Bedingungsloses Grundeinkommen – Gleiches Einkommen für alle

Zu diesem Thema luden die Organisatoren des Consol Theaters mit der Reihe „Roter Salon“, André Wülfing und Georg Kentrup, ein. Da mich die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommen, im Folgenden BGE genannt, schon seit einigen Jahren beschäftigt, freute ich mich, dass Rainer Kleinau und ich von der Bürgerinitiative „Stellen anzeigen“ zum Diskussionsabend eingeladen wurden.

Des Weiteren begleitete die Diskussion Nikolaus Curtius, der in seiner Eigenschaft als Wirtschaftswissenschaftler vorgestellt wurde. Zudem wurde ein Video eingespielt, in dem Herr Roland Hundertmark, Vorstand der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen und Unternehmer, zu diesem Thema befragt wurde.

Über die Einladung eines Wirtschaftswissenschaftlers und einer quasi Anwesenheit eines Unternehmers war ich doch recht überrascht. Denn das BGE versteht sich in erster Linie als eine Existenzsicherung humanistischer Art. Die Wirtschaft würde da doch eher sekundär eine Rolle spielen. Was Nikolaus Curtius anbelangt, sollte ich mich immens geirrt haben. Erfreulicherweise!

Der „Rote Salon“ findet ein mal im Quartal in der Kellerbar des Consol Theaters statt . Bei einem 3-Gänge Dinner diskutieren die Veranstalter, Experten und Gäste über ein ausgesuchtes Thema. Die aktuelle Reihe befasst sich mit dem Thema „Arbeit“.

André Wülfing begann die Moderation mit der Frage: „Was würde sein, wenn wir ein BGE hätten? - Ich muss nicht mehr, ich darf“. Mit dieser Frage im Kopf, wurde uns ein kurzer Film gezeigt, der unter Anderem auch die Initiative „Krönungswelle“ zeigte. Diese Initiative setzt sich für das BGE unter dem Motto ein: „Wenn jeder sein eigener König ist, muss keiner der König des anderen sein.“ Dementsprechend wurde auch im Film überwiegend argumentiert.

Gleich danach setzte Nikolaus Curtius mit seiner Präsentation an. Er erzählte uns, wie das BGE über die Konsumsteuer finanziert werden könnte. Ohne Nikolaus Curtius nahe treten zu wollen, diesen Einstieg hielt ich für etwas ungeschickt. Wir haben noch keine Stimmung der Teilnehmer erfahren können, wie der allgemeine Wissensstand über dieses Thema ist. Und zu Beginn das BGE mit der Konsumsteuer zu definieren, fällt unter das Motto „Das Pferd von hinten aufzäumen“. Er machte seine Sache zweifelsohne sehr gut und kompetent. Jedoch passierte das, was passieren musste. Menschen, die sich noch nicht auf die humanistische Ebene begeben haben und sich somit noch nicht dem Grundsatz des BGEs öffnen konnten, wurden somit mit Zahlen und Finanzierung geistig zugekittet. Ich habe zu dem Thema Konsumsteuer einen Link in dem Text aktiviert, der die differenzierte Auseinandersetzung mit der Finanzierung im Netz zeigt. Darüber hinaus gibt es noch viele andere Finanzierungsmodelle, wie z. B. Die Maschinensteuer, auch das Stopfen von Steuerschlupflöchern, das Wiedereinführen der Vermögenssteuer, etc. Ein Finanzierungsmix aus vielen Variationen wäre möglich und da waren Nikolaus Curtius, Rainer Kleinau und ich uns einig: Das BGE wäre finanzierbar!

Dass es nun schwierig wurde, die Teilnehmer von dem harten Thema der Finanzen zum humanitären Ansatz zu bringen, war mir schon klar. Dass jemand in der Runde murmelte: „Jetzt wird es sozialistisch“, als ich begann, wunderte mich dann doch. Das Thema Sozialismus wird aber tatsächlich noch an anderer Stelle auftreten. Das BGE scheint sich in unserem Bewusstsein als eine Theorie einzunisten, die im besten Falle die Welt retten oder im schlechtesten zur absoluten Katastrophe führen wird. Es scheint, Diskussionen sind zwingend erforderlich. Denn das BGE ist im Grunde nicht mehr, als Hartz IV in gut und für alle. Ich übertreibe gerne bei dieser Behauptung. Aber das üble Hartz IV, welches Menschen in Armut, Wohnungslosigkeit, Hunger und immer weiter weg von einer gemeinsamen Gesellschaft treibt, wurde von der Gesellschaft akzeptiert. Die Agenda 2010 wurde einfach durchgewunken und die neoliberalen Auswirkungen, welche diese Politik auf unser Leben hat, blendete die Allgemeinheit aus. Bereits vor 10 Jahren war zu erkennen, wohin dieses System uns führen wird. Jedoch jetzt, wo die Armut sichtbar wird und der Arbeitsplatzverlust scheinbar jeden treffen kann, jetzt wird plötzlich klar: Hartz IV geht gar nicht. Wieso soll dann das BGE nicht gehen? Denn der Grundsatz dieser Einkommensart ist die Würde des Menschen. Dieser ist sogar verfassungskonform, was bei Hartz IV noch geprüft werden muss, aber leider nicht so einfach durchsetzbar ist.

