Pulsierende Urbanität: Dortmunds Unionviertel blüht weiter auf

Entlang der Rheinischen Straße beginnt das bunte Leben zu blühen. Nicht nur das „Straßencafé“, sondern auch Galerien, Gastronomie, gute Vinylschallplatten und Grünanlagen laden zum Verweilen ein.
  • Entlang der Rheinischen Straße beginnt das bunte Leben zu blühen. Nicht nur das „Straßencafé“, sondern auch Galerien, Gastronomie, gute Vinylschallplatten und Grünanlagen laden zum Verweilen ein.
  • hochgeladen von Steffen Korthals

Das Unionviertel ist in aller Munde. Grund dafür ist sicher nicht allein die Imagekampagne der Stadt. Die Anwohner gelten als jung und weltoffen, heißen Flüchtlinge in der Adlerstraße willkommen und stemmen ein höchst interessantes Projekt nach dem anderen aus dem Boden. Es sind die Menschen, die hier den urbanen Groove im Herzen haben.

Lange Zeit geprägt durch Leerstand, ist das Viertel zwischen Westpark, der bei Studierenden zu einer der beliebtesten Grünanlagen der Stadt zählt, dem umtriebigen Kunstzentrum Dortmunder U und den vielen kleinen Galerien, Einzelhändlern und kreativen Ecken entlang der Ausfallstraße gen Westen im großen Umbruch.
Dank Uni-Nähe, lebendigem Freizeitangeboten zwischen Subkultur und multikulturellen Kontexten sowie günstigen Mieten, ist die Bevölkerung des Stadtbezirks verhältnismäßig jung. Kindergarten, Schulen und eine gute Verkehrsanbindung machen das Viertel auch für junge Familien interessant. Die Arbeitslosigkeit und das soziale Gefälle bleibt im Viertel groß, etliche soziale Projekte laufen vor Ort. Das Quartiesmanagement und das Stadterneuerungsprogramm Stadtumbau West unterstützen die Entwicklung im Viertel.

Keimzelle Union Gewerbehof

Im Union Gewerbehof an der Huckarder Straße hat sich mit Hilfe von Anschubfinanzierungen aus der Eigeninitiative arbeitsloser Menschen ein kreativer Standort für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt. Mittlerweile gibt es im Union Gewerbehof 60 Unternehmen, Ateliers und ein gemütliches Hofcafe, regelmäßige Veranstaltungen und wegweisende Forschungen in Aquaponik.
Gleich um die Ecke findet man Die Urbanisten, ein Verein, der das Zusammenleben der Menschen vor Ort fördert und mit zahlreichen Projekten das städtische Leben lebenswerter macht. Dafür haben die Aktivisten unlängst den LBS-Zukunftspreis und zuvor das Agenda Siegel 2013 verliehen bekommen.
Simone Czechs Galerie 143 liegt nur einen Steinwurf entfernt. Hier gibt es wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und noch bis zum 17. Januar eine Gruppenausstellung mit Marta Colombo, Jennifer Braun und weiteren Künstlern. Simone Czech organisiert die geführten Rundgänge durch das Viertel, die mehrmals im Jahr angeboten werden, sowie die Gemeinschaftsveranstaltung Neue Kolonie West.

Galerien, Aktivisten, Künstler und Lebenskünstler

Auf einer Unionviertel-Tour entdeckt man zwangsläufig die Vielzahl an Galerien an und um die Adlerstraße: das Salon Atelier, die Kunst- und Theaterprojekte von schönspur, die Holzkunst von Gudrun Mon Alvarez und weitere kreative Inseln. Die unabhängige Kunstszene ist hier nicht immer gut auf das subventionierte Kunst im Dortmunder U zu sprechen und man macht identitätsstiftend sein eigenes Ding im Unionviertel-Stil.

