Auf dem Rücken der Pferde…

Der Autor posiert auf dem Pferderücken, daneben seine Mutter.
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40 Jahre Heidhauser Reiterverein am Maashof

Eine Kindheitserinnerung, es ist ein altes, zerknittertes Foto in schwarzweiß. Stolz posiert ein Siebenjähriger neben seiner Mutter auf dem Pferderücken, man beachte das Peace-Zeichen auf dem Parka. Auf dem Maashof hatte ich meinen ersten Kontakt mit Pferden – eher war es ein Pony, aber immerhin ein edles, weißes. Das war es aber auch mit meiner Karriere als Reiter.
Nun, nach fast vierzig Jahren Abstinenz, bin ich zurück. Ein Ausflug ins malerische Fischlaken führt mich in meine alte Heimat. Eingebettet in eine geradezu paradiesische Landschaft liegt der Maashof. Unweit der Stelle, wo im Kulturjahr der gelbe Ballon das Schachtzeichen Pörtingsiepen markierte, locken umfangreiche Reitwege zum Ausritt. Das grüne Fischlaken oberhalb des Baldeneysees bietet dem Reiterherz alles, was es begehrt. Der Großvater des jetzigen Besitzers lieferte die Grubenpferde für die Zechen Pörtingsiepen und Gottfried Wilhelm, rund 120 Tiere bevölkerten die Stallungen, erholten sich von der harten Arbeit unter Tage. Christa Schmitt, geborene Maas, erinnert sich genau: „Ich weiß noch, der Vater hatte Kaltblüter für die Arbeit auf dem Acker. Als dann der erste Traktor kam, waren die weg. Wir hatten noch Pferde für die Kutsche, ein Auto besaßen wir damals noch nicht.“ Irgendwann wurde auch das angeschafft, der Maashof wurde „pferdelos“. Christas Bruder Ludger Maas läutete die Pferde-Renaissance ein, infizierte auch seine Kinder Claudia und André mit der Leidenschaft für Vierbeiner. So besann sich Ludger Maas der Pferdetradition, begann mit Ponys und einem Esel. Claudia Bartsch erinnert sich: „Wir fuhren in Urlaub nach Österreich, dort gab es einen Ponyhof. Das hat mir als damals 6Jähriger riesigen Spaß bereitet. Da haben die Eltern beschlossen, mir ein Pony zu kaufen.“ Die Gelegenheit kam eher als gedacht, denn ein Viehhändler konnte die gekauften Kälber nicht bezahlen. Kurzerhand entrichtete er den Kaufpreis in Naturalien, Esel, Pony und Kleinpferd. Die kleine Claudia war hin und weg: „Für mich gab es dann nur noch Reiten, Reiten, Reiten!“ Weitere Ponys kamen dazu, aus dem Geheimtipp wurde bald eine stadtbekannte Reitmöglichkeit, die nächste Gelegenheit dazu gab es erst am Stadtwald. Bei verwegenen Indianerspielen fühlten sich die Kinder auf ihren Ponys wie Winnetou. In Kostümen ritt der Nachwuchs beim Karnevalsumzug mit, hatte mächtig Spaß. Bald wollten auch Erwachsene diesem naturverbundenen Hobby frönen, sodass schnell ein Schulbetrieb mit Großpferden dazukam, 1971 der Heidhauser Reiterverein gegründet und eine Reithalle gebaut wurde. Aus dieser Anfangszeit hat sich ein Bild eingebrannt, Claudia Bartsch muss heute noch grinsen: „Bei den Damen war es in den 70ern Mode, Perücke zu tragen, auch beim Reiten. Wir machten einen kleinen Ausritt, plötzlich sahen wir etwas im Baum hängen, so eine Art Mopp. War aber eine Perücke, die sich im Geäst verfangen hatte.“ Ludger Maas trieb seine Pferdevernarrtheit so weit, dass er sogar hoch zu Ross zum Wahllokal ritt. Kreuzchen machen durfte das Pferd aber nicht… Legendär waren auch die „Herrenreitstunden“, immer freitags abends. Danach ging es natürlich ins neben der Reithalle liegende Reiterstübchen. Claudia Bartsch versucht ernst zu bleiben: „Wie das immer geendet hat, kann man sich leicht ausmalen!“ Die sonntäglichen Ausritte hatten es auch in sich, über Stock und Stein ging es, bei der Gaststätte Grunewald war Zwischenstopp: „Die Pferde wurden draußen angebunden, drinnen gab es für die Reiter extragroße Stücke Kuchen.“

Der Reitstall befindet sich in einem traditionsreichen alten Bauernhof,
der über 500 Jahre alt ist. Hier wird gelebte Tradition spürbar, der Name Maas wurde urkundlich erstmals 1450 erwähnt. Als eine der ältesten Besitzungen der Werdener Abtei wurde das Gut 1474 erstmals von einem Maas bewirtschaftet. Seit 1822 der damalige Pächter Wilhelm Maas den Hof kaufte, ist er ununterbrochen in Familienbesitz.
Der HRV Maashof e.V hat 180 Mitglieder, davon 40 Jugendliche. Seine in der Satzung festgelegten Ziele sind die Förderung der Reiterei, Jugendarbeit und gezielte Ausbildung der Kinder sowie die Ausrichtung von Turnieren. Die Pflege eines erstklassigen Ausreitgeländes, der Verein unterhält zum Beispiel die beste Vielseitigkeitsstrecke im Kreisverband Essen, ist ebenso wichtig wie die Organisation von Vorträgen und last but not least den legendären Feiern des Clubs. Auf dem Maashof sind zurzeit 70 Pferde und Ponys untergebracht. Der Reitunterricht kann in den zwei große Hallen das ganze Jahr über wetterunabhängig durchgeführt werden, beginnt für Kinder ab vier Jahren mit der Gewöhnung ans Pferd, ab sechs Jahren gibt es Longenstunden, für Jugendliche und Erwachsene werden die Reitstunden nach Anfängern und Fortgeschrittenen differenziert.

Beim Gang durch die Stallungen lässt Claudia Bartsch liebevoll den Blick über ihre Schulpferde streichen: „Da sind meine Schätzchen!“ Die sind voll animiert, ist ja auch langsam Zeit fürs Mittagessen. Lautstark wiehernd wird auf das kleine Hüngerchen hingewiesen, eines der Pferde tritt fast die Stalltür ein. Die beeindruckende, hübsche Bella erhebt ihr edles Haupt und starrt mich erwartungsvoll an. Ich lege ein Leckerli auf die Handfläche, Bella greift zu. Nun wird auch Prinz ungeduldig, möchte nicht vergessen werden. Selbst die Hofhunde schauen mal vorbei, besonders „Dieter“ schnüffelt nach Essbarem. Draußen macht Lobano auf sich aufmerksam. Ist ja Essenszeit. Und Claudia Bartsch hat immer Leckerchen in der Tasche: „Bitteschön, Udo!“ Udo? „Ach, Lobano war uns zu lang, Alle hier nennen ihn Udo.“ Dann trolle ich mich, denn Claudia Bartsch muss sich nun wirklich um ihre Tiere kümmern. Auf dem Rückweg denke ich noch: „Ich komme bald wieder, nochmals 40 Jahre warte ich nicht!“

Der Autor posiert auf dem Pferderücken, daneben seine Mutter.
Claudia Bartsch mit Lobano, den Alle nur Udo nennen.
Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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