Wir leben in einer Zeit, in der nicht mehr bezahlte Arbeit für jeden da ist. Schaut man auf die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (Oktober 2014), so haben wir in Deutschland unter Berücksichtigung der Unterbeschäftigten eine Arbeitslosenquote von über 14%. Davon sind ca. 6,4 Mio. Menschen direkt betroffen. Und diese Betroffenheit schlägt um sich. Die Kinder, welche für die Schule nicht mehr richtig ausgestattet werden können – Partner, die mit 2 – X (Mini-/Midi-) Jobs versuchen, die Familie zu ernähren. Und auf der anderen Seite fehlen Mitarbeiter in der Pflege, LehrerInnen, ErzieherInnen, etc. Dort, wo der Mensch eine Rolle spielt, fließt kein Geld. Der Mensch muss aber von etwas leben. Wir haben gerade in der Urbanität nicht mehr die Fläche für jeden, auf der man seine Nahrungsmittel selbst ziehen, ernten oder auch ggf. schlachten kann. Veganer und Vegetarier mögen mir an dieser Stelle verzeihen. Aber der Mensch lebt und muss auch die Möglichkeit bekommen, seine Existenz gestalten zu können. Über die Erwerbsarbeit scheint dies nicht mehr möglich zu sein. Blech und Papier, man nennt dies auch Geld, ernährt uns nicht mehr, da es kaum noch für alle zur Verfügung steht. Darüber hinaus ändert sich auch die Arbeit im 21. Jahrhundert. Es geht nicht nur um das Einkommen. Es geht auch um die Tätigkeit, der jeder nachgehen kann. Vieles übernimmt bereits der Computer, Maschinen, etc. Der Mensch kann sich um ganz andere Dinge kümmern. Mit dem BGE wäre es auch möglich, wieder ein Elternteil zu Hause zu pflegen. In Würde und mit viel Liebe. Grundsätzlich ist das BGE nichts weiter als eine Notbremse zu dem, was wir jetzt an gesellschaftlichen Modellen zum Thema Arbeit haben. Wie würde die Gesellschaft sich entwickeln, wenn bundesweit ca. 6,4 Mio. Menschen wieder beginnen, sich frei entfalten zu können? Die Sanktionen bei Hartz IV stellen jedes Individuum on hold. Es hat Angst, eigene Schritte zu gehen, weil man nur etwas falsch machen kann und somit die Bedrohung von Sanktionen allgegenwärtig ist. Wir reden davon, dass durch die Sanktionen eine zum Leben nicht ausreichende Grundsicherung bis zu 100% gekürzt, und den Menschen jegliche Lebensgrundlage entzogen werden kann. Was wäre, wenn diese Angst nicht mehr existiert und der Mensch sich frei in die Gesellschaft einbringen kann?

Gemäß Nikolaus Curtius´Aussage, wäre der Konsum gesättigt und die Arbeit am Menschen würde uns bewegen. Ich denke, da ist was dran und kommt meiner o.g. Argumentation sehr entgegen. Ich bin der Ansicht, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, er weiß nur nicht mehr genau, wie das geht. Zu sehr wurde er in den letzten Jahrzehnten konditioniert und Gefühle wie Empathie abtrainiert. Nicht bei jedem, versteht sich, jedoch – schaut man sich Kommentare zum Thema BGE an, so geht es oftmals darum, dass die faulen Arbeitslosen noch fauler werden, dass die Ausländer nur unser Geld haben wollen. Es geht um das Thema positives Menschenbild. Wenn wir uns mit dem Thema BGE beschäftigen sollte uns klar sein, dass wir das Einkommen von der Erwerbsarbeit abkoppeln. Das Einkommen steht dem Menschen zu, weil er ist - bedingungslos. Diesen Gedanken für sich aufzunehmen und zu akzeptieren, ist nicht einfach.

