Die Flaschenpost

Es ist Sommer! Endlich Urlaub! Es ist sehr warm und nur eine
leichte Brise macht die Hitze erträglich.
Wir sind am Strand in Jütland und genießen unsere Ferien.
Wir, das sind meine Frau und unsere beiden Mädchen, 8 und 9
Jahre alt. Ich liege im warmen Sand, meine Frau schwimmt in
Sichtweite im Meer und die Kinder laufen am Strand entlang.
Ich muss wohl eingenickt sein, denn plötzlich werde ich von
dem lautem Rufen meiner Töchter hoch geschreckt.
„Papi, Papi, schau mal was wir gefunden haben!“
Stolz halten sie mir eine alte Flasche vor das Gesicht.
„Papi, da ist was drin. Es sieht aus wie ein Stück Papier“, ruft
Julia, die ältere.
„Oder es ist ein Flaschengeist“, hofft Andrea, die andere.
Richtig erkennen kann man es jedenfalls nicht.
„Wir machen die Flasche auf“, entscheide ich und greife
zu meinem Taschenmesser. Vorsichtig schneide ich die
Versiegelung auf und entferne den Korken aus dem
Flaschenhals.
Durch etwas rütteln und schütteln kommt tatsächlich ein
gerolltes Stück Papier zum Vorschein. Es sieht schon etwas
vergilbt aus und fühlt sich brüchig an. Ein kleines Band hält
das Papier zusammen. Ich entferne das Band und schaffe es
ohne Probleme den Zettel zu entrollen.
Tatsächlich, da steht etwas geschrieben. Es ist schwierig zu
lesen, da die Schrift ziemlich verblichen ist.
„Papi, was steht da?“ wollen meine Beiden wissen
Ich versuche die Schrift zu entziffern. „Biarritz 1980“ kann ich
einigermaßen lesen, aber dann wird es schwierig. Mühsam lese
ich: „Ich heiße Hans-Jürgen“.

„Oh, Papi, der heißt ja genau wie du“, staunt die Andrea.
„Tatsächlich, aber Hans-Jürgen gibt es viele“, erwidere ich und
buchstabiere weiter.
„Wer das liest, kann mir ja mal schreiben!“ steht da in
kindlicher Handschrift. „Wir sind hier im Urlaub und leben in
Deutschland!“
„Au ja, das machen wir. Gibt es eine Adresse?“ wollen Julia
und Andrea wissen“.
Ich versuche die Adresse zu erraten. „Das könnte Hamburger
Strasse heißen. Ja und die Stadt ist Düsseldorf“.
Ich lese die Adresse noch einmal laut vor.
„Das ist ja deine alte Anschrift“, staunt meine Frau,
inzwischen aus dem Wasser zurückgekehrt ist und sich zu uns
gesellt hat.
„In der Tat, das stimmt wirklich“, bestätige ich.
„Lasst mich mal nachdenken. Ja, ich glaube mich zu erinnern,
das ich mal in Biarritz in den Ferien gewesen bin. Ich habe es!
Ich erinnere mich hundertprozentig. Bei einer Bootstour mit
meinem Vater habe ich eine Flaschenpost ins
Meer geworfen. Ich erkenne meine Schrift.
Wisst ihr was? Ihr habt meine eigene Flaschenpost gefunden.
Das ist ja ein Ding! Meine eigene Flaschenpost!“
Es folgt ein riesiges Durcheinander, aber alle sind der
Meinung, das muss gefeiert werden – bei einem großen
Flaschenpost-Eis.

Autor:

Peter Hor aus Langenfeld (Rheinland)

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