Warum ich morgen mit Borussia Dortmund fiebere

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„Vive le BORUSSIA DORTMUND!“
So ein richtiger Anhänger des beliebten Sports auf dem grünen Rasen bin ich ja eigentlich nicht. Auch wenn mein Vater sich früher sehr bemüht hat, die Lust am Fußball bei seiner kleinen Tochter zu wecken, indem er mich sonntags zu den Spielen des SV Baal von 1912 mitnahm und mir auch noch so geduldig das Geschehen auf dem Platz erklärte, ist der Funke nie so wirklich übergesprungen. Dass ich weiß, auf welchem Tabellenplatz sich die Borussen aus Mönchengladbach befinden, ist zwar mehr eine heimatkundliche Pflichtübung, aber egal ist es mir nun auch wieder nicht, ob sie sich jetzt in der 1. oder in der 2. Liga tummeln. Ein klein wenig hängt mein Herz auch an den Knappen von Schalke 04, was diese einem ihrer größten Fans, nämlich meinem verstorbenen Onkel Erich zu verdanken haben, dessen enthusiastische Sieges- und Niederlagenfeiern mich durch meine Kindheit begleitet haben.
Die Bundesligakonferenz im WDR 2 versüßt mir manchmal samstags unvermeidliche Putzaktionen, jedoch bei der Abseitsregelung gerate ich schon mal in eigentlich weiblich-untypischen Erklärungsnotstand.

Und da stehe ich nun in der Halle des Dortmunder Flughafens und nach und nach trudeln sie alle ein, die Stars der Borussia, jedoch nicht die aus Mönchengladbach, sondern die der Borussia aus Dortmund. Gut vorbereitet durch meinen Mann, der sich übrigens auch angeblich nicht sonderlich für Fußball interessiert, komischerweise jedoch immer weiß, wer wann gegen wen und wie gespielt hat, erkennen wir sogar die meisten von ihnen. Da schlendert Sebastian Kehl an uns vorbei, Metzelder, Reuter und Ricken kommen durch den Eingang, Koller und Lehmann tauchen auf, jedoch niemand schenkt ihnen besondere Beachtung. Keiner fällt sie an und will ein Autogramm, sie sind dort Menschen wie du und ich. Sehr zurückhaltend sind sie, gut angezogen, sie fallen optisch auf durch ihre dunkelblauen Sakkos und die Vereinskrawatten. Lediglich bei der Ankunft von Amoroso geht ein leichtes Raunen durch die kleine Schar der Fluggäste. „Hi, Marcio“, wird er von einigen begrüßt.
Ja, und dann geht sie los, die Sonderflugreise zur UEFA Champions League nach Frankreich, wo der AJ Auxerre gut vorbereitet auf den berühmten deutschen Gegner wartet.
Beim Einchecken lässt uns Matthias Sammer den Vortritt. Wir bedanken uns bei ihm freundlich dafür. Für uns sind die hinteren Plätze im Flugzeug reserviert, die Mannschaft sitzt vorn. Es geht sehr ruhig und leise zu. Respektvoll schauen sie alle, als der charismatische Michael Mayer als letzter einsteigt und jeden einzelnen Reisenden, auch die Journalisten und Gäste, per Handschlag begrüßt. Ich dachte, ich dürfe mir nun wochenlang die Hände nicht mehr waschen.

Nach einem 1 1/4stündigen angenehmen Flug mit gutem Frühstück landen wir unsanft auf dem Flughafen des malerischen Städtchens Auxerre an den Ufern des Flusses Yonne im Burgund. Da die Landebahn des kleinen Sportflughafens für unseren "Jumbolino" leider nicht lang genug ist, musste die Pilotin das angrenzende Feld zum Ausrollen nutzen, was dazu führte, dass die Landung zu einer ziemlich wackligen Angelegenheit wurde, was einigen der doch sonst so hart gesottenen Sportlern die Blässe ins Gesicht trieb.

