konzert des Bach-Chores
Hagener entdeckten "Songs of Farewell"

Der Bach-Chor begeisterte mit unbekannten Werken in der Johanniskirche. Foto: Margarita Kaufmann
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  • Der Bach-Chor begeisterte mit unbekannten Werken in der Johanniskirche. Foto: Margarita Kaufmann
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Wer sich an Sonntagabend, 2. Juli, auf den Weg machte, um das Sommerkonzert des Bach-Chores in der Johanniskirche zu besuchen, wurde mit musikalischem Hörgenuss von hoher Qualität belohnt.

Love & Hope, also Liebe und Hoffnung in Zeiten des Krieges zum Thema eines Konzerts zu wählen, ist in der sommerlichen Ferienzeit durchaus als ein hörbares Zeichen zu verstehen, dass Musik zu allen Zeiten Trost und Zuversicht spenden kann. Gleich einer meditativen Reise führte Prof. Christopher Brauckmann mit seinem wohlintonierten Chor durch die Höhen und Tiefen, die das menschliche Leben von jeher kennt.

Dass das farbenreichste Instrument die menschliche Stimme ist, wurde bereits in den ersten Klängen hörbar, als die Stimmen der dreißig Sängerinnen und Sänger den lichtdurchfluteten Kirchenraum erfüllten. Schwebende Klänge standen für Sekunden geradezu spürbar im hohen Schiff und belegten die große Ausdruckskraft des auch regional konzertierenden Chores. Die Vertonung von Versen des „Liedes der Lieder“, „I sat down under his shadow“ des englischen Komponisten Edward Bairstow ist ein Repertoire-Stück des Hagener Chores. Es wurde umrahmt und gleichzeitig textlich erweitert von zwei zeitgenössischen Werken von Komponisten aus den eigenen Reihen, Sascha Mücke und Michael Schultheis.

„Während sich die Komposition von Sascha Mücke stilistisch behutsam in die Moderne wagt, aber Bairstows mystische Klangsprache aufgreift, bricht der Satz ‚For I am sick of love‘ von Michael Schultheis stilistisch mit den vorangehenden Stücken und setzt holzschnittartige Akzente“, beschreibt Christopher Brauckmann seine Programmgestaltung.

Für das Hagener Publikum war das Hauptwerk des Abends sicher eine Neuentdeckung: die „Songs of Farewell“ des englischen Komponisten, Charles H. H. Parry. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs schuf der überaus erfolgreiche Musiker und Hochschuldozent zwischen 1916 und 1918 diesen Zyklus ergreifender Motetten, die in Texten englischer Dichter die Vergänglichkeit allen Seins und die stärkende Kraft des Glaubens beschreiben. Dass es der Londoner Bach-Chor war, der 1916 eben wie nun in Hagen die ersten fünf Motetten aufführte, mag ein Zufall sein. Damals wie heute sind diese Songs musikalisch höchst anspruchsvoll mit ihren mit dissonanten Klanggebäuden, die von den Sängern in bis zu acht Stimmen in großem Stimmumfang zu bewältigen sind. Vom feinsten Pianissimo bis zum strahlenden Fortissimo beschreibt Parry die Schmerzen und Freuden, die auch er erlebte, als er viele seiner begabtesten Studenten am Royall College of Music London in den Schützengräben des mörderischen Weltkriegs verlor.

Dass Parry unter anderem in Stuttgart studiert hatte und als Verehrer des deutschen Komponisten Johannes Brahms‘ galt, war wohl für den Bochumer Musiker Brauckmann Anlass, dessen Klaviertrio in H-Dur, op. 8, in sein Konzertprogramm aufzunehmen. Zusammen mit den jungen Musikerinnen Jana Noeske Violine) und Clara Trittin (Violoncello) arbeitete Christopher Brauckmann (Klavier) die tiefgründige Melodik und kunstvolle Themengestaltung des viersätzigen Trios heraus. Wie kein anderes bezeugt dieses kunstvolle Werk die Brahms‘sche Selbstkritik, hatte er doch sein erstes Kammerkonzert im hohen Alter noch einmal radikal überarbeitet, bevor er es zur Aufführung freigab. Brauckmann, selbst herausragender Pianist, zerlegte das Trio quasi in drei Teile und schuf mit der durch die Parry-Motetten unterbrochenen Interpretation der vier Sätze ein instrumentales Band um die Songs of Farewell.

Mit deren fünftem Lied „At the round earth’s imagined corners“ wurde noch einmal die kompositorische Kunst der englischen Chormusik in komplexen Dissonanzen erlebbar, die vorantreibend und sich unablässig steigernd schließlich in versöhnlicher Konsonanz endeten. Eine stimmliche Höchstleistung der Sänger und einem fordernden und im besten Sinne lenkenden, gut gelaunten Dirigenten. Ein sommerlicher Genuss mit Tiefgang für ein wertschätzendes Publikum, das für seinen anhaltenden Applaus noch einmal „Mücke“ bekam: dessen Vertonung des 91. Psalms. Mit kaum zwanzig Jahren hatte der inzwischen in Dortmund lebende Sascha Mücke die tröstlichen Worte vertont, mit dem der Chor seine Zuhörer in den Sommerabend entließ: „Denn er hat seinen Engeln über dir…“
Text: Margarita Kaufmann

Der Bach-Chor begeisterte mit unbekannten Werken in der Johanniskirche. Foto: Margarita Kaufmann
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Lokalkompass Hagen aus Hagen

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