, weil sie durch Suchmaschinen wie Google die natürliche Neugier der Heranwachsenden befriedigen. Zum anderen, weil sie durch Selbstdarstellungsforen wie „My Space“ oder „Schüler VZ“ Grundbedürfnisse der Jugendlichen nach Identitätsfindung und der Ablösung vom Elternhaus fördern.
Für viele Eltern, gerade von noch jüngeren Kindern war überraschend, dass diese, wenn sie älter werden, sich über Instant Messenger, also Programme die eine ständige Verbindung ins Netz und damit zu ihren Freunden ermöglichen, im regelmäßigen Austausch bzw. Neudeutsch Chat mit ihrem Freundeskreis befinden. „Innerhalb von Sekunden checken die Kinder heute so, ob ihre Mitschüler alle sicher von der Party heimgekommen sind, eine Telefonkette braucht heute niemand mehr.“
Neben den vermeintlichen Vorteilen des Cyberspaces gibt es aber eine Reihe von Gefahren der virtuellen Welt, für die Ruff die Augen öffnete. „Es gibt einige Anbieter, wo die Eltern ganz genau hinsehen sollten, was ihre Kinder dort anstellen“, warnte er. So sei beispielsweise „Knuddels“ ein Flirt-Chat, bei dem sich jeder User mit einer Altersangabe einlocke. „Eine unserer Praktikantinnen hat sich mit einem Nicknamen und der falschen Altersangabe von 13 Jahren dort eingelockt und erhielt innerhalb kürzerster Zeit eine Einladung in das Auto eines 44-Jährigen verheirateten Mannes“, machte er drastisch deutlich.
Immer wieder empfahl er, zu seinen Kindern eine vertrauensvolle Bindung zu schaffen, konkret nachzufragen, was machst Du, wenn du online bist oder sich auch mal zeigen zu lassen, wer die Chatpartner sind. Außerdem müsse den Kindern klar gemacht werden, dass im Internet viele Angaben gefälscht seien und Menschen sich so auch problemlos eine andere Identität zulegen können. Dann sei es auch wahrscheinlich, dass sich Kinder bei merkwürdigen Anfragen und Missbrauchsfällen trauen, ihren Eltern davon zu berichten.
Bei diesen und bei anderen Gefahren wie Seiten mit gewaltverherrlichenden oder rassistischen Inhalten rät Ruff zum betätigen der Drucktaste am PC. Das so hergestellte Foto (Screenshot) der Seite könne leicht in gängige Programm wie Word eingefügt werden. Anschließend bestehe die Möglichkeit, es an die Adresse www. Internetwache.de zu verschicken, wo man sich um solche Fälle kümmere.
Besser seien virtuelle Gemeinschaften wie „Schüler VZ“. „Da sich in diese Plattformen, die Schüler gegenseitig einladen müssen, gibt es hier auch keine Missbrauchsprobleme. Mittlerweile sind 6,4 Millionen von insgesamt 8 Millionen der Zielgruppe zwischen 12 und 21 Jahren mit ihrem Datenprofil dort vertreten“, erstaunte Ruff die Zuhörer, bevor er auf andere Gefahren hinwies. „Jedes Kind möchte gerne beliebt sein, so kann es schon mal passieren, das junge Mädchen auf die Idee kommen, sich mit einem Bikinifoto, was ihre Beliebtheit zumindest bei den Jungs in ihrem Alter steigert, dort darzustellen. In diesem Fall sind auch wieder die Eltern gefragt, indem sie erklären, wo solche Bilder überall landen können.“ Über einen Meldebutton habe man die Möglichkeit, bei diesen Diensten Schlimmeres zu verhindern.
Bilder und der Schutz von Persönlichkeitsrechten sei ein weiteres Problem, was sich häufig auch durch die Nutzung neuer Smartphonhandys ergäbe, die eigentlich heutzutage das noch schwerer für Eltern zu kontrollierende Internet für die Tasche seien. So seien mittlerweile böse Mobbingattacken (Cyberbullying) per kompromittierender Fotos von Mitschülern und Lehrern oder das Einstellen von Partybildern mit angeschickerten Jugendlichen an der Tagesordnung. „Im ersten Fall kann man nur hoffen, dass Kinder genug Vertrauen haben, sich an Eltern oder auch Lehrer zu wenden, im zweiten Fall sollte man den Kindern klar machen, dass bei Bewerbungsverfahren das Nutzen von Gesichtserkennungssoftware an der Tagesordnung ist und so über ein Bewerbungsbild schnell auch andere Jugendsünden bekannt werden.“

Hintergrund:
Um weitere Gefahrenquellen erkennen zu können, gibt es viele Adressen über die Eltern Hilfe erhalten können, so zum Beispiel auf Seiten wie klicksafe.de, schau-hin.info, unter polizei-beratung.de etc. Einen sinnvollen Umgang mit dem Medium lehrt beispielsweise der Auftritt internet-abc.de

Autor:

Birgit Hölker-Schüttler aus Essen-Werden

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