Ein Beruf mit ganz viel Bauchgefühl

Sind so kleine Hände... Die Hebamme ist hautnah dabei, wenn Mama und Baby sich ganz nah kommen.
  • Sind so kleine Hände... Die Hebamme ist hautnah dabei, wenn Mama und Baby sich ganz nah kommen.
  • hochgeladen von Daniela Hoppes

Kein Beruf wie jeder andere: Hebamme. „Dafür muss man schon geboren sein“, schmunzelt Inga Kersting, und spricht damit stellvertretend für alle Hebammen in Recklinghausen. Denn eines haben sie gemeinsam: Die Liebe zum Beruf, der so vielschichtig ist wie kaum ein anderer.
Besonders Frauen, die das erste Mal schwanger sind, wissen gar nicht, was eine Hebamme so alles für sie leisten kann: „Eine Hebamme begleitet nicht nur die Geburt; sie ist auch vorher und nachher für die Mama und das Baby da.“ In medizinischer Hinsicht, aber auch in allen seelischen Fragen. „In gewisser Weise ist man auch Freundin in dieser aufregenden Zeit“, so die 31-Jährige. Und das quasi rund um die Uhr. „Da muss auch der Partner mitspielen, wenn man jederzeit erreichbar sein muss“, schmunzelt sie.
Seit acht Jahren arbeitet die quirlige junge Frau nun als Hebamme, deren Arbeit schon lange vor dem großen Moment der Geburt beginnt. Schon bei der Schwangerschafts-Vorsorge können Hebamme und werdende Mutter sich kennenlernen. „Man kann zum Beispiel die Hebammen-Besuche im Wechsel mit den Besuchen beim Gynäkologen kombinieren. Beide arbeiten hier Hand in Hand“, erklärt sie. Die Hebamme kann – bis auf den Ultraschall – die gleichen Untersuchungen durchführen wie der Frauenarzt, sogar die Blutuntersuchungen. Und dabei kommt sie auf Wunsch ganz bequem zu der Schwangeren nach Hause. „Diesen Service nehmen besonders viele in Anspruch, die bereits zum zweiten Mal schwanger sind, weil es einfach stressfreier ist, wenn man bereits ein Kind zu versorgen hat.“
Im Idealfall begleitet einen die Hebamme, die schon in vielen Momenten der Schwangerschaft Beistand geleistet hat, dann auch bei der Geburt. „Natürlich ist die Geburt der absolut größte Moment, nicht nur für Mutter und Vater.“ Aber besonders schön findet sie persönlich die Entwicklung, die danach stattfindet. „Vom ersten Besuch zuhause, wenn alles noch ziemlich chaotisch ist, bis zum letzten, bei dem man sieht, wie gut sich alles entwickelt hat und alles rund läuft. Dann kann ich glücklich gehen und die Familie sich selbst überlassen.“
In den ersten zehn Tagen nach der Geburt kommt die Hebamme gewöhnlich täglich zu Mama und Baby. Danach sind in den ersten zwei Monaten bis zu 16 Besuche möglich, die von der Krankenkasse übernommen werden. Medizinische Versorgung, Hilfe beim Stillen, erste Rückbildungsgymnastik oder das Wiegen des kleinen Wonneproppens sind nur die eine Seite der Arbeit einer Hebamme: „Ich bin für alle Fragen da, die auftreten. Vom Schlaf des Babys über das erste Baden bis hin zur richtigen Baby-Kleidung und seelischem Beistand.“ Denn die Wochenbett-Zeit ist zwar eine besonders schöne, aber auch anstrengende Zeit für für eine frisch gebackene Mama.
Und weil die gemeinsame Zeit eine ganz außergewöhnliche im Leben einer Frau ist, sollten Hebamme und Mama im Idealfall auch gut zusammen passen. Etwa zwischen der 20. und 25. Schwangerschaftswoche sollte man sich auf die Suche nach „seiner“ Hebamme begeben. Das „Bauch“-Gefühl sagt einem da schon, ob es passt. Und wenn das mal nicht der Fall ist, darf frau das auch jederzeit sagen. So muss auch nicht alles in Anspruch genommen werden, was angeboten wird. „Da sollten die Mütter auch ganz ehrlich sein“, empfiehlt sie. Dies gilt ebenso für die Vielzahl von Kursen, die vor und nach einer Schwangerschaft angeboten werden. Vorbereitungskurse, Yoga, Babymassage, Pekip, Babyschwimmen, Ernährungskurse - das kann einem schnell zu viel werden, wenn das Leben ohnehin schon Kopf steht. Da sollte man sich einfach das raussuchen, was einem selbst wichtig erscheint und woran man Spaß hat. Wenn es zuviel wird, bringt es schlichtweg nichts: „Abgehetzt zur Babymassage erscheinen wird auch dem Baby nicht viel Entspannung bringen!“ Der beste Tipp überhaupt sei, einfach zu akzeptieren, dass man als junge Mama nicht perfekt sein kann und dass dies auch niemand erwartet. Ein Kurs sei allerdings „Pflicht“: Die Rückbildungsgymnastik. Sport überhaupt, so Inga Kersting, sei einfach unverzichtbar: „Schwimmen zum Beispiel ist zum Beispiel ganz wunderbar.“ Wer sich schon in der Schwangerschaft zu sportlicher Betätigung aufrafft, würde auch mit einer leichteren Geburt belohnt.
Ebenso gehören Homöopathie und Akkupunktur zum Repertoire vieler Hebammen. Hiermit können Schmerzen gelindert, Ängste gemildert, Entspannung gefördert und sogar Ödeme behandelt werden. Eine gute Beratung hilft einer werdenden Mutter, die richtigen Entscheidungen zu fällen. Deshalb rät Inga Kersting: „Einfach mal Kontakt aufnehmen. Wir beraten, geben Tipps und kennen die Ängste einer werdenden Mama ganz genau.“
Wenn dann Mama und Baby glücklich und wohlauf sind und der Abschied von der lieb gewonnenen Familie ansteht, fällt dies nach so viel intensiver miteinander verbrachter Zeit oft schwer. Aber ein Abschied für immer ist es in Recklinghausen ja nicht: „Ich treffe oft die Mütter wieder, wenn ich unterwegs bin. Und es ist ein so schöner Moment, wenn sie dann zu ihren Kindern sagen: Schau mal, das war deine Hebamme!“

Autor:

Daniela Hoppes aus Datteln

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