Furioses Tourfinale: Hosen-Heimspiel wurde zum Höhepunkt

Hosen-Frontmann Campino heizte den Fans ordentlich ein. | Foto: OV
  • Hosen-Frontmann Campino heizte den Fans ordentlich ein.
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Rund 1,5 Millionen Besucher, volle Häuser in über 40 Städten: Mit „Krach der Republik" haben die Toten Hosen die erfolgreichste Tour im deutschsprachigen Raum hingelegt, die es je gab. Das Abschlusskonzert in Düsseldorf geriet zum furiosen Finale.

Gruppenplausch, Wegebier, Vorfreude. Über dem üblichen Samstagabend-Bahnsteig-Szenario liegt heute eine besondere Atmosphäre. Das Konzert der Toten Hosen wirft bereits bei der Anreise jenseits der Stadtgrenze seine Schatten voraus.

Eine bunte Mischung von Menschen macht sich auf den Weg. Nicht bunt in Sachen Haarfarbe, wie es früher bei entsprechendem Anlass der Fall gewesen wäre, sondern im Hinblick auf Alter, Stil und eigentlich alles Mögliche. Doch heute haben alle das gleiche Ziel: Mit den Hosen in deren „Wohnzimmer“ zu feiern.

Bunt gemischtes Publikum

In der Bahn wird „Malle ist nur einmal im Jahr“ angesungen, am Bahnsteig sieht man ein Che Guevara-Shirt, auf der Treppe intoniert eine Gruppe den „Onkelz“-Song „Mexico“. Lederkutten-Träger, Fans in DEG-Trikots und Damen in Abendgarderobe bilden zusammen einen nicht enden wollenden Strom Richtung Arena.

Dort heißt es statt der sonst üblichen Einlasskontrolle seitens des Ordnungsdienstes nur: „Einfach durchgehen, wir sind hier nicht beim Fußball.“ Eine mögliche Erklärung dafür, dass während des Konzertes immer wieder bengalische Fackeln inmitten der Menge gezündet werden können.

Als wir die Arena betreten, sind Madness bereits voll in Fahrt. Und die Urväter des Ska bringen die Massen bereits vor dem „Hauptprogramm“ richtig in Wallung. Der Refrain ihres Klassikers „Our House“ etwa erntet ein vieltausendfaches „in the middle of the street“.

"hier gehören wir hin"

Um 21.06 Uhr legen die Hosen los. Und zwar gleich in die Vollen. Mit „Ballast der Republik“ und „altes Fieber“ bringen sie die ausverkaufte Arena sofort zum Kochen. Dann erst folgen die Begrüßungsworte. Die Band sucht und findet von Beginn an die Nähe zu ihrem Publikum – und zu ihrer Heimatstadt. „Wir waren in Berlin, wir waren in Bayern, wir waren in Köln, aber hier gehören wir hin“, ruft Frontmann Campino voller Inbrunst, ehe er zum musikalischen „Auswärtsspiel“ ansetzt.

Bei „Tage wie diese“ setzt Konfetti-Regen ein - von der Inszenierung her der Höhepunkt der Show. Die Stimmung ist aber auch bei Songs wie „Pushed again“, „Bonny und Clyde“ oder „Hier kommt Alex“ nicht minder ausgelassen.
Ihr Song "Europa" über das Schicksal von Bootsflüchtlingen bekommt angesichts des Dramas vor Lampedusa traurige Aktualität. Und das persönliche „draußen vor der Tür”, das den Generationenkonflikt thematisiert, ist heißer Anwärter auf eine zeitlose Ballade.

Die Bandbreite der Band beeindruckt. „Das ist die einzige Band, die mich bisher in jeder Lebensphase berührt hat“, sagt Sabine, die auf dem Platz neben mir bei jedem Song begeistert mitgeht. Wie sehr auch Campino heißläuft, verrät allein seine Kleiderordnung. Trägt er zu Beginn noch einen grauen Schlabberpulli, kleidet ihn kurz darauf nur noch ein Unterhemd, ehe er oben herum blank gezogen hat.

Bei aller Ausgelassenheit – Stage-Diving hier, Pogo dort - ist die Band immer achtsam und unterbricht mehrfach kurz das Konzert, damit keiner in der tobenden Masse niedergetrampelt wird. Einen weiteren direkten Kontakt mit den Fans vollzieht die Band mit ihrem Standortwechsel auf eine kleine Bühne in der Mitte des Arena-Innenraums. Hier beweisen sie auch dem letzten Skeptiker: Sie sind immer noch die "Jungs von der Opel-Gang".

Schulterschluss mit den Fans

Den Zugabe-Wünschen beugen sie sich bereitwillig mit dem Hinweis: „Wir haben nicht mehr viel anderes vor heute.“ Keine Frage: Die Hosen haben genau so viel Bock auf ihr Publikum wie umgekehrt. Man singt, man feiert gemeinsam. Zurück auf der Hauptbühne, es ist bereits kurz nach 23 Uhr, hüpft die ganze Band. Von Tourmüdigkeit oder gar Alterserscheinungen keine Spur.

Um 23.14 kommt Campino im Fortuna-Trikot auf die Bühne und wendet sich „dankbar für die geile Zeit“ noch mal an die Fans. Es klingt ehrlich, wenn er sagt: „Ihr macht uns den Abschied verdammt schwer. Der „Abschied“ heißt: Zwei Jahre Tourpause. Wohlverdient, aber schwer vorstellbar.

Die Zugabe der Zugabe ist das „Wort zum Sonntag“. Dann ist Feierabend – nach satten über zweieinhalb Stunden intensiver Show. Ein großer Abschluss einer großen Tour: Eine Band auf dem (bisherigen) Höhepunkt ihres Schaffens, an ihrem Ursprungsort, im Schulterschluss mit ihrer großen heterogenen Fangemeinde.
Ein Fan-Dialog auf dem Bahnsteig fasst den Abend zusammen: Er bringt gerade noch heiser heraus: „War’n schönes Konzert“, sie: „Hört man dir an.“

Autor:

Mark Zeller aus Duisburg

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