Rezension zum "Verhörspezialist" von Dieter Bindig

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Einen Blick hinter die Kulissen der Polizeiarbeit bietet der Autor und selbst ernannte „Verhörspezialist“ Dieter Bindig mit seinem gleichnamigen Werk.
Auf rund 250 Seiten bietet der Kriminalist einen Einblick in die Strategien seiner Arbeit. Dabei geht er auf die Bereiche der Polizei selbst ein - d.h. den Aufbau der Kripo in seine Abteilungen, die verschiedenen Jobprofile – und demonstriert anhand von selbst erlebten Beispielen, die Vorgänge während eines Falles.

Einleitend beginnt der Kommissar mit dem alltäglichen Problem des nicht erkennenden Lügens. Er geht darauf ein, dass wir meist nicht in der Lage sind, Lügen zu erkennen und dass nicht nur er in seinem Beruf notwendigerweise Lügen durchleuchten muss, sondern wir normalen Menschen im Alltag auch unseren Nutzen daraus ziehen können. Daher erklärt Bindig die verschiedenen Formen des Lügens, damit sie „auf dem ersten Blick“ erkannt werden können. Er versucht dies anhand eines erlebten Beispiels abzuarbeiten, jedoch schweift er dadurch viel zu sehr vom eigentlichen Thema ab. Im Zentrum sollten die Anzeichen des Lügens stehen und nicht ein Flirt mit einer Frau, die er zur Kontrolle aus dem Verkehr gezogen hat. In diesem Augenblick versucht er literarisch zu erläutern, anstatt mit nüchternen Fakten. Für manche mag das die interessantere Variante sein, jedoch ziehen solche Menschen, die wissenschaftliche Bücher über Körperbeherrschung und Gestik gelesen haben, gar keinen Nutzen aus diesem Kapitel. Er erklärt nur oberflächlich, woran ein Lügner tatsächlich erkannt werden kann und kommt den diversen Büchern, die sich mit diesem Thema schon intensiv auseinander gesetzt haben, in keiner Weise nach.

Weiterhin betont er immer wieder im Laufe des Buches, das es wichtig ist, nicht in Schubladen zu denken und sich gedankliche Türen offen zu halten. Er erklärt, dass er möchte, dass der Leser Teil seiner Fälle wird und mit ihm gemeinsam die Täter findet. Jedoch gestaltet sich das schwierig, da der Blick des Lesers beschränkt ist. Der Kommissar gibt dem Leser nicht die Möglichkeit, eine Wahl zu fällen, wer der Täter ist, da er konsequent den Fall abhandelt und keinen Freiraum lässt. In seinem Buch geht er auf insgesamt fünf verschiedene Fälle ein, die er gelöst hat. Zunächst erklärt er dem Leser den Zusammenhang der Tat, die Tatverdächtigen und kommt direkt zur Pointe – dem Täter.

Interessant wäre jedoch in diesem Zusammenhang gewesen, vor dem großen Finale einen Schnitt zu machen, damit der Leser selbst grübeln muss, selbst Konklusionen bilden muss und anschließend ein Erfolgserlebnis hat. Es wäre sinnvoll gewesen, verschiedene Täter zur Wahl zu stellen und den Leser entscheiden zu lassen, welcher es war und erst nach einem Bruch die Lösung zu verraten. Dies ist leider in diesem Buch nicht der Fall, wodurch der Leser auch wirklich nur der Leser bleibt und nicht zum Nachdenken überredet wird. Das ist schade, denn in seiner Einleitung betont er, dass „wir die Aussagen gemeinsam auswerten.“

Das Interesse des Lesers weckt er wiederum durch Aussagen zu Beginn wie „Das wird Ihre Aufmerksamkeit schulen“, „Ihre Umgebung aus einem ganz neuen Blickwinkel betrachten“, oder „Sie werden einige Überraschungen erleben!“. Der Autor steckt die Erwartungen des Lesers demnach von Anfang an sehr hoch. Doch hier scheiden sich nun die Geister: Die Leser, die noch gar keinen Einblick in die Arbeit eines Polizisten, in Körpersprache und Täterprofile haben, können in dem Buch einiges oberflächliches dazu lernen. Ob man im Alltag wirklich seinen Nutzen daraus ziehen kann, ist fraglich, aber für manche ist es sicher interessant, zu wissen, auf welche Kleinigkeiten geachtet werden können. Die Leser hingegen, die schon Werke von FBI-Agenten, Profilern etc. gelesen haben, werden in diesem Buch nichts Neues lesen und auch nichts Extravagantes finden.

Sprachlich gesehen befindet sich das Buch im normalen Rahmen. Er schreibt nicht wissenschaftlich, sondern alltäglich, baut sogar hier und da bayerische Akzente mit ein, die das Lesen unterhaltsamer gestalten.

Empfehlenswert ist das Buch jedoch trotzdem nur für Neulinge auf diesem Gebiet.

Autor:

Susanne Hahn aus Langenfeld (Rheinland)

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