Wenn Solar-Förderung in Subventionsgeilheit ausartet

16. November 2010
NRW, Goch

Eigentlich wollte ich bei den momentan günstigen Zinskonditionen nur die Finanzierung meines Eigenheimes neu ordnen, als mich die Bauspar-Beraterin auf eine Solar-Anlage ansprach.

Nach einem schulterzuckenden „Ich weiß nicht...“, von mir, ließ sie verlauten, dass sie einen Fachmann aus dieser Richtung „bei mir vorbeischicken wollte“. Bei den derzeitigen Förderkonditionen sei man schlicht dumm, wenn man die momentane Situation nicht ausnutzte.
Bisher hatte ich mich nie für den ganzen Solar-Kram interessiert, doch mir war in letzter Zeit aufgefallen, dass, insbesondere bei Bauernhöfen, das Geschäft richtig zu boomen schien. Das die ganze Maschinerie auch für mich zutreffen könnte, darüber hatte ich noch nie nachgedacht.

Schon nach wenigen Tagen meldete sich der Chef eine Solar-Firma aus Mülheim bei mir. Schnell machten wir einen Termin aus, der, auf Grund bevorstehender Kürzungen der Subventionen, recht zeitnah war. Von ihm erfuhr ich erst einmal, dass nicht alles „Solar“ ist, was sich auf den Dächern befindet. Man unterscheidet grundsätzlich:
Solaranlagen lassen sich nach dem Arbeitsprinzip und der gewonnenen Energieform in drei grundsätzliche Typen unterscheiden:
• Thermische Solaranlagen im kleineren Maßstab liefern Wärmeenergie im niedrigen Temperaturbereich hauptsächlich für die direkte Nutzung in Haushalten (z.B. Sonnenkollektoren, Solarkocher).
• Thermische Solarkraftwerke liefern ebenfalls Wärme allerdings im größeren, industriellen Maßstab und i. d. R. bei weit höheren Temperaturen. Die Wärme wird hauptsächlich in elektrischen Strom umgewandelt (z. B. Solarturmkraftwerk). Eine direkte thermische Nutzung z. B. für chemische Prozesse ist möglich.
• Photovoltaikanlagen liefern elektrische Energie (Gleichstrom), die i. d. R. über einen Wechselrichter ins Stromnetz (Wechselstrom) eingespeist wird. (Quelle: Wikipedia)

Foto: Privat, Dagmar Nickel-Kusch

Insofern kam für mich eine Photovoltaik-Anlage in Betracht. Bei die für mich infrage kommende Anlage von 7,2 kw hätte ich mit einer jährlichen Einnahme von wenigsten 2.500€ zu rechnen, bei 700 Sonnenstunden jährlich. Da die Anlage sich mit der Finanzierung nach Ca. 13 Jahren selbst abbezahlt, die Einnahmegarantie aber über 20 Jahre läuft, ist für die restliche Zeit mit einer hübschen „Zusatzrente“ zu rechnen. Bedenkt man nun noch, dass unmittelbar nach Inbetriebnahme die komplette Mehrwertsteuer erstattet wird (in meinem Fall eine nicht unerhebliche Summe) dann kommt man zu dem Schluss, dass man wirklich dumm ist, wenn man sich nicht so eine Anlage auf das Dach setzen lässt. Des Weiteren kommt hinzu, dass auch nach dem Ablauf der 20 Jahre natürlich weiterhin Strom produziert wird. Alle Anträge und alles, was dazu gehört, würden von der Firma übernommen, ich bräuchte mich um nichts kümmern!

Ich denke, es bildeten sich Dollarzeichen in meinen Augen aus, als ich das alles hörte...

Natürlich schloss ich sofort das Geschäft ab. Ein bisschen störte mich doch schon dabei, dass erst nach der Überweisung von 80% des Gesamtpreises die Anlage bei dem Hersteller bestellt würde und es dann 4 – 6 Wochen dauerte, bis die Anlage fertig gestellt sei und in Betrieb ginge. Doch so stand es in dem Vertrag und irgendwas ist ja immer...

