Apfelbaum aus Gründungsjahr trägt noch - Kleingärtner-Verein Königsborn

In seinem Glas-Treibhaus zieht Heinrich Kümper(82) die Pflanzen vor. Gemüse und Obst erntet er reichlich.
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Mit der ersten Frühlingssonne werden die Laubenpier im Kleingärtner-Verein Königsborn wieder aktiv. Fleißig wird gepflanzt, gesät und gepflegt. Wie intensiv die Erhaltung einer Gemeinschaftsanlage ist, bekommt der Verein aber derzeit zu spüren. Das Inventar ist in die Jahre gekommen, das Leben der Gemeinschaft verändert sich.

Wie mit dem Lineal gezogen reihen sich etwa im Sparkassenweg die Gärten aneinander. 48 Parzellen mit je rund 350qm Fläche stehen in der Anlage zwischen Hermannstraße und Salzweg zur Verfügung. Belegt sind alle, zum Kaufpreis zwischen 1.500 und 3.000 Euro wechseln die Areale den Besitzer. 16 Arbeitsstunden pro Jahr müssen die Laubenpieper in die gemeinsamen Aufgaben investieren. Wegränder und Grünflächen pflegen, kleinere Reparaturen ausführen. Ende April 1964 wurde der Verin gegründet, am 5. Mai trat Heinrich Kümper (82) ein. Er ist so etwas wie ein Urgestein der Anlage. „Schon als Kind spielte ich immer im garten, das war meine Welt“, blickt er zurück. Auf seinem Grundstück pflanzte er zunächst einen Apfelbaum, Sorte Boskop. Er trägt bis heute und ist der einzige aus der Anfangszeit in der Anlage. Acht Zentner Äpfel brachte Kümper letztes Jahr zum Pressen nach Stockum. „Jedes Jahr schneide ich ihn.“ Als Kümper mit der Bewirtschaftung begann, sah die Fläche wüst aus. Der Blick zu den umliegenden Wohnhäusern war frei.
Lehmboden
Er fand nur Lehmboden vor, für Gemüseanbau völlig ungeeignet. Eine dünne Schicht Mutterboden konnten die Kleingärtner aus dem Autobahnbau der A44 für sich abzweigen. Wer tiefer gräbt stößt schon mal auf Schutt, der nach dem Krieg hierher verbracht wurde. Vor kurzer Zeit wurde erst eine Probebohrung gemacht und festgestellt, dass der Boden problemlos als Anbaufläche zu nutzen sei. Die Parzellen wurden 1965 abgegrenzt, doch bevor die erste saison losgehen konnte, wurden die Wasserleitungen gelegt. Mit fünf Mistreitern grub Kümper die Verlegerinnen aus. Das Werkzeug mussten sie immer mit nach Hause nehmen, da es hier keine Unterstellmöglichkeiten gab. Mit rund 20 Tatkräftigen fing der Verein damals an. Die ersten Mauern wurden zwischen den Parzellen gesetzt, die Steine spendierte die Stadt. Beton für die Platten der Häuser ebenfalls. Die Wege jedoch waren mit „Ibbenbürener Kies“ belegt. Kümper erinnert sich: „Nach einem Festabend gab es ein Unwetter und der Kies und Erde wurden fortgeschwemmt.“ Zäune, Strom- und Wasserleitungen und selbst die Wegbeleuchtung legten die Laubenpieper selbst an. Mit dieser kam auch der Strom in die KGA.
Holzlauben
In der Kleingartenanlage wurde 1966 erstmals offiziell angesät. Die Lauben bestehen bis heute aus Holz, im Gegensatz zu vielen anderen Anlagen. Die ersten stellte Schreiner Brakelmann her. Einen genauen Plan hatte die Stadt Unna entwickelt, bis hin zur Bepflanzung. Bäume, Sträucher waren genau verortet, einige Pflanzen musste Kümper wieder rausreißen.
Manche der Lauben haben bis heute die Originalgröße von rund 14,95 qm Grundfläche. Im Laufe der Jahre entstanden kleinere Erweiterungen, akzeptiert vom Verein. Je ein Drittel sollen feste Anlagen, Rasenflächen und Nutzflächen umfassen. Als Mitglied der ersten Generation baut Heinrich Kümper bis heute Frühkartoffeln, Kohlrabi, Tomaten, Gurken und weiteres Gemüse an, hinzu kommt Obst und natürlich ein großes Blumenbeet. Recht fruchtbar ist der Boden inzwischen, aber ohne Dünger geht es nich. Bis auf Kompost wird aber keine sonstige Chemie benutzt.
Die Arbeit im Garten macht Heinrich Kümper bis heute Spaß. Früher, als er in Urlaub fuhr , sei der Garten bei Abfahrt in Ordnung gewesen. Als er heim kam wunderte er sich, wer hatte nur das Unkraut gestreut.
Kein Leerstand
Zufrieden ist der Vorstand mit der Belegung der Anlage, Wechsel gebe es eher selten. Aber Gerd Kugel, 2. Vorsitzender, erkennt Veränderungen in der Motivation. Früher sei der Zusammenhalt größer gewesen. Damals kannte er alle 48 Gärtner, heute keine 20. Viele hätten kein Interesse an Treffen und Austausch. Der Grund sich einen Kleingarten anzuschaffen läge heute vielfach darin, Spielfläche für die Kinder zu bekommen. Und immer häufiger auch für den eigenen Hund. Jetzt hat ein Pächter sein Grundstück mit einem zwei Meter hohen Zaun umgeben, um dem Hund ungestörten Auslauf zu bieten. Mit dem Tanz in den Mai wurde die Anlage 1966 eingeweiht und seitdem wurde das Fest regelmäßig gefeiert. Doch jetzt steht das Vereinsheim „Gartenstübchen“ leer. Für die Gastronomie findet sich seit Jahren kein Betreiber, die Räume sind für Veranstaltungen bis 22 Uhr zu mieten.
Gemeinschaft
Künftig möchten Gerd Kugel und der 1. Vorsitzende Walter Friesen stärker auf die Zusammensetzung der Gärtnerschaft achten.
Stolz sind die Kleingärtner auf ihre Anlage in jedem Falle, bietet sie doch eine Oase der Erholung für zahlreiche Familien. Und beim Wettbewerb „Rote Azalee“ wurden schon mehrere Male vordere Plätze erreicht.
Am späten Nachmittag legt Heinrich Kümper den Spaten zur Seite. Ab zehn Uhr ist er meistens in seinem Garten. „Wenn nicht werde ich kribbelig.“ Aber auch wenn er nicht in der Anlage ist, darauf schauen kann er immer. Vom Balkon seiner Wohnung vis á vis hat er den Kleingärtner-Verein „Königsborn“ stets im Blick.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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