Eine Teilnehmerin fragte, ob es bereits ein umgesetztes BGE gäbe. Mir fiel folgender Bericht der Süddeutschen Zeitung ein, in dem beschrieben wurde, dass es das bereits in Brasilien und Namibia gäbe. Jedoch der Ansatz vor Ort mag vielleicht gut gemeint, aber schlecht gemacht sein. Die Finanzierung des BGE muss aus der Gesellschaft heraus funktionieren und nicht durch Spenden von Hilfsorganisationen, etc. Die Ängste, dass der Spender, so kann man diese Finanzierung nennen, seine Zahlungen einstellt, bleiben. Es handelt sich bei dieser Umsetzung nicht um eine Bedingungslosigkeit, welche die Gesellschaft befreit. Wie schnell eine Zahlung eingestellt werden kann und ein Volk in die bedingungslose Katastrophe führt, können wir ganz aktuell an den fehlenden Zahlungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen sehen.

„Die Weltgemeinschaft hatte den syrischen Flüchtlingen Milliarden zugesagt, das Geld aber nie überwiesen. Allein für Dezember benötige das WFP 64 Millionen Dollar. Sobald wieder Geld fließe, werde man erneut Lebensmittelgutscheine verteilen.“

Ferner wurde in diesem Rahmen der Veranstaltung die Opferrolle des Arbeitnehmers angesprochen. Dieses „Arbeiten müssen, um sich ernähren zu können“, würde mit einem BGE neu bewertet werden. Ein Mensch kann sich mehr emanzipieren und ausprobieren. Ein Mensch hört nicht einfach auf zu arbeiten, nur weil er nicht mehr muss. Wie lebendig wäre unsere Gesellschaft, wenn sich der Einzelhandel wieder als Solcher durchsetzen würde, wenn Produkte in unserem Binnenmarkt zu finden sind, die regional hergestellt werden? Weil jeder eben auch was kann. Nicht alle Menschen werden sich mit einem BGE selbständig machen, aber selbständiger werden. Aber auch nicht wirklich alle. Denn der Mensch ist auch ein Gewohnheitstier. Die Strukturen, wie Regelmäßigkeit und Netzwerke, wie Kollegen, zu verlassen, obliegt nicht jedem. Eine Teilnehmerin sagte es rundheraus: „In einer Sendung habe ich mal einen Bericht über das BGE gesehen. Dort sagten sie 'Ich würde weiter arbeiten, aber mein Nachbar.....'.“ Und somit sind wir wieder beim Thema Menschenbild. Wieso traut man einem anderen Menschen nicht das zu, was man selbst auch leistet?

Eine weitere Teilnehmerin fragte, wer denn noch im Mittelstand arbeiten würde? Aus ihren Fragestellungen war herauszuhören, dass sie Angst haben könnte, ihre Mitarbeiter würden das Unternehmen verlassen. Nikolaus Curtius beantwortete die Frage in sofern, als dass die Menschen schon bei einer guten Bezahlung und einer anständigen Menschenführung bleiben würden. Es geht ja schließlich auch darum, sich einen Lebensstandard aufzubauen bzw. zu halten. Das BGE ist doch nur ein existenzsicherndes Einkommen, über dessen Höhe man sich einigen kann. Es gibt statistische Ermittlungen wie beispielsweise den Warenkorb oder das Netto Äquivalenzeinkommen. Das Ergebnis würde sich errechnen lassen. Darüber hinaus möchte der Mensch sich entwickeln, vielleicht ein eigenes Haus bauen, einen tollen Wagen kaufen. Dafür ist eine geldbringende Arbeit notwendig.

Diese Dame aus dem Mittelstand stellte stets Fragen, die sich auf die Erwerbsarbeit bezogen. Um ihr verständlich zu machen, dass Erwerbsarbeit und Einkommen beim BGE entkoppelt werden, musste ich thematisch oftmals so weit ausholen, dass ich leider nicht zur Beantwortung ihrer Fragen kam. Das hielt mir diese Teilnehmerin dann jedoch auch vor und nannte mich Klugscheißerin. Nun, wie soll man Fragen beantworteten, die zu ganz anderen Themenfeldern gehören, zumal sie auch selbst murmelte, dass sie es wohl nicht verstehen würde. Ich befasste mich im Nachhinein mit dem Wort „Klugscheißerin“ und der Duden nannte ein Synonym „Besserwisser“. Da ich als Experte zu dieser Veranstaltung eingeladen wurde kann ich wohl sagen, meinen Job gemacht zu haben. Jedoch wäre ein wenig mehr Freundlichkeit angebracht gewesen. Aber nichts, was man bei Diskussionen zum Thema BGE nicht stets erfährt. Dennoch brachte sie die Idee an, die Erbschaftssteuer auf 100% für die Finanzierung von staatlichen Wohnungen anzusetzen. Hörte ich zu Beginn nicht, dass es jetzt sozialistisch würde und von einer Teilnehmerin, die sich vehement für den Mittelstand einsetzte, kam diese Idee? Was würde denn dann mit den Unternehmen passieren? Sie würden verstaatlicht. Was wäre dann mit den Produktionsgütern? Ach, ich ließ es mit dem Klugscheißen an dieser Stelle.

