„Wirtschaftswunder“ durch Demontage

Der Velberter Autor Henri Schmidt mit seiner neusten Buchveröffentlichung: "Demontagen in Velbert". | Foto: Astrid von Lauff
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Neues von Henri Schmidt: In seinem aktuellen Buch thematisiert er die Demontagen in Velbert und ihre Folgen

In seiner bereits sechsten Buchveröffentlichung widmet sich der Historiker und Autor Henri Schmidt diesmal der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs. Wie der Titel „Demontagen in Velbert. Kriegsende und Neubeginn – Velbert in der Zeit von 1945 -1950. Die Demontagen im sozialen Spannungsfeld der Nachkriegszeit“ verrät, handelt es sich erneut um ein überwiegend lokalhistorisches Thema.

„Wie groß das Interesse an diesem Thema bei den Bürgern ist, hat kürzlich der vom Bergischen Geschichtsverein (BGV, Abteilung Neviges-Hardenberg) organisierte Vortrag von Henri Schmidt gezeigt“, so Jutta Scheidsteger, Leiterin des Scala-Verlags und Vorsitzende des BGV. Rund 50 Zuhörer seien gekommen, darunter Ulrich Hülsbeck (Hülsbeck & Fürst). Er habe erzählt, wie seine Familie die damalige Zeit erlebt habe. Mancher Zuhörer sei sogar erstaunt gewesen, dass es Demontagemaßnahmen der Alliierten in diesem Ausmaß in Velbert gab, so die Verlags-Chefin. Den Impuls, über dieses weitestgehend unbearbeitete Thema zu schreiben, habe ihm Stadtarchivar Christoph Schotten gegeben. Bei seinen zweijährigen Recherchenarbeiten habe ihn dieser stets unterstützt. „Mich hat bei meiner Arbeit am meisten überrascht, wie positiv die Folgen der Demontage für einige der ansässigen Unternehmen war. Hierbei gilt Velbert als Spiegel für ganz Deutschland.“ Besonders erstaunt habe ihn in diesem Zusammenhang, dass die Demontage eine Art „Modernisierungs-Programm“ war. „Viele der demontierten alten Maschinen wurden gegen neue ausgetauscht und es konnte wesentlich effizienter gearbeitet werden.“ So habe beispielsweise das Unternehmen Hülsbeck & Fürst den Demontage-Termin erfolgreich nach hinten verschieben können. „Als dann die Demontage 1948 begann, stand der moderne Maschinenpark schon parat.“ Nicht umsonst habe die „Times“ bereits im Jahr 1950 zum ersten mal vom deutschen Wirtschaftswunder geschrieben. In seinem neuen Buch spannt der ehemalige Leiter der Velberter Polizei einen weiten Bogen vom Krieg zur Vergeltung, von der Verwüstung Europas zu Demontagen und Reparationen auch in Velbert. Um die Demontagemaßnahmen für die Leser nachvollziehbar zu machen beschreibt er im ersten Teil seines Buches die bereits 1944 festgelegten Absichten und Ziele der Alliierten nach einem gewonnen Krieg gegen Deutschland. „Bereits gegen Kriegsende lagen fertige Befehle über die Vorgehensweise der alliierten Soldaten vor. Außerdem wurden die fünf „D“s festgelegt: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demontage, Dezentralisierung und Demokratisierung.“ Im zweiten Teil des Buches zeigt er auf, wie die Besatzungsmächte die Demontagen nach dem Krieg in ihren jeweiligen Besatzungszonen umsetzten.

Demontage hatte Modernisierung zur Folge

Dabei fokussiert sich der Autor auf die britische Besatzungszone. „In Velbert wurden Schlossfabriken zu Kriegsfabriken. Darunter unter anderem Unternehmen wie Heismann, August Engels, Gebrüder Tiefenthal, Hülsbeck & Fürst oder die Bergisch-Märkischen Eisenwerke. Velbert wurde damit zu einem bedeutenden Kriegswaffenproduktionsort. Daher war vorhersehbar, dass Velbert auch ein Ort der Demontagen werden würde.“ In welchem Ausmaß Panzerketten, MG-Lafetten, Munition und Teile für Fernwaffen hergestellt wurden, ist heute nicht an Zahlen nachvollziehbar. Belege über Stückzahlen gebe es nicht. Allein die Aufzeichnungen über den regen Güterverkehr ließen hier Rückschlüsse zu, so Schmidt. Für vier Firmen habe die Demontage sogar vollständig gegolten, darunter auch ein Werk der Bergisch-Märkischen Eisenwerke.1950 wurden die Demontagemaßnahmen beendet. Da waren bereits in vielen Betrieben neue Maschinen anstelle der veralteten Technik im Einsatz. Auch das soziale Spannungsfeld mit dem Stillstand der Wirtschaft lässt Henri Schmidt in seiner neusten Veröffentlichung nicht aus. Er schildert die Zeit von Hunger und Unterversorgung der Menschen, erinnert an die Zeit, als 12.000 Zwangsarbeiter in Velbert in den Fabriken schufteten und in den Baracken der Massenquartiere ihr Leben fristeten und als tausende Ostvertriebene auch in Velbert in Notunterkünften aufgenommen werden mussten.

Info:
Das 124 Seiten umfassende Buch wurde mit 100 Exemplaren im Eigenverlag von Henri Schmidt herausgegeben, Gestaltung und Gesamtherstellung: Scala-Verlag, Scheidsteger Medien
Erhältlich ist das Buch im Scala-Shop, Wer­de­ner Stra­ße 45, Öffnungszeiten: mon­tags bis don­ners­tags von 8 bis 17 Uhr und frei­tags von 8 bis 14 Uhr.
Außerdem im ört­li­chen Buch­han­del: Bei Tha­lia in der Stadt­ga­le­rie, Vel­bert-Mit­te, in der Buchhandlung Kape in Lan­gen­berg,Haupt­stra­ße 58 und bei Rüger in Ne­vi­ges, El­ber­fel­der Stra­ße 40.

Autor:

Astrid von Lauff aus Velbert-Langenberg

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