Räumlich nah zusammen, doch durch Welten getrennt

Gabriele Wulfers war in Palästina
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Die Hattinger Lehrerin Gabriele Wulfers vom Gymnasium Waldstraße lebte für drei Monate in Palästina. In ihrem „Sabbatjahr“ nahm sie über Pax Christi teil an einem Begleitprogramm teil mit dem Ziel, zusammen mit weiteren international besetzten Helfergruppen vor Ort für eine Deeskalierung der Gewalt zu sorgen. Für den STADTSPIEGEL berichtete sie persönlich von ihren Erlebnissen. Jetzt ist sie zurück in Hattingen.

„Die palästinensische Bevölkerung, etwa 4000 Personen, die meisten Farmer und Schäfer, lebt hier unter ärmlichsten Bedingungen, ein deutlicher Indikator dafür ist der Wasserverbrauch: Mit 28 l pro Kopf und Tag steht nicht mehr Wasser zu Verfügung als in Krisengebieten wie Dafur im Sudan. Im Vergleich dazu liegt der Verbrauch in der Westbank insgesamt bei 73 l durchschnittlich, in ländlichen Gebieten Israels und den israelischen Siedlungen in den South Hebron Hills bei 211 l. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ein Minimum von 100 l/Kopf/Tag. Ganz im Gegensatz dazu verfügen die israelischen Siedlungen in diesem Gebiet, die nach internationalem Recht illegal sind und sich immer weiter in das Land der Palästinenser hinein ausdehnen, selbstverständlich über die normale Infrastruktur: Strom, Wasser, medizinische Versorgung, Kindergärten, Schulen, Straßen. Selbst die sogar nach israelischem Recht illegalen Outposts sind an die Wasser- und Stromversorgung angeschlossen“, berichtet Gabriele Wulfers.
Es ist nur ein Beispiel von den offensichtlich riesigen Unterschieden zwischen der palästinensischen und der israelischen Bevölkerung, die zwar räumlich zusammen leben, aber sonst keine Gemeinsamkeiten haben.
„In einer Gefahrensituation habe ich mich nie befunden“, sagt die Hattingerin. Alle multikulturellen Teams hätten ihre Aufgaben der Beobachtung und Begleitung erfüllt und durch ihre Anwesenheit den internationalen Druck erhöht und gleichzeitig vor Ort nur durch ihr Dasein für mehr Sicherheit gesorgt. „Wenn es diese internationale Beobachter nicht geben würde, dann glaube ich, dass die Situation noch viel schlimmer wäre.“
Sie macht keinen Hehl daraus, dass nach ihren Beobachtungen die Aggressionen von der israelischen Seite kommen und nicht von den Palästinensern. „Die Schulkinder wurden mit Steinen beworfen. Manchmal wurden die Zisternen einfach vergiftet. Und immer wieder kommt es zu Zerstörungen notwendiger Einrichtungen und Zelte.“
Dabei ist eines klar: es liegt nicht am Geld. „Hilfsorganisationen, die hier vernünftige Häuser bauen würden, damit die Palästinenser nicht mehr in Zelten leben müssten, gibt es genug. Aber es gibt keine Erlaubnis dazu seitens der israelischen Behörden. Und auch die Zeltlösung ist schwierig. So gibt es Orte im Westjordanland, in dem das Rote Kreuz keine Zelte mehr verteilt, weil diese immer wieder zerstört wurden.
Für die Beobachterin aus Hattingen soll die Lebenssituation für die Palästinenser so schwierig wie möglich gemacht werden, um die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat zu bewegen. „Ursprünglich sollte ein Staat Palästina entstehen aus den verschiedenen Areas heraus. Es gibt eine internationale Einigung darüber, dass die israelischen Siedlungen hier illegal sind. Aber es passiert nichts. Und die Palästinenser wollen und werden ihr Heimatland nicht verlassen. Wir haben aber nichts anderes als die Menschenrechte, nach denen wir alle leben müssen. Es bleibt nur die Hoffnung, den Konflikt irgendwann lösen zu können.“
Auf jeden Fall soll der Besuch von Gabriele Wulfers nicht der letzte gewesen sein. Eines allerdings möchte sie dann können: Etwas besser die arabische Sprache sprechen und verstehen.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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