Jetzt mal Hochdeutsch 14

Hilde mag die Fliege nicht!

Hand am Fuß

Frisch gestylt und parfümiert machte ich mich auf den Weg um meiner ziemlich besten Freundin zum Geburtstag einen Morgenbesuch abzustatten, und weil ich Tante Finchen nicht abschütteln konnte, die ich unterwegs traf, klingelten wir zu zweit um 11.. Eine nette junge Dame offnete uns und führte uns in den Salon, wo das Geburtstagskind nacktbeinig im Sessel trohnte, und, als die Fremde ihr gegenüber Platz genommen hatte, ihre Füße vertrauensvoll in deren Hände legte.
Wir setzten uns aufs Sofa, nachdem ich von den mitgebrachten Lakritzbonbons eine Handvoll in einer Untertasse für alle erreichbar platziert hatte, zum Anstoßen sozusagen.
Die Fremde war also die ambulante Fußpflegerin und sie hatte bei Hilde ihres Amtes bereits gewaltet. Nunmehr beobachteten wir offenen Mundes, wie sie sich über den linken Fuß auf ihrem Schoß hermachte. Kneten, quetschen, massieren und verbiegen.
Hilde sah die Ratlosigkeit in unseren Augen und half uns:“ Das ist Fußreflexzonenmassage. Das gönn ich mir jedesmal, wenn Frau Kopp kommt.“ – „Na, dann lohnt sich doch das Füßewaschen auch richtig…“ versuchte ich ein ahnungsloses Bonmot. Doch nun kam Tante Finchen auf den Plan: „Man hat unter den Fußsohlen Punkte, die mit bestimmten Organen korrespondieren, direkt über Nerven…“ „Ich auch?“ - „Du auch! Jeder hat das, und wenn man diese Punkte an den Füßen stimuliert, übt man einen Reiz auf das damit verbundene Organ aus…“ Frau Kopp ließ es nicht bei ihren - mal brachialen,mal fast zärtlichen - Handhabungen bewenden, im weiteren Verlauf kamen Halbedelsteine, Kunststoffkugeln, Stifte und Walzen zum Einsatz. Ich meinte, Hilde schnurren zu hören vor Behagen.
Die Dienstleisterin erklärte dann, was sie da treibe, sei ein Zusatzangebot zur Fußpflege für Diabetikerinnen, das allerding mangels Anerkennung durch die Fachmedizin nur auf eigene Rechnung ausgeführt werde.
Ich nahm mir vor, daheim gründlich zu kugeln: einmal im Internet, um Details zu diesem schönen Brauchtum zu erfahren, aber auch fußläufig mit den genoppten Hartgummikugeln von Steffi, die ich auf deren Anweisung fast täglich mit Füßen trete, was meinen geschundenen Schwimm- und Kletterfüßen sehr viel entspannende und wohltuende Hilfe bieten soll.
Zwischen zwei Katjes, während Frau Kopp sich des anderen Fußes bemächtigte, erklärte uns Hilde dann, der ganze damit verbundene Organnutzen sei ihr völlig pillepalle, weils ja für jedes Organ Fachärzte gibt. --- „aber nichts geht für mich doch über Füßemassieren – schon immer…..“

Autor:

Paul Scharrenbroich aus Monheim am Rhein

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