Gladbecker Apotheker sehen keine Chance für Notdienst-Reform

Dorothee Pradel, Kreisvertrauensapothekerin für die Stadt Gladbeck im Kreis Recklinghausen, sieht aktuell keine Chancen, die geltende Notdienst-Praxis für Apotheken zu reformieren.
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Dorothee Pradel, seit einigen Monaten „Kreisvertrauensapothekerin für die Stadt Gladbeck im Kreis Recklinghausen“, schüttelt energisch den Kopf: Nein, eine Änderung der derzeitigen Apotheken-Notdienst-Regelung kann sie sich absolut nicht vorstellen.

Eine Notdienst-Regelung, mit der auch die Gladbecker seit dem 1. Januar 2012 leben müssen. In der Praxis bedeutet dies, dass es Wochentage geben kann, an denen es in Gladbeck keine Notdienst-Apotheke gibt, Patienten also die diensthabenden Apotheken in den Nachbarstädten aufsuchen müssen. „Diese Apotheken befinden sich in der Regel in Gelsenkirchen und Bottrop,“ berichtet Dorothee Pradel. „Und diese Apotheke ist im Durchschnitt maximal 5,84 Kilometer von Gladbeck-Mitte aus entfernt,“ legt die Apothekerin statistische Zahlen vor. Für Ballungsgebiet und Großstädte gilt eine mittlere Distanz von 2,25 Kilometer.

Reaktion auf jüngste Beschwerden

Mit dem Gang in die Öffentlichkeit reagiert die Gladbecker Apothekerschaft auf die jüngst laut gewordene Kritik an zu weit entfernten Notdienst-Apotheken. So hatte sich eine Seniorin aus Rentfort darüber beklagt, das am 2. Weihnachtsfeiertag 2014 in Gladbeck keine Apotheke Notdienst hatte und daher eine Autofahrt zu einer Apotheke an der Stadtgrenze Bottrop/Oberhausen erforderlich wurde. „Es ist richtig, am 2. Weihnachtstag gab es keine Notdienst-Apotheke in Gladbeck,“ gesteht Dorothee Pradel ein. „Aber in Buer hatte eine Apotheke Notdienst, die Strecke nach dort wäre für Hin- und Rückfahrt insgesamt rund 8 Kilometer kürzer gewesen.“

Aber warum überhaupt kam es vor nunmehr zwei Jahren zu der Novellierung des Apotheken-Notdienstes? „Die Reform wurde bundesweit durchgeführt,“ berichtet Dorothee Pradel. Die bis dahin bestehenden Notdienstkreise seien historisch gewachsene „Insel-Lösungen“ gewesen, wobei es aber eine ungleiche Verteilung der Notdienstbelastung zwischen Ballungsgebieten mit ihren Großstädten, so genannten Mittelzentren und ländlichen Gegenden gegeben habe. Dementsprechend hätte die Notdienst-Apotheken in Großstädten eine weitaus höhrer Kundenzahl verzeichnen können, als eben Apotheken auf dem Lande. Die Apotheker mussten eigenen Angaben nach auch auf die Reform des ärztlichen Notfalldienstes reagieren, denn nur ein Teil der Patienten komme mit einem Rezept vom Arzt beziehungsweise vom ärztlichen Notfalldienst zur Notdienst-Apotheke. Darüber hinaus sinke die Zahl der Apotheken bundesweit seit Jahren stetig.

Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung

„Es musste eine gerechtere Verteilung zwischen allen Apotheken und damit ein Angleichen der Notdienstbelstatung in den Städten und auf dem Land her,“ erklärt Dorothee Pradel. „Die Reform dient letztendlich auch der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung.“

Mit rund 75.000 Einwohnern gehört Gladbeck zu den sogenannten „Mittelstädten“. In 2015 leisten die aktuell 19 Apotheken insgesamt 176 Notdienste - dabei auch an 25 Samstagen, 27S onntagen und an 7 Feiertagen. Dabei beträgt, so die vorliegenden Zahlen, die maximale Entfernung zu den Notdienst-Apotheken in Bottrop exakt 7 Kilometer. Wer nach Gelsenkirchen fahren möchte, muss eine maximale Entfernung von 7,2 Kilometer einkalkulieren. „In den Jahren, in denen Gladbeck noch über einen eigenen Notdienst verfügt, kamen auch mal schnell 10 Kilometer zusammen, wenn jemand aus Zweckel zur Notdienst-Apotheke in Brauck oder Rosenhügel fahren musste. Da hat sich aber niemand beschwert,“ gibt Dorothee Pradel zu bedenken. „Im Vergleich zu ländlichen Gebieten ist der Notdienst für die Gladbecker regelrecht luxuriös.“

Mit dem Notdienst lässt sich kein Geld verdienen

Zu bedenken gibt die Apothekerin auch, dass die Notdienst-Tage für die Apotheken zumeist mit finanziellen Belastungen verbunden seien. „Geld verdienen lässt sich an diesen Tagen nicht,“ versichert Dorothee Pradel. Daher gebe es auch auf Bundesebene das „Notdienst-Sicherungsgesetz“, wonach alle deutschen Apotheken von ihren Umsätzen einen gesetzlich festgelegten Festbetrag entrichten müssen, der dann den Notdienst-Apotheken zugute kommt.

Keine Chance räumt die Kreisvertrauensapothekerin dem Vorschlag für einen lokalen Apotheken-Notdienst in Gladbeck ein. „Der Kammerbezirk Westfalen-Lippe würde das mit Sicherheit ablehnen. Dazu müssten alle Gladbecker Apotheken mitmachen, es würde einen riesigen bürokratischen Aufwand geben, die ganze Sache extrem aufwändig. Dazu würde das einen Solidaritätsverlust mit den Apotheken auf dem Lande mit sich bringen.“

Apotheker sind keine Schönwetter-Aktivisten

Überhaupt zeigt sich Dorothee Pradel verwundert über das Wiederaufflammen der Kritik am Apotheken-Notdienst. Es gebe keine neuen Argumente und die vorgetragenen Argumente seien genau so falsch, wie dies schon vor zwei Jahren der Fall gewesen sei.

Und die Ankündigung der „BIG“, man wolle sich bei „besserem Wetter“ mit Info-Ständen auch auf politischer Ebene für einen lokalen Apotheken-Notdienst in Gladbeck stark machen, löst bei Dorothee Pradel neben Unverständnis bestenfalls noch Erheiterung aus: „Bei besserem Wetter? Wie soll man das verstehen? Notdienst ist auch keine Frage des Wetters! Wir Apotheker sind keine Schönwetter-Aktivisten!“

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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