Pfusch am Bau

Alexandra und Erik Kreiner vor dem Grundstück, auf dem eigentlich ihr Haus stehen sollte. Foto: Thiele
  • Alexandra und Erik Kreiner vor dem Grundstück, auf dem eigentlich ihr Haus stehen sollte. Foto: Thiele
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Für viele Deutsche ist es ein Lebenstraum: das Eigenheim. Manche kaufen ein bereits bestehendes Haus, manche bauen ein Neues. Doch wenn man zu vertrauensselig ans „Häuslebauen“ geht, kann sich der Traum schnell in einen Alptraum verwandeln.

Im Nachspann zu Peter Thorwarts Film „Was nicht passt, wird passend gemacht“ sieht man Herbert Knebel im Rollstuhl im Badezimmer eines neu gebauten Hauses der Verzweiflung nahe. „Hat der früher Puppenzimmer gebastelt, oder wat?“, flucht Knebel über den Architekten, der das Badezimmer zu klein hat bauen lassen.

Was im Kino komisch ist, bekommt in der Realität tragische Züge. Alexandra und Erik Kreiner entschieden sich im Sommer letzten Jahres für den Bau eines Eigenheimes. Die beiden Castrop-Rauxeler beauftragten eine Firma aus Niedersachsen mit der Umsetzung. Der Baubeginn wurde auf Mitte Januar/Anfang Februar diesen Jahres kalkuliert. „Wir hatten gedacht, im Herbst ziehen wir um“, sagt Alexandra Kreiner. Jetzt, wo der Herbst vor der Tür steht, befindet sich dort, wo ein neues Einfamilienhaus zu sehen sein sollte, eine Baugrube.

Für die Kreiners klang letztes Jahr alles ganz gut. Dem im Hausbau unerfahrenen Ehepaar wurde eine Kostenaufstellung von über 260.000 Euro gemacht. Die Nachfrage nach weiteren Kosten wurde von Seiten der Baufirma verneint – ein Hauptgrund, warum sie die Firma mit dem Bau ihres Hauses überhaupt beauftragt haben.

Doch nur kurze Zeit später erfuhren die beiden, dass das geplante Haus für das vorgesehene Grundstück 30 Zentimeter zu breit sei. Ein weiteres halbes Jahr später stellte sich heraus, dass das Haus nicht nur zu breit, sondern auch zu lang sei: Insgesamt stand eine Reduzierung der Wohnfläche um zehn Prozent an. Von einer Reduzierung des Preises um zehn Prozent wollte die Baufirma nichts wissen.

„Das brachte das Fass zum Überlaufen.“

Stattdessen warten auf die Kreiners weitere Kosten, die so nicht besprochen waren. Im Juli erfahren die beiden, dass der Keller nicht wie geplant gebaut werden könne. Es sei ein senkrechter Verbau notwendig, was weitere 10.000 Euro an Kosten mit sich brächte. Der Architekt schob die Schuld auf die Bauvoranfrage – die ihm zu diesem Zeitpunkt bereits acht Monate vorgelegen hat. „Das war der Punkt, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, erinnert sich Alexandra Kreiner.

Doch damit nicht genug. Das Bauunternehmen hatte den EUV einen fehlerhaften Antrag zur Gebäudeentwässerung vorgelegt. Die angegebenen Werte zur Bodenversickerung waren falsch angesetzt worden und hätten früher oder später zu einem feuchten Keller geführt. „Wir sind mittlerweile bei Zusatzkosten von über 30.000 Euro mehr als das, was wir vorher kalkuliert hatten“, sagt Erik Kreiner ernüchtert. „Ganz schlimm sind nicht nur die Wut und Enttäuschung“, fügt Ehefrau Alexandra hinzu. Die Bank bekommt jeden Monat Bereitstellungszinsen.

Auch der Informationsfluss von Seiten des Unternehmens, das eigentlich dazu verpflichtet ist, die Kreiners stets auf dem Laufenden zu halten, sei mangelhaft. „Im Grunde müssen wir immer nachfragen, wie der Stand der Dinge ist“, sagt Erik Kreiner. „Von der Baufirma kommt da nichts.“

Umfassende Beratung ist der richtige Weg

Mittlerweile haben sich die Kreiners Hilfe beim Bauherren-Schutzbund geholt – ein Schritt, den sie eigentlich vor Erteilung des Bauauftrages hätten gehen sollen. „Man sollte sich ausführlich über seinen Vertragspartner informieren“, rät Dirk Rosenkranz, der als Bauherrenberater für den gemeinnützigen Verein tätig ist.

Informationen über die ins Auge gefasste Baufirma sind gegen eine Gebühr zu bekommen. „Beim Bauherren-Schutzbund werden die Auskünfte ein Jahr lang weiterverfolgt“, erläutert Rosenkranz. Überhaupt rät der Experte, die Firma nach ihren Referenzen zu fragen, sich auch Tipps aus dem Freundes- und Bekanntenkreis zu holen, falls dort Leute selbst schon gebaut haben.
„Ein wichtiger Punkt“, betont Rosenkranz, „ist die juristische Prüfung des Vertrages.“ Diese kostet zwar zwischen 500 und 1.000 Euro. Aber: „Es ist wichtig, sich bei so viel Geld, das man ausgibt, vorher umfassend beraten zu lassen“, so Rosenkranz.

Die Bauleistungsbeschreibung etwa ist ein wichtiger Bestandteil des gesamten Prozesses. „Es gibt kaum eine, die nicht lückenhaft ist“, sagt Rosenkranz. Was fehlt, sieht der Experte auf den ersten Blick und kann nachhaken. Das betrifft auch die Größe des ins Auge gefassten Gebäudes. „Jeder Bauunternehmer“, erklärt Rosenkranz, „hat seine Standardhäuser. Als erstes sehen die Kunden den Preis und setzen sich mit dem Unternehmer zusammen – und der verkauft denen alles.“ Den Vertrag sollte man vor der Unterzeichnung in jedem Fall einem Berater vorlegen.

Die Kreiners haben ihre Lehren aus der Geschichte gezogen. „Wir hoffen einfach“, sagt Alexandra Kreiner, „dass diese Erfahrung anderen Leuten erspart bleibt.“

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Selber schuld?- ein Kommentar

Autor:

Sascha Ruczinski aus Schwelm

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