Verein Unsichtbar e.V. will diesen Menschen Gehör verschaffen
Mit Rat, Tat und Mampf helfen

Andreas Steinhoff ist Mitglied bei Unsichtbar e.V. Foto: Pielorz
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2015 gründete Holger Brandenburg den gemeinnützigen Verein „Unsichtbar e.V.“ Im Ennepe-Ruhr-Kreis und in den umliegenden Städten will der Verein denen ein Gesicht und eine Stimme geben, die man sonst eher nicht hört. Gemeint sind Menschen, bei denen der Kühlschrank schon lange vor dem Monatsende leer ist. Gemeint sind aber auch Mitbürger, denen viele lieber mit Distanz begegnen – Obdachlose. Der Vereinsgründer war selbst nach eigenen Worten „im Leben ganz oben und ganz unten.“ Er weiß, wie es „denen ganz unten geht“ und was sie brauchen. Neben aktiver Hilfe vor Ort bietet der Verein über eine Telefonnummer auch eine bundesweite Beratung an.
Andreas Steinhof ist seit einem Jahr aktiv beim Verein dabei. Gemeinsam mit etwa 25 Mitstreitern. Ein Teil von ihnen macht das, was auch Holger Brandenburg und Andreas Steinhof tun: Sie sind mit den zwei über zweckgebundene Spenden finanzierten Fahrzeugen im Kreisgebiet unterwegs. „Oft bekommen wir über unsere Telefonnummer einen Anruf, wo wir helfen können. Aber wir haben auch unsere Touren, wo wir einfach zu bestimmten Orten fahren und nachsehen, welche Hilfe benötigt wird“, erzählt Andreas Steinhof. Die Hilfe kann ganz unterschiedlich sein: Mal kaufen sie einem Menschen etwas zu essen, mal wird gerade für den Winter ein neuer Schlafsack gebraucht oder eine medizinische Hilfe. Mal ist es eine Beratung oder die Kontaktherstellung zu einer festen Unterkunft. Aktive Hilfe gibt es auch in Form von TOM. Die Abkürzung steht für Tasch-O-Mat: Das ist eine aufrollbare Tasche, in der beispielsweise Socken, ein T-Shirt, eine Boxershort, Handcreme und Seife enthalten sind, die aber auch perfekt als Kissen „zweckentfremdet" werden kann. „Wir wissen vorher nie, was uns erwartet, wenn wir in eine Situation gehen. Gemeinsam ist nur immer: Da ist ein Mensch, der im Moment auf Hilfe angewiesen ist und die bekommt er auch.“ Dabei wollen die Helfer nicht „missionieren“. Sie fragen auch nicht nach den Hintergründen oder der jeweiligen Geschichte. Aber sie hören zu, wenn jemand seine Lebensgeschichte freiwillig erzählen möchte.
In jeder Stadt, so Steinhof, gibt es Obdachlose. „Manchmal sind es Menschen, die nur auf der Durchreise sind. Viele von ihnen verbringen den Tag in einer Großstadt, denn dort gibt es mehr Menschen, von denen sie sich Geld erhoffen. Am Abend zieht es sie dann in die Ruhe der Kleinstadt.“ Das hängt auch mit den Diebstählen zusammen. „Manchmal wird jemand morgens wach und stellt fest, dass ihm die Hosentasche mit einem Messer aufgeschlitzt wurde und die letzten Cent auch noch fehlen.“

Hilfe für die, die nicht auf der Sonnenseite stehen

Doch die Obdachlosen sind nur ein Teil der Klientel, um die sich der Verein kümmert. Auch Menschen mit wenig Geld, vor allem Familien, soll geholfen werden. „Jedes Leben ist es wert, Hilfe zu erhalten“, sagt Andreas Steinhof schlicht. Um seine Arbeit tun zu können, braucht der Verein natürlich Spender. „In der Regel nutzen wir Geldspenden. Das liegt einfach daran, dass wir versuchen, passgenau Hilfe zu leisten. Ein Schlafsack im Winter muss bestimmte Anforderungen erfüllen. Und eine Familie mit einem leeren oder kaputten Kühlschrank muss eben auch genau in diesem Punkt geholfen werden.“ Auch das Lager – beispielsweise für die Inhalte von TOM – hat nur begrenzte Kapazitäten. Wer dennoch lieber eine Sachspende geben möchte, sollte sich vorher mit dem Verein in Verbindung setzen und absprechen, was tatsächlich gebraucht wird.
Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten zu helfen. Eine davon heißt MAMPF. Der Mampf ist ein Gutschein, der einen Wert von fünf Euro hat. Mit diesem Gutschein als Zahlungsmittel können bedürftige und obdachlose Menschen in einem Imbiss eine Mahlzeit und Softdrinks kaufen. Der Mampf kann nicht gegen Bargeld eingetauscht werden und der Restbetrag wird auch nicht ausgezahlt. Doch die Zahlmethode soll den Menschen etwas Würde zurückgeben. Die Eigenständigkeit und Möglichkeit das zu kaufen, was sich der Magen wünscht. Teilnehmende Gastronomien haben einen Aufkleber in ihrem Fenster und zusätzlich findet man alle Unternehmen noch einmal auf der Internetseite www.der-mampf.de Bisher sind es Betriebe aus Gevelsberg, Ennepetal und Hattingen, die mitmachen.
Diejenigen, die einen Gutschein erhalten – zum Beispiel von Vereinsmitgliedern, aber auch von jeder Privatperson, die in einem der Betriebe Gutscheine erworben hat – kann dann in eines der Lokale gehen und sich verpflegen. Wo er den Mampf einlösen kann, kann er oder sie dann auch nochmal auf dem Stempel auf dem Mampf nachlesen.
Vereinsmitglied Beate Wachsmann hat noch ein weiteres Projekt aus der Taufe gehoben. Es heißt „Herzkalender“. Dahinter verbirgt sich die Idee, jeden Monat Gutscheine an Familien zu verschenken, bei denen das Geld vor allem für Freizeitaktivitäten nicht so locker sitzt. Die Seele baumeln lassen, die Kurzarbeit oder die Arbeitslosigkeit vergessen und gemeinsam als Familie etwas erleben – einfach Kontakt mit dem Verein aufnehmen. Frisch eingetroffen sind auch Sachspenden von „Pummeleinhorn“. Hier gilt: Für kleine November-Geburtstagskinder, die auf Kissen, Bettwäsche oder ähnliches von „Pummeleinhorn“ stehen – dürfen sich auch in den Verein wenden. Alter und Geschlecht des Kindes bei der Angabe nicht vergessen! „Es gibt viele Möglichkeiten, den Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen, zu helfen. Die Corona-Pandemie führt dazu, dass es noch etwas schwerer wird: Wer als Obdachloser in der Großstadt auf ein paar Euro hofft, der wird jetzt noch weniger bekommen, weil viele Menschen weniger Geld haben oder einfach weniger Menschen unterwegs sind. Und die Zahl der Menschen, die jedes Geldstück zweimal umdrehen müssen, nimmt zu. Also, wo und wem es möglich ist - hingucken und helfen.“
Kontakt:
Unsichtbar e.V., mobil 0176/34347385, Email: info@unsichtbar-ev.de; www.unsichtbar-ev.de

Andreas Steinhoff ist Mitglied bei Unsichtbar e.V. Foto: Pielorz
So sehen die Gutscheine aus.
Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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