Werner Hassler: Brasilien ist nicht überall so schön wie am Strand

So wie hier Werner Hassler bei seiner Ankunft in Recife möchte wohl jeder gerne begrüßt werden. „Der stets freundliche Empfang durch das brasilianische Tanzpaar in der Ankunftshalle des Flughafens rührte daher, dass man sich nach so vielen Tagen gemeinsamer Arbeit im Airport einfach gut kennengelernt hatte“, erläutert der Hattinger.
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  • So wie hier Werner Hassler bei seiner Ankunft in Recife möchte wohl jeder gerne begrüßt werden. „Der stets freundliche Empfang durch das brasilianische Tanzpaar in der Ankunftshalle des Flughafens rührte daher, dass man sich nach so vielen Tagen gemeinsamer Arbeit im Airport einfach gut kennengelernt hatte“, erläutert der Hattinger.
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„Harte Zeiten“ im deutschen Sommer, die erlebt momentan bezogen auf die Fußball-WM in Brasilien wohl nur Werner Hassler. Nach vier Wochen Aufenthalt in dem Land, das mit einem grandiosen 7:1 der deutschen Elf nur ins kleine Finale katapultiert wurde, zeigt dort trotz dieser eiskalten Dusche fürs fußballerische Selbstverständnis der Brasilianer nach wie vor das Thermometer locker 32 Grad Celsius – und das mitten im Winter!

Na gut, neben Palmen und den immer wieder lockenden Stränden von Ipanema und Copacabana durften wir ja am Fernseher erleben, dass in Brasilien auch nicht immer nur eitel Sonnenschein herrscht. Werner Hassler, der war mittendrin – und holte sich eine fette Grippe.
Inzwischen ist der Schüttelfrost überstanden, das Fieber weg und er kann bei seinem Besuch in der STADTSPIEGEL-Redaktion schon wieder ein wenig lästern: „Ganz schön harte Zeiten habt ihr hier in Deutschland. Bei dem Sommer hier, da muss ich ja richtig frieren!“
Sommer? Schwamm drüber. Werner Hassler wollte ja auch eigentlich für uns ein Resümee seines Aufenthalts im Land der (enttäuschten) „Canarinhos“ ziehen. Wie in den vier Wochen seines dortigen Aufenthaltes auch immer wieder im STADTSPIEGEL berichtet, war der „gelernte“ Bus-Unternehmer dort für ein bundesweit agierendes Reiseunternehmen als Organisator des Shuttlebetriebs zwischen den jeweiligen Stadien für die deutschen Fans zuständig.
Entgegen früherer ähnlicher Tätigkeiten etwa bei der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine sowie der Fußball-WM in Südafrika hatte er jedoch kaum Zeit, um mit Fans zu feiern oder gar mehr als zwei Spiele live im Stadion zu erleben.
„Ich hatte einen gefühlten 26-Stunden-Tag und mächtig viel Stress“, erzählt Werner Hassler. „Vieles von dem, was wir vorher mit unseren Subunternehmern vereinbart hatten, wurde einfach nicht eingehalten oder kurzfristig geändert. Da galt es viel zu improvisieren. Dadurch habe ich das Land an sich nicht so ,schmecken‘ können wie beispielsweise Südafrika.“
Dennoch durfte er natürlich in den knapp 30 Tagen dort einiges sehen und erlebend – auch wenn ihm nicht alles gefallen hat: „Wenn man von den wirklich ordentlichen und breiten Hauptstraßen abbiegt in die Nebenstraßen, dann sind die selten befestigt, es gibt Löcher im Belag aus Schotter oder Lehm, Grasbüschel wachsen, Gulli-Deckel fehlen, Stromkabel hängen einfach so herum.“
Aber es gibt ja auch noch die andere Seite, die aus den Tourismus-Führern: schöne Strände, die sich kilometerlang hinziehen, gesäumt von sich in der Meeresbrise wiegenden Palmen. Nicht zu vergessen die sprichwörtliche Lebensfreude und Hilfsbereitschaft der Brasilianer.
