Wir bleiben Opel: die Lehmänner

„Wir bleiben Opel!" Eine vierköpfige Familie und ihr klares Benntnis zu den vier Blitzen des Hauses.
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Auf einem Bein kann man nicht stehen. Doppelt genäht hält besser. Aller guten Dinge sind drei. Gibts einen Spruch zur Vier? Über so etwas macht sich diese vierköpfige Familie keine Gedanken. Die machen sich andere Menschen, möglicherweise. Vier Autos, muss das sein? Es muss! Handelt es sich doch um automobiles Kulturgut. Und im Nebenprodukt um ein Bekenntnis: „Wir bleiben Opel!“

Noch können sie nicht alle gemeinsam losfahren. Marie kam gerade in die Schule, Bruder Marc ist neun Jahre alt. Doch wenn sie nur ansatzweise ähnlich ticken wie ihre Eltern, ist es 2025 soweit. Melanie und Jörg Lehmann sind bekennende Freunde der Marke mit dem Blitz. Mit der Einschränkung: Historisch sollen sie sein.

„Alt-Opel-Autohaus Lehmann“

Willkommen im „Alt-Opel-Autohaus Lehmann“. Hier geht es facettenreich zu.
Es ist etwas Hübsches gewünscht, mit reichlich Platz auch für den großen Einkauf? Bitte sehr: Kadett B (Baujahr 1970), ein echter Bochumer Junge.
Rasante Ausfahrt zu Zweit? Hinein in die Sportflunder GT (Baujahr 1972), endmontiert in Laer.
Den Kühlschrank transportieren? Aber locker, das Volumen der Ladefläche des Rekord C Caravan (Baujahr 1970) würde noch mehr verpacken.
Mit der ganzen Familie kommod reisen, bei akzeptabler Reisegeschwindigkeit? Bitte Platz zu nehmen im Diplomat (Baujahr 1973) mit satten 5,4 Litern Hubraum, 230 PS und dem angenehmen Blubbern des imposanten V8-Motors.
Was kann schöner sein, wenn zwei Lebenspartner zumindest in Teilbereichen identische Interessen haben? Bei Melanie und Jörg gibts da keine Zweifel.
1998 sind die Beiden bereits liiert. Er fährt mit dem Diplomat zur Besorgung eines Ersatzteils zu einem Dealer für altes Opel-Zeug, sie begleitet ihn. „Da stand dieser babyblaue Kadett. Soooo schön! Ich schlich einmal, zweimal, dreimal um den Wagen herum. Alles war tacko, die einzige Macke: Der Sendersuchlauf des Radios funktionierte nicht“, erinnert sich Melanie.

„Kein Geschenk, eine Überlassung“

Selbstverständlich hatte Jörg während seiner Ersatzteilsuche die Begeisterung der Freundin registriert und machte ratzfatz Nägel mit Köpfen. „Ein paar Tage später holte er mich mit dem Kadett von der Arbeit ab. Seine Frage: `Probefahrt gefällig?´ Meine Gegenfrage, ob der Händler ihn angemeldet habe, wurde so beantwortet: `Der Händer nicht´“, ist die heutige Frau Lehmann noch immer gerührt. Ein grandioses Geschenk! „Nix Geschenk, es ist eine Überlassung. Schließlich stehe ich im Brief“, grinst er.

„Die Frauen und die Autos – euer Untergang“

Herr Lehmann, zu diesem Zeitpunkt längst mit dem „Alt-Auto-Virus“ infiziert, hatte das getan, was er bereits seit Jahren praktiziert hatte. Jörg kaufte, verkaufte, kaufte, kaufte. Nein, das Verkaufen ist hier nicht vergessen worden. Vater Lehmann nahm die Passion des Sohnes in den 1980-er Jahren mit leichtem Stirnrunzeln zur Kenntnis. Als der junge Erwachsene – in Begleitung von Kumpel Peter – wieder mal mit neu erworbenen Alt-Auto vor der Tür stand, entfuhr es ihm: „Die Frauen und die Autos sind noch mal euer Untergang...“

Zweimal verkauft, zweimal Retour

Es kam eine Zeit, da wollte Jörg sich trennen. Der inzwischen ultraseltene Rekord C Caravan kreuzte seinen Weg, der Diplomat wurde im Jahre 2000 an den bereits erwähnten Freund Peter verkauft. „Zu viele Oldtimer, das bringt nichts“, sagte er sich damals. Doch der Achtzylinder wurde in der Folge allzu arg vermisst, Peter signalisierte seine Bereitschaft zur Rückabwicklung.
Der imposante Wagen seit 2009 wieder da, das alte Problem auch. Zu viele Oldtimer. Und so wurde jetzt der Rekord an einen anderen opel-geprägten Gesinnungsgenossen veräußert. „Das fiel uns schon schwer. Doch wir sind gerade mal 800 Kilometer in einem Jahr mit dem Kombi gefahren. So steht sich ein Auto eigentlich die Räder eckig“, begründet Jörg Lehmann.
Der Käufer hatte Lehmann 2012 immerhin ein Vorkaufsrecht eingeräumt für den Fall, den Caravan wieder abgeben zu wollen. Die Situation trat überraschend schnell ein. Im Mai dieses Jahres kam es zu Rückkauf Nummer zwei.
Diesmal wich kein anderer Klassiker. Und dies obwohl Melanie 2013 zum runden Geburtstag auch noch zusätzlich glückliche Besitzerin eines GT geworden war: „Von einem GT habe ich 20 Jahre geschwärmt. Vor neun Jahren sagte ich zu meinem Mann: `Bis zum 40. Geburtstag habe ich einen GT!´“ Man hört gut heraus, dass Widerspruch hier nicht vorgesehen war, der Gatte seinen klaren Auftrag hatte.

„Das ist ´ne emotionale Kiste“

Wie war das mit zu vielen Oldtimern? Mit eckigen Rädern? Die Vernunftsargumente fegt Melanie Lehmann energisch vom Tisch: „Man gibt gute Autos nicht ab! Das ist ´ne emotionale Kiste und Ende. Abgeben fällt jetzt aus.“
Ausblick auf 2025. Sitzen dann vier „Lehmänner“ an den Lenkrädern von vier alten Opels? „Die Aussichten sind nicht so schlecht. Wir selbst, aber auch ähnlich verstrahlte Menschen aus unserem Freundeskreis, haben alles dafür getan, unsere Kinder auf das Thema zu bringen. Bis jetzt siehts ganz gut aus“, lächelt Mama Melanie.
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Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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