Gebt den Toten ein Gesicht. Nehmt Abschied!

Ich habe letzte Woche meine Oma verloren. Sie ist mit 89 Jahren verstorben. Sie lebte zuletzt in einem Ennepetaler Pflegezentrum. Das war ihr Zuhause, dort fühlte sie sich wohl und dort ist sie verstorben. Sie ist einfach davon geflogen. Eingeschlafen, ganz friedlich von uns gegangen. So wie sie es sich immer gewünscht hat. Als der Anruf morgens um halb 5 kam, war es natürlich erstmal ein Schrecken, aber mir war es wichtig bei ihr zu sein. Sie zu sehen, sie zu begleiten. Wichtig war mir auch, dass ihre "Mädels" im Pflegeheim Abschied nehmen konnten. Ich sagte es den beiden wichtigesten Damen allein und lies sie sich von Oma verabschieden. Für Oma war es nämlich immer das Schlimmste, wenn die Verstorbenen einfach wegwaren und niemand verlor ein Wort darüber. Dabei leben sie doch dort alle miteinander. Sie sind doch wie eine Familie. Ich fand es rührend, wie 4 alte Damen um das Bett meiner Oma standen und sich verabschiedeten. Mir ging das Herz auf und mir liefen die Tränen. Nicht nur aus Trauer sondern auch aus Dankbarkeit, das Oma Menschen um sich hatte, die sie mochten. Sie streichelten ihre Hand. Beteten für sie. Jede nahm auf eine andere Art und Weise Abschied. SIe redeten miteinander über sie. "Sie hat es nun geschafft." "Sie hat nun ihren Frieden". Das waren Worte, die die Damen äußerten. Ja, diese Generation geht anders mit dem Tod um. Viel entspannter, dankbarer. Ja, das war so mein Gefühl. Ich wusste, dass ich das Richtige getan habe, indem ich sie habe von Oma verabschieden lassen habe. Sie sind schließlich einen Weg zusammen gegangen. Waren sich eine Stütze. Es darf in Pflegeheimen einfach kein Tabuthema sein. Der Tod gehört dort dazu. Nicht einfach Licht ausmachen und den Verstorbenen wegbringen. Abschied nehmen lassen. Das ist wichtig. Das bereichert alle. Ob Jung oder Alt. Keine Angst vor Berührungen haben. Gefühle zu lassen. Es darf nicht einfach nur ein leerer Stuhl bleiben. Man darf sich erinnern. Auch für das Personal ist es wichtig sich verabschieden. Schließlich halfen sie den alten Leuten in ihrer häuslichen Umgebung, und sei es ein Pflegeheim. Ich fand es schön, dass in "unserem Heim" auch ein Tischchen gab mit einem Erinnerungsbuch für die Verstorbenen, anbei zwei Kerzen und ein Kreuz. Ich sah, wie die Bewohner davor standen, ich hörte wie sie darüber sprachen. Ich war dankbar und glücklich. Meine Oma war nicht irgendeine Verstorbene, sie hatte ein Gesicht, einen Namen, auch nach ihrem Tod hinaus. Ich konnte mit einem guten Gefühl Abschied nehmen,weil ich weiß, dass sie glücklich auf ihre letzte Reise gegangen ist. Danke an das Pflegeheim, machen Sie weiter so. Geben Sie allen Verstorbenen ein Gesicht!

Autor:

Katharina Füllbeck aus Ennepetal

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