Nicht zu sehen ist hingegen das, was Werner Hassler so beschreibt: „Neben den Stränden führen mehrspurige Autostraßen entlang, auf deren anderer Seite Hochhäuser, Hochhäuser und noch einmal Hochhäuser stehen. Überfälle sind an der Tagesordnung und die meisten Städte stinken wie Kloaken. Ausnahmen sind da Salvador und Olinda, ein kleinerer Ort bei Recife. Dort ist es wirklich wunderschön, viel Live-Musik und gutes Essen. So lässt es sich aushalten.“
Anderswo käme man aus dem Hotel (ein Hochhaus), müsse über eine breite Straße zum Strand. Dort stünde eine Bar neben der anderen: „Das ist Ballermann hoch drei und unglaublich, was da an Bier und Caipirinha umgesetzt wird. Da trifft man momentan nur Fußball-Fans.“
Und die sind auch ganz schön im Stress: Riesige Strecken haben die – in erster Linie nach Werner Hasslers Erfahrungen Individualreisende – hinter sich zu bringen. Wer beispielsweise der deutschen Mannschaft von Recife nach Porto Allegre hinterher wollte, der musste 4.500 Kilometer überwinden – in etwa so eine Strecke wie von Moskau bis Malaga in Südspanien.
Fliegen ist da in jeder Hinsicht das günstigste Verkehrsmittel. Außer in Zeiten einer Fußball-WM. Nach Werner Hasslers Erfahrung, der schon viele Male in Brasilien weilte, erhöhten sich die Flugpreise – wie viele Dinge des täglichen Lebens auch – teilweise bis aufs Dreifache.
Sein persönlich schwärzester Tag in Brasilien war der beim Spiel Deutschland gegen die USA. Werner Hassler: „Mit vollbesetzten 15 Fan-Bussen wollten wir vier Stunden vor dem Anpfiff in der Arena Pernambuco von Recife losfahren. Das sollte für die rund 25 Kilometer von den Hotels wohl ausreichen. Aber seit der Nacht hatte es pausenlos geschüttet, Straßen waren überflutet, Unterführungen unpassierbar. 13 Uhr war Anstoß und unser letzter Bus erreichte wegen der vielen Umleitungen und Sperrungen um 12.50 Uhr gerade noch rechtzeitig das Stadion. Sonst wäre es vor allem für die Fans, aber auch für uns zum Super-Gau gekommen. Da wird selbst so ein alter Hase wie ich nervös. Außerdem war dies der Tag, an dem ich mir meine Grippe geholt habe.“
Die hat letztlich auch dafür gesorgt, dass Werner Hassler gerne seinen Platz mit einem Praktikanten getauscht hat. Gegen Ende der WM wurde nämlich der „Vor-Ort-Kader“ des Reiseunternehmens aus Kostengründen verkleinert: „Ich hätte noch bleiben und mir das Endspiel ansehen können. Aber ich war richtig geschafft, so aufreibend war diesmal mein Job. Da habe ich auch wegen der Grippe in meinen Knochen eben meinen Platz überlassen, worüber sich der junge Mann riesig gefreut hat.“
Auch wenn Werner Hassler sich fast mit ein wenig Entrüstung in der Stimme „momentan überhaupt nicht vorstellen“ kann, sich jemals wieder eine solche sportliche Großveranstaltung hinter den Kulissen „antun“ zu lassen, kommen ihm plötzlich die Olympischen Spiele 2016 in Brasilien in den Sinn und seine geknüpften Kontakte dort. Also rückt der Hattinger etwas zögerlich mit den Worten heraus: „Wenn ich allerdings so auf Olympia schiele, vielleicht kommt mir ja wieder eine gute Idee und – wer weiß – vielleicht bin ich in zwei Jahre ja doch wieder dabei...!“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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