In meiner Blauäugigkeit dachte ich nun, dass in allerspätestens 6 Wochen morgens ein LKW vorbei käme, ein paar Leute ausstiegen und abends würde ich Strom produzieren. Doch weit gefehlt! In dem Moment, wenn man das Geld überweist, ändert sich schlagartig die Position und man wird zum Bettler, der geduldig warten muss auf das Wohlwollen des Betriebes angewiesen zu sein scheint. Und je länger man wartet und immer wieder dort anruft und das Gefühl hat, man geht jemandem schlicht auf den Keks, umso mehr weicht die Euphorie dem Zorn.

Nach fast vier Wochen endlich sollte, auf Grund Lieferschwierigkeiten des Herstellers, zumindest schon mal die Unterkonstruktion der Anlage angeliefert werden. Da kein konkreter Zeitrahmen der Anlieferung genannt werden konnte, musste ich mir einen Tag frei nehmen.
Dann kündigten sich die Handwerker an, um das Gestänge zu montieren. Ein weiterer freier Tag war erforderlich. Auf Grund von Regenschauern musste die Aktion abgebrochen und auf den nächsten Tag verschoben werden. Also der nächste freie Tag, der genommen werden musste. Doch am nächsten Tag wartete ich vergebens, niemand meldete sich, kein Mensch war in der Firma zu erreichen. Erst abends bekam ich Bescheid, dass die Montage am nächsten Tag erfolgen sollte.

Endlich war das Gestänge der Unterkonstruktion fertig und die Hoffnung, dass das Projekt nun alsbald abgeschlossen werden könnte, zerschlug sich recht schnell. In der 7. Woche war es dann endlich so weit, dass die Module angeliefert werden konnten. Wieder ein freier Tag erforderlich, weil erneut kein Zeitrahmen der Lieferung genannt werden konnte.
Der überaus nette Lieferant jener Module erklärte mir dann später beim Kaffee, welcher Schmu teilweise mit dem Solar-Geschäft betrieben wird. Unseriöse Firmen schließen Verträge ab und lassen sich im Vorab sogar die gesamte Summe überweisen, um die Kunden dann monatelang hinzuhalten. Dass diese bereits für ihre Anlage monatliche Zahlungen leisten, interessiert hier nicht. Er kannte welche, die seit April auf ihre Module warteten, und kurz vor dem Nervenzusammenbruch stünden.
Da würden Verträge abgeschlossen und kassiert, obwohl gar nicht zu sagen ist, wann der Hersteller mit der Lieferung nachkommen kann. Bedenkt man z.B., dass eine kleine Anlage 25.000 € kostet und man 40 Verträge abschließt und sich vorfinanzieren lässt, so hat man mal soeben eine schlappe Million Euros flüssig, für die man vorerst keine Leistung erbringen muss außer die, den Kunden zu vertrösten.
Jedenfalls wurden die Module wenige Tage nach Anlieferung auf dem Dach unseres Hauses montiert. Dachte ich nun: ‚Jetzt geht’s los!!’, sollte ich mich täuschen. Denn die Wechselrichter, also jene Teile, die den erzeugten Strom in das Stromnetz einspeisen, waren noch nicht lieferbar und das sollte wieder ein paar Tage dauern...

Von der ersten Überweisung bis zur Inbetriebnahme vergingen über 8 Wochen. Eine unglaublich kurze Zeit, gemessen an dem, was ich während der Zeit zu hören bekam, wie die Wartezeiten anderer blauäugiger Stromproduzenten ausfiel!
Rückblickend muss ich sagen, dass ich noch richtig Glück hatte an einem Betrieb gelangt zu sein, dem Seriosität und Kundenzufriedenheit wichtig schien. Sie gaben sich Mühe, das war zu spüren. Nun, wo die Anlage läuft, ist der zeitweise Ärger längst verflogen und geradezu von Spannung erfasst, stehe ich vor der Strom-Produktions-Anzeige, sobald die Sonne draußen hervorkommt. Ich denke, ich hatte alles richtig gemacht. Die vielen Nerven, die das Projekt gekostet hatte, der Zorn und die Überraschungen der vielen Wege zur Finanzierung, Notar, Gewerbeamt und, und und..., entschädigten schließlich...

