Lyriker liest in Haltern
Paul Vogel freut sich auf ein Wiederhören

Paul Vogel

In Oelde, Warendorf und zahlreichen anderen Städten im Münsterland hat Paul Vogel, der Marler Lyriker mit schlesischen Wurzeln, bereits mehrmals gelesen. Die Dezember-Lesung in der Stadtbücherei war für ihn Premiere und große Freude zugleich, da er mit Vorliebe in der Westruper Heide Inspiration für seine Gedichte „pflückt“, zuweilen auch während der Gitarrenkonzerte auf Schloss Sythen oder auch im Kardinal Von Galen Park. Ach, hätte der Bildhauer Dr. Wilfried Koch, der am 24. Januar seinen 90. Geburtstag zelebrierte, dem Mann der leisen, aber eindringlichen Töne lauschen können, denn das Varus-Gedicht wählte Vogel als Auftakt seiner Lesung und konnte der Versuchung nicht widerstehen, das Lob vom „Vater des Varus“ zu zitieren, der in seinem an Vogel gerichteten Schreiben der Hoffnung Ausdruck gab, die Halterner mögen Varus so sehen, wie er in seinem Gedicht.
1969, also drei Jahre nach Eintritt in den Schuldienst, feierte Vogel, Jahrgang 1940, seine erste Veröffentlichung in der „Ruhrtangente“. 1980 folgten „Wildkirschenzweig“, ein Haiku-Band, das Kinderbuch „Kleiner Vogel Trrr“, wenig später Erzählungen mit Titeln wie „Über den Rand hinaus“, „Tage wie Glas und Spreu“, „Wie ein Wispern im Espenbaum“, „Stimmen hinter dem Wind“ sowie sein von der Künstlerin Slavica van der Schoers mit zarten Aquarellen illustrierter Gedichtband „Niemandsgärten“. Still, sehr still war es, als er eine Geschichte aus seiner Kindheit in Westfalen las („Ich weiß, wie es sich anfühlt, Flüchtling zu sein.“) oder eine Kostprobe seiner Lyrik gab: Gedichte wie „Das Brot“, das mit der Zeile endete:“ Das gute Brot, das süße Brot – Wer gibt uns das Gnadenbrot?“ Nach der Lesung ermunterte Büchereileiterin Andrea Coenen-Brinkert die Zuhörer, im Gespräch den Menschen und den Lyriker kennenzulernen, dessen Sprache von der Liebe zur Natur, dem stillen Wunder der kleinen Dinge durchglüht ist Was inspiriert ihn? Schreibt er jeden Tag? Seit wann? Dass seiner Laufbahn im Schuldienst eine Goldschmiedelehre und ein Studium der Theologie und Pädagogik voraus ging verriet er. Viel Zeit nahm er sich, um alle Fragen ausführlich zu beantworten. Und äußerte die Hoffnung, bald wieder in der Stadtbücherei lesen zu können. Mein Wunsch wäre, dass er dann sein Gedicht „Holocaust“ vorträgt:

Kristallen
splitterten die Nächte
die braunen Lauscher
gepresst an Türen und Wände
wie Vieh
aus den Ställen gezerrt
die Opfer
nach Vorbestimmt
nächtlich
räderten Züge
vollgepfercht
mit gelben Sternen
stiegen sie auf
mit dem Rauch
zu den Brüdern.

Text: Eva Masthoff

Autor:

Olaf Hellenkamp aus Dorsten

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