Die Menschen machen das Viertel

Eigeninitiative und Solidarität ist auch das Bindemittel, dass im Viertel für einige Highlights der HipHop-Kultur sorgt. Der Adler Backyard Jam im Hinterhof des Kiosks an der Adlerstraße 59 ist regelmäßig ein Magnet für die HipHop-Größen und Fans cleveren Sprechgesangs des Ruhrgebiets. Der Hinterhof gilt mit seiner Atelier-Schreinerei, der Kunstwerkstatt Datt Hintertürchen und den vielen Graffitis als ein Kreativ-Spot an der Rheinischen Straße. An der Ecke Lange Straße und Kuithanstraße ist eine 160 Meter lange Mauer mit Graffitikunst ein Hingucker, während Missin‘ Link an der S-Bahnstation und Erdmann sowie Schneckenhaus am Westpark zum abendlichen Einsacken einladen.

Subkultur, Vinyl und Grooves

Entdecker verlorengegangener Grooves sollten für das Graben in den Plattenregalen des Amsterdam Record Shops, Sternstraße 11, und im Schallplattenladen Black Plastic, Rheinische Straße 31, genug Zeit mitnehmen. Das Angebot an gebauchten Vinyls und Genres ist immens. Im Traditions-Plattenladen Idiot Records, von dem aus Sir Hannes die hiesige Punkszene mitbegründet hat, werden Punks und Fans härterer Gitarrensounds aus aller Welt bedient. Nebenan im Café Banane gibt es das Bier und Gespräche zu ähnlichen Klängen aus der Box. Die benachbarte 44309 Street Art Gallery von Daniela Bekemeier und Olaf Gienzel zeigt hervorragende Werke der Streetculture mit international wichtigen Künstlern wie Sen2, Telmo &Miel, Reso und vielen mehr in wechselnden Ausstellungen.
Das neu eröffnete Straßencafé nebenan an der Hausnummer 24 ist nicht nur ein Ableger des Hofcafés, sondern tagsüber auch eine Oase der Ruhe an der belebten Rheinischen Straße. Die angrenzende Burgerinitiative von Malte Globisch steht, wie der Vorgänger Hexenkessel, für fleischliche Genüsse, Sandwiches und Salate, ist neu am Start und wurde dabei klar und nüchtern eingerichtet.
Bei den zahlreichen Singles im Viertel ist ein abendlicher Einkauf mit Flirtfaktor im Westcenter beliebt. Entlang der Rheinischen Straße gibt es viele kleine Einzelhandelsläden zu bestaunen. Wer auf dem Weg zu Konzerten oder Partys ins FZW, Ritterstraße 20, ist, der stoppt auch gerne am Eiscafé Angelo Losego, das mit seinem Retrocharme und gutem Eis bei vielen Dortmundern eine Instanz ist. Westfalen-Kollegsschüler und Nachtschwärmer lassen sich gerne im Biergarten oder im kleinen Inneren des Kraftstoffs, einer ehemaligen Tankstelle an der Rheinischen Straße, nieder. Schicker geht es bei den Partys in der Marlene Bar, der ehemaligen Roten Marlene in der Humboldstraße, ab. Tobias Heitmanns Location beeindruckt mit seiner umfangreichen Bar und Design-Details. Bei funky Gitarrensounds im Mix mit HipHop, Hits und Electro geht es auf der Tanzfläche sexy zur Sache.

Zurück in der Wirklichkeit

Einmal abgebogen um‘s Eck erinnert das Gast-Haus an die rauhe Wirklichkeit des sozialen Gefälles. Werner Lauterborn ist einer der Männer des Viertels. Ehrenamtlich kümmert sich der City-Ring 2014-Träger um die Nöte der Obdachlosen und sozial Schwachen der Stadt. Seine Vision von einer Gesellschaft, in der jeder Mensch gleich behandelt wird, könnte ein Leitmotiv für den Umschwung im Unionviertel sein.

Autor:

Steffen Korthals aus Kamen

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