Gevelsberger Unternehmer leidet an Parkinson - und hat Hilfe eines 16jährigen
Immer wieder durchstarten!

Norbert Schubeis und Pascal Vogelgesang am 3D-Drucker. Die beiden interessieren sich für Technik, Autos, Billard und Tischtennis. Foto: Pielorz
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Der Gevelsberger Unternehmer eines aluminiumverarbeitenden Betriebes, Norbert Schubeis (59), leidet an der Parkinson-Krankheit. Diagnostiziert wurde sie bei ihm mit 46 Jahren, doch eigentlich begleitet sie ihn bereits seit seinem 20. Lebensjahr. Hilfe hat er seit gut einem Jahr von seinem Nachbarn, dem 16jährigen Pascal Vogelgesang. Doch die beiden sind mehr als Patient und selbstloser Helfer – sie sind Freude.
„Mit 19 Jahren Ende der siebziger Jahre habe ich schon gemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmt. Aber die Ärzte konnten das Zittern meiner Hände nicht zuordnen, denn damals glaubte man, Parkinson sei eine Krankheit, die man erst im fortgeschrittenen Alter bekommen könnte“, erzählt Norbert Schubeis und erinnert an den amerikanischen Schauspieler Michael J. Fox (57), der seine Parkinson-Diagnose 1991 mit 30 Jahren bekam und sie sieben Jahre später öffentlich machte. Der Alltag stellte Norbert Schubeis schon damals immer wieder vor Probleme: zwei Gläser tragen - unmöglich. Einen Tanzkurs mit seiner damaligen Frau absolvieren – nicht machbar. Nur eine Diagnose gab es damals noch nicht. Erst 2005 stand sie fest: Medikamente halfen ihm – zumindest zeitweilig und stundenweise. Bis heute. Die private Beziehung retten konnten sie nicht. „Ich war zweimal verheiratet, habe zwei 19jährige Töchter. Aber wer möchte schon gern mit einem Mann leben, der eben nicht immer so funktionieren kann, wie man das gerne hätte“, sagt er.
Norbert Schubeis hat gute und schlechte Tage, gute und schlechte Stunden. In guten Stunden ist der leidenschaftliche Autofahrer immer noch gerne mit dem Fahrzeug unterwegs, macht gerne Besuche. „Früher bin ich auch Motorrad und später Roller gefahren. Aber Zweiräder fahren, das geht leider nicht mehr“, erzählt er. Doch mit dem Auto durch die Gegend fahren, das ist machbar. Mindestens zeitweilig. Die Technik fasziniert und interessiert ihn – nicht nur bei Autos. Computer zusammenbauen, auch das ist sein Ding. Und einen 3D-Drucker hat er sich gekauft. Seine eigenen Becher macht er damit oder Behälter für Kugelschreiber und Speicherkarten. Und für den Pappbecher mit dem heißen Kaffee hat er sich auch die passende Isolierung ausgedruckt. Das fasziniert auch den 16jährigen Pascal Vogelgesang. Der Nachbarsjunge ist mit seiner Familie 2015 in das Haus von Norbert Schubeis gezogen. „Erst hat meine Mutter ihm geholfen, aber dann habe ich ihn kennengelernt und wir haben uns angefreundet. Und mittlerweile helfe ich ihm“, berichtet der 16jährige, der die Förderschule Loher Nocken in Ennepetal besucht und ein Praktikum in einer Altenhilfeeinrichtung absolviert. Eine Ausbildung im Pflegeberuf, das kann sich der junge Mann gut vorstellen. „Kennengelernt haben wir uns aber über die Musik“, erzählt Norbert Schubeis. Beide hören gerne deutschen Rap. Über das Fachsimpeln kam dann das gemeinsame Basteln und Tüfteln am Computer. „Früher habe ich auch gerne geschraubt, aber eher an Autos. Da hatte ich von Computern wenig Ahnung“, erzählt Pascal. Ganz nebenbei entwickelte sich die Hilfe für Norbert Schubeis: Stützstrümpfe ausziehen, Tabletten anreichen, einen Strohhalm in ein Glas stecken oder einfach nur anwesend sein, wenn in der Nacht mal eine Panikattacke kommt und der 59jährige auf einen Notruf drückt und Pascal die Treppe hochgeht, um ihn zu beruhigen. „Nachts ist das manchmal so. Hängt davon ab, wie ich gelegen habe. Und wenn der Körper so steif ist und ich mich nicht bewegen kann, das ist nicht schön“, so Schubeis.

Trotzdem mitten im Leben

Neben der Parkinson-Erkrankung kämpft der Gevelsberger auch mit den Symptomen einer bipolaren Störung: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – allgemein kann man damit seinen Gemütszustand beschreiben. „Es ist halt so wie es ist“, sagt er und erzählt über die Dinge, die er gemeinsam mit Pascal unternimmt. Billard und Tischtennis spielen sie beispielsweise. Der 16jährige unternimmt gerne etwas mit Norbert Schubeis. Geld bekommt er übrigens für seine Hilfe nicht. Aber mal ein Geschenk. „Wir sind Freunde. Da schenkt man sich mal was. Ich mache das gerne“, sagt der Ältere. Er weiß nur zu gut, wie wichtig die Beziehung zu Pascal ist. Und der fühlt sich gebraucht. „Auch die Schule findet gut, was ich tue“, sagt er. Die Loher-Nocken-Schule ist eine private Förderschule mit den Schwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung und Lernen in Ennepetal-Voerde. Zuständig für den gesamten Ennepe-Ruhr Kreis werden hier zur Zeit etwa 80 Mädchen und Jungen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe I im Ganztagsbetrieb beschult.
Schubeis, eingestuft in Pflegegrad zwei, nimmt aktiv am Leben teil. „Ich kommuniziere gern, kann aber durch meine Erkrankung nicht mehr schreiben. Ich kann aber mit der linken Hand noch über eine Maus den Computer bedienen. 2014 habe ich noch drei Wochen Urlaub auf Kuba gemacht. Das hat gut funktioniert. Ich will mir auch noch ein neues Auto kaufen. Ich lerne gerne Menschen kennen und ich würde sehr gerne über meine Erfahrungen mit Parkinson und bipolaren Störungen berichten – vor Selbsthilfegruppen oder auch Studenten oder Auszubildenden. Ich glaube, ich habe viele Erfahrungen gemacht, die ich weitergeben kann.“
Wer Kontakt zu ihm aufnehmen möchte, kann dies am besten per Mail tun: schubeis@flutz.de

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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