Jetzt, nachdem ich mich mit der Sache im gesamten Umfang befasst habe, wurde mir erstmal bewusst, welch immense Summen hier vom Gesetzgeber für die Förderung von Solarstrom und Photovoltaik-Anlagen bereitgestellt werden oder besser gesagt, die der Stromkunde mit jedem Kilowatt, das er verbraucht, durch den Öko-Aufschlag bezahlt.

Angesichts der Tatsache, dass in den großen Städten kaum jemand ein Eigenheim besitzt, also nie die Chance bekommt, an diese Subventionen zu gelangen, er die Förderung jedoch mit dem Strompreis mitbezahlt, fällt hier eine Ungleichheit der Verteilung auf. Auf dem Lande oder an Randgebieten haben halt Jene ein Eigenheim, die ohnehin meist finanziell besser gestellt sind. Insofern werden somit die etwas Wohlhabenden durch jene Armen subventioniert, die sich kein Eigenheim leisten können.

Irgendwie nicht richtig...

Hinzu kommt noch, dass hier regelrecht ein Kontrollverlust droht, der einen leicht befallen kann und sich die Subventionsgeilheit durchsetzt. Hätte ich mehr Dachfläche so glaube ich, auch die hätte ich genutzt, weil ich das Ganze ja mehr oder weniger geschenkt bekomme und mit jeder Solarzelle meine spätere „Zusatzrente“ steigen würde.
In meinem Bekanntenkreis ist bei einem Solaraspirant dieser Zustand schon dadurch von Weitem sichtbar, als dass die Module wohl über einem halben Meter über das Dach hinausragen! Also wurde noch mehr draufgepackt, als der Platz eigentlich hergibt! Es ist zwar nicht mein Dach, doch versicherungstechnisch hätte ich bei dem nächsten wirklichen Sturm so meine Bedenken. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das versicherungsmäßig geschützt ist, so dumm kann doch keine Versicherung sein, die das absichert.

Ein anderer Bekannter, ein Landwirt hat alle Gebäude, die sein Anwesen hergibt, mit Module zugepflastert. Und weil das wohl noch immer nicht zu reichen scheint, wurde das Dach über dem Dach noch wohl um anderthalb Meter verlängert. Wir hatten hier an unserem Ort dieses Jahr im Sommer einen Tornado. Und ob seine selbstgebastelte Konstruktion so einem Tornado standhält, da hege ich heftige Zweifel. Aber auch das ist nicht mein Dach...

Insofern wird die von mir beschriebene Subventionsgeilheit vom Gesetzgeber geradezu gefördert durch schwindelerregende Förderung. Und durch diese Förderungen wird eine ganze Branche und einige Wenige, die die Rahmenbedingungen haben, steinreich.

Irgendwie auch nicht richtig...

Ich habe meine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und bin zufrieden darüber. Doch irgendwie umspült mich neben der Zufriedenheit auch ein bitterer Beigeschmack. Natürlich ist es gut, dass die Energie der Sonne genutzt und dadurch zudem noch CO2 eingespart wird. Und es ist auch gut so, dass sich ein Eigenheimbesitzer dieses zu Nutzen machen kann. Doch hätte man nicht Obergrenzen schaffen können, womit eine Eskalation der Anlagen ins Gigantische unterbunden werden sollte? Und zwar so, dass jemand, der sich das Ganze nicht leisten kann, dem Anderen gegenüber nicht neidisch werden muss..? Sicher, ab einer gewissen Größe der Anlagen ist eine Förderung wohl geringer gehalten, aber reicht das aus? Ich glaube, eher nicht. Die Subventionsgeilheit wird weitergehen so lange auch Maßlosigkeit gefördert wird. Abgesehen davon, dass auch noch alternativ weitere, naturgegebene Energien zur Verfügung stehen...

Foto: Annamartha, Pixelio, zur Veröffentlichung freigegeben

Autor:

Kurt Nickel aus Goch

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