Nachmittags hatten wir Gelegenheit, uns das attraktive Stadtbild von Auxerre anzusehen, welches von Fachwerk durchzogen ist und von der imposanten Kathedrale St-Etienne überragt wird.
Am Abend fuhren wir zusammen mit den Journalisten in einem Bus zum „offiziellen Abschlusstraining“ von Borussia Dortmund und konnten uns schon mal mit der Atmosphäre im Stadion „Abbé Deschamps“ vertraut machen. Das Training war eigentlich nur so eine Art „Schaulaufen“ und erinnerte mich eher an die Übungen einer Gymnastikstunde für Damen im gesetzten Alter als an ein hartes Fußballtraining.
Aber die gesamte Prominenz war vertreten und übte sich am Spielfeldrand in Smalltalk, was wohl der wichtigere Teil dieser Veranstaltung war.

Den nächsten Tag verbrachten wir wieder in der Stadt und konnten erleben wie liebevoll die französischen Fußballfans sich auf den großen Event vorbereitet hatten und dem Gegner quasi ihre Ehre erwiesen. Die Menschen waren in den Farben ihrer Mannschaft gekleidet und angemalt, die Geschäfte hatten ihre Dekoration entsprechend gestaltet. Die wenigen deutschen Gäste wurden überall zuvorkommend bedient und freundlich behandelt. Wir sahen weder Prügeleien noch Tumulte, im Gegenteil, der Inhaber eines Restaurants in der lieblichen Altstadt spendierte uns nach dem Essen eine weitere Flasche Wein, weil wir deutsche Fußballgäste waren!

Apropos Wein: Wegen der qualitativ anspruchsvollen Chablis-Weine wird die Stadt auch als „Weißweinkönigin am Ufer der Yonne“ bezeichnet.

Abends um 20.45 Uhr fand dann das große Ereignis statt: Das UEFA Champions League-Spiel AJ Auxerre – Borussia Dortmund. Die „Association de la Jeunesse Auxerroise“ gehört zu den Spitzenteams der Französischen Liga. Beeindruckend war für uns die Tatsache, dass der Trainer Guy Roux (64) zu diesem Zeitpunkt bereits seit 41 Jahren die sportlichen Geschicke des Vereins leitete (er ist übrigens erst 2005 nach 44 Jahren Trainerarbeit am Tag nach dem erneuten französischen Pokalsieg zurückgetreten).
Zum Spiel an sich will ich mich nicht äußern – mein Mann meinte, es sei ein Eierplätzchenspiel gewesen. Jedenfalls saßen wir in dem schnuckeligen Stadion auf reservierten Plätzen neben unserer Pilotin und dem Steward unter 19.000 weiteren Zuschauern und konnten miterleben, dass trotz des eingesetzten Staraufgebots die deutsche Mannschaft mit 0:1 durch ein Tor des Franzosen Benjani in der 76. Minute das Spiel verlor. Das war aber nicht tragisch, da die Borussia die Qualifikation vorher bereits in der Tasche hatte.
Danach wurden wir wieder mit dem Journalistenbus zurück in unser Hotel gebracht und am nächsten morgen flogen wir zusammen mit der Mannschaft zurück nach Dortmund.
Während des Rückfluges traute ich mich dann, das mir zuvor von meinem Azubi übergebene gelb-schwarze Borussen-Trikot samt Filzschreiber unter tatkräftiger Hilfe des Reiseleiters den Fußballjungs zu überreichen, damit sie sich darauf verewigen konnten. Ohne zu murren hinterließen sie alle ihre Unterschrift, wie sie da hießen Wörns, Kehl, Reuter, Metzelder, Koller, Ewerthon, Amoroso, Sörensen, Lehmann sowie Leonardo de Déus Santos Dedé usw.
Damit habe ich dann zu Hause einen echten Fan glücklich machen können.

Alles in allem war es ein interessantes Erlebnis, was dazu geführt hat, dass ich nicht nur ein Auge auf die Schalker und die Gladbacher werfe, sondern seitdem auch die Dortmunder ein wenig beobachte, was sich im Moment ja wirklich lohnt.

Ach übrigens, gekostet hat die ganze Geschichte nix, da war eben mal wieder so ein Gewinnspiel in der Zeitung gewesen….

Autor:

Birgit Schild aus Düsseldorf

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