Zusammenrücken ?! Die DEG und Ihre Fans

Zusammenrücken wollen sie, die Fans der DEG, ihre Mannschaft wieder nach vorne treiben! So zumindest lese ich es beim Fanclub 706 deren 2.ter Vorsitzender mein Erstgeborener ist. ( Stolz bin ich auf Dich mein Junge) und denke so zurück…. als ich im gleichen Alter war….

1975 war’s damals als mich meine Freundin Beate ins Stadion an die Brehmstraße entführte. Eishockey WM in Düsseldorf. „das beste Publikum der Welt“ so sagten es der russische Nationaltrainer Anatoli Tarassow und die Sportpresse, fair, sachkundig und enthusiastisch. Auch ich fühlte mich als ein Teil davon und war sofort Eishockeyfieber infiziert.

Die DEG spielte, man redete in der ganzen Stadt von den roten Teufeln der Brehmstraße.
Aus ganz Deutschland kam das Publikum um die Faszination Brehmstraße zu erleben. 11.500 Zuschauer fasste damals der Eistempel, Insider wissen dass es hin und wieder auch mal über 13.000 pro Spiel waren die diesen „Wahnsinn pur“ begeistert miterleben durften.

Bis zu den Knien standen wir in Konfetti und Paperschnitzeln, die Wunderkerzen schienen zahllos und der 20 Liter Einkochtopf voll Erbsensuppe war ebenso Normalität wie Tüten und Taschen voller Bierdosen. Kein Wunder: auch wenn wir unsere „angestammten“ Stehplätze hatten, trotzdem war es notwendig 4-5 Stunden vor Spielbeginn im Stadion zu sein. Man kannte sich, die Fans aus Bilk links, die Clique von Mannesmann hinter uns, vor uns die Jungs aus Rath… gewachsene Strukturen über Generationen hinweg. Väter nahmen ihre Jungs mit und die blieben Jahrzehnte dort…

Das letzte Jahr der legendären Tölzer Buam durfte ich noch miterleben, das Spiel bis kurz vor Mitternacht und rund 240 Strafminuten. „Holzhackerei im Eisstadion“ titelte die BILD darauf in ihrer Samstagsausgabe. Die Powis-Brüder aus Duisburg, die sich bis auf die Tribüne prügelten. Beifall für Berlin als unsere Jungs saumäßig spielten, bange Momente als Dick Decloe sich das Rückrat brach.
Köberle, Reif, Schneitberger, sie spielten noch ohne Helm, „unsere“ Mannschaft kämpfte mit Herz für Düsseldorf, und wir, die Fans, kämpften mit.

Rückstand? Nicht mit uns! Wir schrien die Jungs zum Sieg, das Publikum als ein Mann mehr auf dem Eis. Gegner Nauheim. 10 Minuten vor Schluß, die DEG 4:0 zurück, wir gaben alles und siegten 7:4. Kämpfe bis zur Erschöpfung, auf Biegen und Brechen. Für recht wenig Geld gaben die Spieler alles – fast alle gingen tagsüber einem Beruf nach.
Oft sah ich Köberle des Montag morgens in seinem kleinem Reisebüro am Rande der Altstadt, total kaputt und mit blau geschwollenen Augen…

Hi-Ha Holdaway skandierten wir zum Ende der Saison, die DEG war Meister. In den folgenden Jahren wurde das Eisstadion zur zweiten Heimat. Wir fieberten bei Auswärtsspielen, keine Übertragung im Radio oder TV, Antenne Düsseldorf gab es noch nicht, Handys auch nicht. Stattdessen saßen wir nachts im NT Treff an der Kö und starrten auf den Fernschreiber. Wir begrüßten und feierten unsere Mannschaft auch morgens um 2 Uhr, wenn sie nach Kampf und Sieg nach Hause kam. Nach den Spielen ging’s ins Stammlokal, früh um Eins dann zum „Sültenfuß“ oder anderen Vorverkaufstellen. In langen Schlangen warteten wir kaltgefroren auf die Ladenöffnung um 8 Uhr. Eine Stunde später war das Stadion ausverkauft!

