Grüne Harfe in der BV

Eva Fendel vom Planungsamt hatte drei eindrucksvolle Modelle mitgebracht, die illustrierten, wie sich das Gelände an der Grünen Harfe mit eleganter Welle ins Tal stürzt. Eine auffällige Topographie mit stolzen 26 Metern Höhenunterschied, dazu verschiedenste Vorgaben des Moderationsverfahren, Artenschutz-Gutachten, zwei Quellbereiche, ein Bachlauf, Regenwassermanagement, eventuelle Bodendenkmäler, nicht zuletzt Wünsche des Investors Thyssen-Krupp, solch ein enges Korsett für die Planer will Frau Fendel selten erlebt haben.
Im Juli hatte der Rat die Aufgabe erteilt, planerisch tätig zu werden, die fünf Treffen des runden Tisches mit Inhaber, Politik und einer „sehr engagierten Bürgerinitiative“ erbrachten nach zahlreichen Gutachten mannigfaltige Vorgaben, die allerdings nicht gänzlich in den Ratsbeschluss einflossen. Die Infrastruktur stimme, nur bei den Kitas sei Nachholbedarf. Ratsherr Hanslothar Kranz brach eine Lanze fürs Bauen: „Die Bevölkerung in Werden ist begeistert! Endlich geht es los, die Schulen werden sich freuen, der Einzelhandel wird sich freuen.“ Kranz trieb aber die Sorge um die drohende Überlastung der benachbarten Straßen, gerade deswegen habe doch Thyssen-Krupp das an der Barkhovenallee liegende Gelände dazu gekauft, um dort die Zuwegung zu platzieren.
Die drei Varianten sollten nun zur Diskussion anregen. Die Ortspolitiker hatten sich schon reichlich Gedanken gemacht. Patrick Widmaier (CDU) fand schon, dass die Pläne Inspiration ausströmten. Andererseits bemängelte er die deutlich zu hohe Zahl der Wohneinheiten, begreife die vorliegenden Varianten als Vorschlag, der noch verändert werden könne. Die ausschließliche Verkehrserschließung über die Barkovenallee gefällt ihm besonders, lediglich den Spielplatz wünscht er sich zentraler. Das geschwungene Bild mit den fünf Stadtvillen am Eingang ist der CDU-Favorit, so könne man die bestehenden Wege durchs Gelände weitgehend erhalten. Doch Widmaier stellte knallhart klar: „Die Wohneinheiten unter 100 schrauben! Das Verkehrskonzept mit der Bebauung verbinden!“
Auch Daniel Behmenburg und seine SPD-Kollegen hatten intensiv hingeschaut, fanden aber das zweite Konzept überzeugender. Auch sie monierten, dass die beiden Zeitpläne, Bebauung und Verkehrskonzept, trotz eindeutiger Vorgabe des Zug-um-Zug-Verfahrens auseinander klafften. Und während die Behörde bei den etwa 100 Wohneinheiten eine Abweichung von 12 Prozent nach oben erwäge, könne er sich durchaus eine Abweichung von 12 Prozent nach unten vorstellen.
Gerald Janke (Linke) hielt fest, dass ihm alles zu schnell gehe, er keinen Grund sieht, jetzt „alles übers Knie zu brechen“. Zusätzliche Einliegerwohnungen könnten durchs Hintertürchen die Wohneinheiten hoch schrauben, die angeblich so großzügigen Grundstücke würden sicherlich noch mit Stellplätzen oder Garagen bepflastert, und dann „sieht es nicht mehr so nett aufgelockert aus!“
Auch Peter Maas von den Grünen favorisiert Modell Zwei, da es das einzige sei, wo die Vorgabe der mindestens 40 Prozent Freifläche eingehalten werde. Der Verkehrsabfluss über den Barkhorstrücken sei heikel, auch fehlten die entscheidenden Gutachten: „Wir wissen doch noch gar nicht, wie sich Verkehr und Bedarf entwickeln. Und wo bleibt Zug um Zug?“
Die FDP sieht laut Dr. Klaus Wetter die Lärmentwicklung unberücksichtigt, wünscht sich einen Bolzplatz auf dem Gelände, zukünftig weniger Amtsdeutsch in den Vorlagen, oder zumindest ein Glossar. Zudem stellte auch er fest, dass der zeitliche Ablauf klarer formuliert werden müsse, auch trotz gegenteiligen Rechtsgutachtens.
Eva Fendel klingelten sicherlich die Ohren, so viel Widerstand hatte sie wohl nicht erwartet. Man sei ja erst am Anfang, die Auswahl der Entwürfe erfolge doch im Sommer, zeitgleich mit der Vorlage des Verkehrskonzeptes, „wir sind da voll im Zeitplan!“ Das Aachener Büro Helmert habe erste Zählungen vorgenommen, bei Diskussionen säße immer ein Verkehrsplaner auf dem Podium, sinnvolle Anregungen würden selbstverständlich mit aufgenommen: „Das ist für uns gängiges Tagesgeschäft“.
Der parteilose Dr. Frank Roeser machte keinen Hehl aus seiner grundsätzlichen Ablehnungen des Bauvorhabens: „Ich sehe hier keine moderate Bebauung. Der ersten Farce wird die zweite drauf gesetzt. Was zurzeit in Fischlaken und Heidhausen gebaut wird, sprengt ja schon die Dimensionen. Das muss man doch im Gesamtzusammenhang sehen!“ Der streitbare Roeser brachte auch einen bisher vernachlässigten Aspekt ins Spiel: „Wie steht es mit den Bergschäden? In Heidhausen wurde tagesnaher Bergbau betrieben, das ist doch bekannt. In den Kaufverträgen ist bestimmt ein Passus Haftungsausschluss bei Bergschäden drin. Die armen Käufer!“
Bei der Abstimmung über die Offenlage, gleichzeitig mit dem Wunsch um Vertagung in den Mai, waren 15 dafür, die beiden Grünen Susanne Berger und Peter Maas dagegen, Dr. Roeser und Heidemarie Szech (CDU) enthielten sich.
Planerin Fendel konnte ihre Modelle wieder einpacken, war sichtlich froh, aus dieser Löwenhöhle halbwegs unbeschadet wieder heraus zu kommen. „Tja, wir sind unserem Ruf wieder gerecht geworden. Wir sind nicht einfach!“ rief ihr ein sichtlich amüsierter Dr. Bonmann hinterher.

Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung startet am 21. Februar. In der nahegelegenen Schule an der Jacobsallee werden die Pläne aushängen, am 6. März werden sie wieder abgenommen. Die „sündhaft teuren“ Modelle sind derweil bei den Planern im Deutschlandhaus zu bestaunen, die öffentliche Diskussion findet am Montag, 5. März, in der Aula des Werdener Gymnasiums statt. Die inständige Bitte der BV, doch diese Öffentlichmachung in den Mai zu verschieben, bis die Gutachten über das Verkehrsaufkommen in der näheren Umgebung sowie die INWIS-Studie des tatsächlichen Wohnraumbedarfs vorlägen, verhallte im zuständigen Ratsausschuss. Der ASP legte die von den Planern favorisierte Zeitschiene verbindlich fest.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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