Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran,

wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt (Gustav Heinemann)

Edith Schülemann Dez. 2011
46045 Oberhausen

Vincent TV GmbH "Menschen bei Maischberger"
Postfach 80419
10004 Berlin

Sehr geehrte Frau Maischberger,

da ich in Ihren Sendungen sehe, dass Sie so manche Problemthemen behandeln, möchte ich Ihnen heute auch meine Not ans Herz legen. Sollte Ihnen zeitlich keine Möglichkeit gegeben sein, sich damit zu befassen, bitte ich Sie um Weiterleitung an eine Stelle, von der sie vermuten, dass ich dort Gehör finde.

Ich bin jetzt 64 Jahre alt und seit meinem 11. Lebensjahr gelähmt. Im Jahre 1975 habe ich meine Tochter geboren, alleine großgezogen und sie ist ein froher, kluger und hübscher Mensch geworden und Justizsekretärin.
Da ich nun nicht mehr berufstätig sein konnte, musste ich nach einiger Zeit mein Auto an den Landschaftsverband zurück geben. Froh war ich deshalb, dass die Malteser, das DRK und die Arbeitersamariter einen Fahrdienst für Rollstuhlfahrer hatten und man zahlte pro Fahrt 3 DM, egal ob innerhalb der Stadt, oder in Nachbarstädte. Sie fuhren von morgens 8 bis abends 23 Uhr. So konnte ich mit meinem Kind zum Zoo, zum Traumlandpark, zur Gruga, zu Bekannten nach Essen und Mülheim, so oft ich wollte und die Fahrtkosten konnte ich noch beim Sozialamt einreichen zur Erstattung.
Dann bin ich viele Jahre so krank gewesen, dass ich nicht mehr fuhr. Als ich dann 2010 nach
Duisburg zu dem Frisör fuhr, der im Hause der Unfallklinik Duisburg ist und auf behinderte Menschen besonders eingestellt, wunderte ich mich schon, als der Fahrer sagte, ich bekäme eine Rechnung darüber. Damals wurden die 3 DM sofort im Behindertentaxi kassiert. Als dann die Rechnung kam, stand ich wie unter Schock, denn die Arbeitersamariter forderten von mir 79 Euro! Sie sagten dann, wenn ich das AG im Ausweis hätte, wären es „nur“ 45 Euro. Das müssen sie ja aber vom a.G. gewusst haben, denn Arztfahrten habe ich ja viel machen müssen und musste nie den Eigenateil zahlen. Bei der Grundsicherung ist jeder Betrag eine Belastung!

Ich habe dann alles unternommen, mich an die Ministerien gewandt, den Behindertenbeauftragten, Herrn Nagels, an den Lions-Club, Aktion Sorgenkind, VDK, DRK,
Malteser, Frauenbund, Verbraucherzentrale usw. Dann schrieb ich andere Städte an, wie das bei denen geregelt sei. In Duisburg ist es viel besser, da bekommt jeder eine Pauschale zum Fahren von 2000 Euro im Jahr.
Ich fühle mich nun, als hätte ich eine Fußfessel. Was wäre, wenn meine Tochter einen Unfall in einer anderen Stadt hätte und ich könnte nicht zu ihr? Was wäre vor allem aus ihr geworden, wenn sie als Kind nirgendwo hingekonnt hätte, weil ihre Mutter nicht fahren kann?
Sie säße heute beim Psychologen, statt Beamtin zu sein.
Man muss ja auch bedenken, dass ich nirgendwo hin könnte, wo Stufen zu überwinden sind.
Wenn man bedenkt, dass die Stadt die ABS mit knapp 40 000 Euro jährlich bezuschusst und es nur 42 Fahrberechtigte Rollstuhlfahrer gibt, was wird dann mit dem Geld gemacht? Denn viele fahren wegen Krankenhausaufenthalten nicht, oder selten.
Herr Nagels wollte ja von der Stadt wissen, wie viel Personen gefahren sind, in den letzten Jahren. Die Antwort: Man wisse es nicht!!!
Ich empfinde es als Nötigung in meinem miesen gesundheitlichen Zustand noch diese Kämpfe ausführen zu müssen. Nicht mal Wölfe lassen ihre verletzten Rudelmitglieder zurück Heinemann hat gesagt, man erkenne den Wert einer Gesellschaft, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder umgeht. Ich kann nicht mit Bussen fahren, weil mir dafür zu elend ist, meine eiternden Wunden die Kälte nicht vertragen, die Räder voller Matsche und kalt sind und ich habe niemanden, der mich begleitete.
So viel Gelder werden verschleudert und für wirkliche Not ist kein Geld da.

Ich hoffe, Sie nehmen sich meines Problems an
und grüße Sie herzlich

Edith Schülemann

Ich erhielt nicht mal eine Antwort!

Wisst Ihr nicht, ob Ihr nicht morgen schon die Hilfe der Mitmenschen braucht? Kämpft heute mit mir, dann braucht Ihr es nicht mehr, wenn Ihr selber hilflos seid!

Autor:

Edith Schülemann aus Oberhausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

5 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.