Dreikönigstreffen des NRW-Handwerks bestätigt kulturelle Wertschöpfung durchs Handwerk

Die WGZ-Bank bot bereits zum 26. Mal den Rahmen für das traditionelle Dreikönigstreffen des NRW-Handwerks. | Foto: Handwerkskqammer, Wilfried Meyer
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  • Die WGZ-Bank bot bereits zum 26. Mal den Rahmen für das traditionelle Dreikönigstreffen des NRW-Handwerks.
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Rund 300 Teilnehmer verfolgten am 13. Januar beim mittlerweile 26. Dreikönigstreffen des NRW-Handwerks in der Düsseldorfer WGZ-Bank unter der Moderation von Dr. Günther Nonnenmacher, Herausgeber der FAZ, eine lebhafte Podiumsdiskussion zum Thema „Mehr als Wirtschaft – Handwerk als Lebensform und Wertekosmos?!“. Unter den Gästen Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg, die stellvertretende Vorsitzende der Grünen im Landtag, Daniela Schneckenburger und zahlreiche ehemalige Landesminister wie Christa Thoben, Jochen Dieckmann, Lutz Lienenkämper und Dr. Helmut Linssen.

In allen Beiträgen kam zum Ausdruck, dass die Tugenden und Werte des Handwerks, die Werterhaltung auch für die nächste Generation und die Verantwortung für das eigene Tun wie auch für die Ausbildung des Nachwuchses als Vorbild für nachhaltiges Wirtschaften gelten können. Und damit hat das Handwerk die Finanz- und Wirtschaftskrise besser überstanden als die Industrie oder Finanzwirtschaft. Ein Erfolgskonzept, das auf den Säulen der Sozialen Marktwirtschaft steht.

Professor Schulhoff, Präsident des Nordwestdeutschen Handwerkstags (NWHT) sagte in seiner Begrüßung: "Handwerk ist für unsere Meister und Betriebsinhaber immer mehr als Wirtschaft und Profit. Handwerk, das ist eine Lebensform, ja eine Lebensphilosophie. Mit einem Wertekosmos, zu dem Verantwortungsbewußsein, Leistungsbereitschaft und Engagement für das Gemeinwohl ganz selbstverständlich dazugehören." Das Handwerk habe die Soziale Marktwirtschaft von Beginn an zu seiner eigenen Sache gemacht. "Weil wir gemerkt haben, dass diese Wirtschaftsordnung in geradezu idealer Weise zum Selbstverständnis unseres Wirtschaftszweigs passt." Und er stellte die Frage als Arbeitsthese: "Könnte es sein, dass der Wertekosmos des Handwerks all das liefert, was in Wirtschaft und Gesellschaft notwendig ist, um die genannten Krisen zu überwinden?"

Der Wirtschaftshistoriker Dr. Rainer Elkar (München/ Siegen) wies in seinem Referat darauf hin, dass bereits in der Antike die Vorstellung vom goldenen Boden des Handwerks entstanden ist. Handwerkliche Bildung habe bereits damals eine hohe Wertschätzung erfahren. In Umfragen zu Werten und Einstellungen des Handwerks werden die Lust an der Arbeit, Leistungsbereitschaft, Fleiß, Strebsamkeit und Lernbereitschaft genannt. Im Handwerk würden Werte erhalten, etwa wenn Reparaturen durchgeführt würden von Handwerkern, und nicht der Wegwerfgesellschaft Tribut gezollt. Elkar bestätigte, das Handwerk bilde einen „Wertekosmos“, bestehend aus den Merkmalen „Gebühr“ und „Anstand“.

Dr. Petra Erler, langjährige frühere Kabinettschefin beim EU-Kommissar für Unternehmen und Industrie Verheugen, bezeichnete das Handwerk als ältesten und stabilsten Teil der Wirtschaft. Die Unternehmen vor Ort seien kennzeichnend für die europäische Wirtschaft. Sie nannte als Beispiel u.a. Frankreich, in dem das Handwerk besondere Wertschätzung genieße. Das Handwerk sei Technologie- und Innovationsträger. Ohne die Benutzung von Werkzeugen hätte sich die Menschheit nicht entwickeln können. Und handgefertigte Produkte würden auch heute hoch eingeschätzt. Fazit des Moderators: Der Spruch „Small is beautiful“ stehe dafür, dass kleine Einheiten das ganze große Gebilde stabilisieren.

Dr. Jürgen Kaube, verantwortlicher Redakteur des Ressorts Geisteswissenschaften der FAZ, bekannte, dass ein Studium „nicht das A und O“ sei. Eine gute Lebensführung sei in der globalen Welt auch unterhalb des Akademikerstands möglich. Das Handwerk bewahre sich durch seine Vielfalt den Vorteil der Anpassungsfähigkeit. Das Bankgewerbe sei da „modeanfälliger“.

Malermeister Harald Schnitker aus Münster, stellte unter Beifall fest, dass das „Handwerk und alle angrenzenden Berufe den Laden in der Krise stabilisiert haben“. Handwerker seien Vorbilder, weil „wir Job und Beruf voneinander trennen“. „Die Sicherheit eine Sache richtig zu können, darin Meister zu sein, gibt mir Selbstvertrauen und Unabhängigkeit“, so Schnitker. Darauf müsse die Politik reagieren und sich international einstellen. „Teilen wir unsere Freude mit anderen. Ohne Zündung springt kein Funke über!“ Er forderte ein aktives, menschliches Beziehungsmarketing und ein Netzwerk mit vielen gleich gesinnten Berufsgruppen.

In der anschließenden Diskussion freute sich Kammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Thomas Köster über die vermehrte und zugleich positive Berichterstattung in den Medien, fragte aber gleichfalls nach den Gründen. Dr. Kaubes Antwort: Die wohlwollende Berichterstattung sei sicherlich auch ein Zeichen für den Überdruss mit Themen von Aktienhandel bis Globalisierung. Es sei „nicht das Coolste, eine Volkswirtschaft zu ruinieren.“

Malermeister Harald Schnitker ergänzte, das Handwerk würde von der Politik wahrgenommen, weil „wir viele Abgaben zahlen.“ „Es ist aber nicht erwünscht, dass wir viel sagen.“ In Anspielung auf die witzigen Sprüche der Imagekampagne des Handwerks, forderte er alle Handwerker auf, die Imagekampagne nicht nur ironisch, sondern auch als ernst zu nehmendes Muskelspiel zu betrachten.

Petra Erler sprach allen Anwesenden aus dem Herzen, als sie eine Initiative zur Entlastung des Mittelstand forderte: „Es kostet uns nichts, nur den Willen!“

Andreas Ehlert, Vizepräsident des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags NWHT, stellte in seinen Schlussworten unter großem Applaus fest, dass Köster mit dem Thema des Forums den Nerv getroffen habe. Die Podiumsdiskussion habe wichtige Denkanstöße gegeben. Ehlert: „Das Ausrufezeichen hinter der dem Forum zugrunde liegenden These sei größer geworden.“

Autor:

Norbert Opfermann aus Düsseldorf

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