Sexueller Missbrauch und Beleidigung vor dem Amtsgericht

Vor dem Hattinger Amtsgericht wurden zwei Fälle verhandelt: Zum einen ging es um sexuellen Missbrauch an einem schlafenden Mädchen, zum anderen wurde dem Angeklagten die Beleidigung seiner Ex-Ehefrau vorgeworfen.

Thema sexueller Missbrauch:
Der 42jährige Angeklagte kam vor fünf Jahren nach Deutschland, braucht allerdings immer noch einen russischen Dolmetscher. Er lebt mit seiner Familie hier, hat sogar seit einem Jahr Arbeit und war bisher ein unbescholtener Bürger. Jetzt sitzt er auf der Anklagebank, weil er die schlafende 13jährige beste Freundin seiner Tochter bei einer Übernachtung angefasst und fotografiert hat. Die Fotos wurden auf einer Speicherkarte gespeichert, die er auf der Straße gefunden haben will. Nach dem Fotografieren hat der Angeklagte den Speicherchip auf einen Schrank im Zimmer der Tochter gelegt und die beiden Mädchen haben später aus Neugierde nachgeschaut, was auf dem Chip zu sehen war. Neben fremden Familienfotos mit unbekannten Personen entdeckten sie Fotos von sich in missbräuchlicher Weise und die Hand des Angeklagten. So kam es zur Anklage.
Der 42jährige gesteht. Er sei nachts aufgestanden, weil er etwas trinken wollte. Er sei an den beiden schlafenden Mädchen vorbeigekommen, habe die Freundin der Tochter ohne Decke im Pyjama dort liegen sehen. Dann habe er die Kamera geholt, die Hose des schlafenden Mädchens heruntergezogen, sie berührt und dies fotografiert. Zwei Monate später habe er noch einmal Fotos gemacht, als dem jungen Mädchen die Pyjama-Hose heruntergerutscht sei und den Po entblößte.

Schmerzensgeld und Freiheitsstrafe

Zunächst wird der Mann zu einer Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro verurteilt. Die Zahlung kann er in Raten ableisten bis zum 18. Geburtstag des Mädchens.
Zum anderen ist die Tat strafrechtlich zu beurteilen. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird und die Fortsetzung einer gerade begonnenen Sexualtherapie.
Die Verteidigung gibt zu bedenken, dass im zweiten Fall die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht worden sei und es hier höchstrichterliche Rechtsprechung gibt. Deshalb sei die von der Staatsanwaltschaft geforderte Freiheitsstrafe zu hoch und in dem zweiten Fall müsse ein Freispruch erfolgen.
Das Gericht folgt dieser Wertung und verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten zur Bewährung. Die Bewährungsszeit beträgt drei Jahre, es wird einen Bewährungshelfer geben, die Sexualtherapie muss fortgesetzt werden und der Angeklagte soll seine Deutschkenntnisse dringend verbessern. Der Mann beteuert, so etwas werde nie wieder geschehen und entschuldigt sich bei der anwesenden Mutter des Mädchens und – in Abwesenheit – bei dem Mädchen selbst.

Thema Beleidigung:
Angeklagt wegen Beleidigung seiner Ex-Frau saß ein Sprockhöveler auf der Anklagebank des Hattinger Amtsgerichtes. Er soll seiner Frau gedroht haben, sie mit dem Auto umzufahren und sich zu wünschen, sie wäre tot. Schnell wurde allerdings vor Gericht deutlich, dass es sich im Kern um eine familienrechtliche Auseinandersetzung handelt, in deren Mittelpunkt die achtjährige Tochter des Paares steht.
Die Trennung des Paares liegt mehr als zwei Jahre zurück und fast genauso lange gibt es Streit um die Besuchszeiten der Tochter bei ihrem Vater. Immer wieder gab es gerichtliche Auseinandersetzungen und Schlichtungsgespräche, deren Ergebnisse aber nie lange vorhielten.
Auch im aktuellen Fall wollte der Vater an Weiberfastnacht sein Kind von der Schule abholen im Glauben, einer Regelung zu folgen, die eine Abholung einen Tag früher ermöglicht, wenn Brückentage oder Feiertage folgen. Die Schule sollte zwar am nachfolgenden Tag ausfallen, die Betreuung, in die das Kind geht, aber nicht. Offensichtlich wusste der Vater dies nicht und aufgrund offensichtlicher Kommunikationsschwierigkeiten zwischen ihm und der Ex-Frau wurde dies auch nicht in einem persönlichen Gespräch geklärt. Als der Vater die Tochter abholen wollte, stand auch die Mutter mit der Oma vor der Tür, um das Kind in Empfang zu nehmen. Die Situation eskalierte und die Ex-Ehefrau erklärte, sie sei beleidigt und beschimpft worden und sie habe Todesangst vor ihrem früheren Mann.

"Dafür ist mir mein Auto zu schade"

Dieser streitet ab, seine Ex-Frau beschimpft zu haben, erklärt, er habe sie niemals mit dem Auto umfahren wollen. „Sie hat mir das unterstellt und ich habe darauf geantwortet, dafür sei mir mein Auto zu schade“, erklärt er vor Gericht.
Hintergrund der harten Auseinandersetzung ist vor allem die achtjährige Tochter, die sich schon in psychologischer Betreuung befindet. Über ihre geschiedenen Eltern wird derzeit ein Gutachten im Hinblick auf die Erziehungsfähigkeit erstellt, welches im Herbst vorliegen soll. Darauf weist auch Verteidiger Dr. Gregor Harnisch hin. „Wenn mein Mandant hier heute verurteilt würde, was würde dies wohl im Hinblick auf die Erziehungsfähigkeit bedeuten? Nichts Gutes.“
Der Angeklagte hatte dem Gericht erzählt, dass er sich seit der Trennung immer wieder mit Vorwürfen der Ex-Frau konfrontiert sähe, sein Kind würde ohne Betreuung auf dem Stadtfest herumlaufen und es bekäme nichts zu essen. Nichts sei an den Vorwürfen dran.
Das Gericht stellt das Verfahren gegen den Angeklagten ein.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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