Wir frühstückten nach durchreister Nacht mit den Fans in Riessersee, wagten die Fahrt nach Berlin durch den „eisernen Vorhang“ Lachen im Bus war auf der Transitstrecke ebenso streng verboten wie westliche Zeitungen. Und wir waren ehrlich und fair: war der Gegner besser erhielt auch er den verdienten Beifall.

Zusammenrücken ….
Ja mein Junge, eine tolle Idee. Hätte fast von mir sein können. Wird es gehen, wird es Erfolg haben und die DEG aus der Krise führen?
Krisen indes hat die DEG in den Jahrzehnten so einige überstanden. Aber was ist passiert, was lässt mich zweifeln?

Wir alle haben uns geändert, und mit uns die halbe Welt. Das bescheidene Düssel-Dorf wollten wir nicht mehr sein - und zeigten unsere Weltoffenheit. Das bekannte Heja Heja aus 10.000 Kehlen vor dem Spiel wurde ersetzt durch Sirtakiklang, das legendäre Wunderkerzenmeer der Fans durch die Pregameshow.
Immer mehr, immer besser… immer teuerer. Der Kommerz hielt Einzug in die Sportwelt.

Viele waren entsetzt als bei der DEG 1979 zwei Kölner verpflichtet wurden: Gerhard Kiesling als Trainer und Sohn Udo als knallharter Profispieler. Gut für die DEG – moralisch trotzdem zu damaliger Zeit bedenklich, - so etwas … für Geld..! Aber schon bald kamen überall die Profispieler für Geld, …. und gingen auch wieder für Geld.

Die Mannschaft wurde teuerer, die Eintrittspreise auch. Mehr Zuschauer mussten her um Geld in die nun leeren Kassen zu bringen. Tribünen wurden gebaut und Fans damit heimatlos. Dort wo sie seit Jahrzehnten standen befanden sich jetzt teuere Tribünenplätze und zerstörten den Stimmungskreis.

In der Zeit der Freizeit & Spaßgesellschaft haben wir gelernt zu fordern. Ganz nach dem Motto: wir haben bezahlt und wollen dafür Leistung sehen!!! Buh Rufe und Pfiffe, wenn es mal nicht ganz so klappt, haben Einzug ins das Stadionrund gehalten. Unschöne Sprechchöre und Wörter, die früher undenkbar waren, ebenfalls.

Es ist kalt geworden – nicht nur weil es ein Eisstadion ist.
Die Seele der DEG wurde 2006 zum ISS Dome befördert. Begleitet von über 3.000 Menschen. Noch nie habe ich so viele Männer weinen gesehen wie beim letzen Spiel an der Brehmstraße. Ich glaube wir haben alle gespürt: das war ein Abschied anderer Art. Erinnerungen, Miteinander, Herzblut und Leidenschaft wurden dem Kommerz geopfert.

Immer mehr, immer besser, immer toller!
Immer mehr erkennen wir die Sackgasse dieses Denkens.
Euer Denken in Ehren mein Sohn, aber es wird nur Sinn machen wenn ALLE wieder an einem Strang ziehen. Wenn die Fans für die Mannschaft da sind! Und die Cracks mit Herzblut für Fans, Verein und Ehre kämpfen!
Statt nur für das Geld für das sie gekommen sind...

Aber… irgendwo muss ein Anfang zur Umkehr sein. Vielleicht habt ihr ihn gemacht mit Euerem Fanprojekt. Das wünsche ich Euch, mir, uns allen und vor allen Dingen der DEG.
Nicht zu vergessen, auch die jungen Düsseldorfer Spieler sind vielleicht ein Schritt dorthin…

Meine persönliche Meinung:
Nur was im Sinne des Allgemeinwohls passiert ist wertvoll und wird Bestand haben. Nichts gegen Kommerz - aber wenn er zum Selbstzweck wird, anderen Menschen Schaden zufügt oder die Freude nimmt... dann ist Zeit darüber nachzudenken!

Autor:

Rene Krombholz aus Düsseldorf

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