Es wurde gefragt, wie sich die Steuern verändern würden? Das hängt alles davon ab, wie die Finanzierung des BGEs erfolgen könnte. Führen wie eine Vermögensteuer ein? Wird der Markt reguliert und auch Starbucks, Amazon and friends bezahlen in Deutschland Steuern? Werden Briefkastenfirmen geschlossen? Wird die Konsumsteuer angesetzt? Wird eine Maschinensteuer, wie Götz Werner sie auch wünscht, eingeführt? Vieles ist denkbar und machbar.

Nun wurde das Video mit dem Interview mit Herrn Hundertmark gezeigt. Herr Hundertmark ist Unternehmer und Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen. Er hätte seine Mitarbeiter zum BGE befragt und man kam zu dem Ergebnis, dass die Anreize fehlen würden. Hier vibrierte ein ganz „besonderes“ Menschenbild. Ein Mensch würde also nichts tun, wenn der schnöde Mammon nicht rufen würde. Wie mag sich ein Leben dauerhaft mit Fernbedienung und Flasche Bier auf dem Sofa wohl anfühlen? 82 Mio. Menschen würden bei Einführung eines BGE gnadenlos in Schockstarre verfallen und auf das Sofa plumpsen. Man mag mir meine Ironie verzeihen. Tatsächlich geht Herr Hundertmark von dem Gedanken aus, dass man sich von Hartz IV ernähren kann und niemand in Deutschland hungern muss. Ich schlage vor, er kann es ja mal über mehrere Monate versuchen. Nicht umsonst werden die Schlangen bei den Tafeln immer länger. Und nicht nur das. Die Menge der Bedürftigen kann auch kaum noch gehändelt werden. In Essen läuft es z.B. gerade so:

„1800 Einzelpersonen oder Familien erhalten bei der Essener Tafel Woche für Woche Lebensmittel. Wer dreimal bei der Lebensmittel-Ausgabe der Tafel fehlt, verliert seine Karte für ein Jahr. Angesichts des großen Andrangs müsse man streng sein, sagt der Tafel-Verein. Ein Betroffener sagt: „Ein Jahr Sperre ist zu hart.“

Die menschliche Grundversorgung kann doch nicht durch Vereine oder die Wohlfahrt organisiert werden. Herr Hundertmark möge sich doch dahingehend bitte näher informieren. Woher er auch sein Wissen nimmt, dass das BGE die Schwarzarbeit fördert, hat sich uns nicht wirklich erschlossen. Gerade das derzeitige starre Hartz IV ist doch genau darauf ausgelegt. Spätestens als Herr Hundertmark meinte, dass BGE würde in den Kommunismus führen, gab es in der Runde ein allgemeines Gelächter.

Wenn wir schon das Thema Finanzierung in dieser Veranstaltung diskutierten, so passt folgender Exkurs sehr gut. So ist auf der Seite der Wirtschaftsinitiative zu lesen, dass E.ON sich dort engagiert. E.On, ein Konzern, der im Jahre 2012 nach Verabschiedung des Haushaltes in Gelsenkirchen eine Gewerbesteuerrückzahlung von 59 Mio. Euro forderte. Ich weiß nicht, inwieweit das Thema Luxemburg-Leaks seine Kreise gezogen hat. Aber ein Zusammenschluss mehrerer Journalisten hat herausgefunden:

(…) „Die Luxemburger Tochterfirma Dutchdelta des Energieriesen Eon verleiht konzernintern Milliarden. Aber ist sie wirklich eigenständig? Wenn nicht, drohen deutsche Steuerforderungen in Millionenhöhe.“ (…) „Gleichzeitig aber können Tochterfirmen derartige Zinszahlungen auf ihre Gewinne anrechnen lassen und so in ihren jeweiligen Ländern die Steuerlast senken. (...)“

Nachzulesen in der Süddeutschen. Nachzusehen bei Panorama. Auch hier ist Herr Hundertmark gefordert, seinen Spielgefährten auf die Finger zu schauen. Immerhin geht es um die Wirtschaftsinitiative GELSENKIRCHEN und im Allgemeinen, in Hinblick auf das BGE, um die Regulierung des Steuersystems.

Rainer Kleinau erwähnte nach diesem Interview noch mal, dass es keine Vollbeschäftigung mehr geben wird. Es muss Gedanken darüber geben, wie Armut bekämpft werden kann. Allein in den Unternehmen, die noch Erwerbsarbeit bieten, treibt die Verlustangst der Mitarbeiter eine Individualisierung voran. Mobbing ist die Folge. Die gesamte Gesellschaft steht vor der Verantwortung, Lösungsansätze zu finden, wie wir mit Menschen umgehen, die von der Erwerbsarbeit abgekoppelt sind.

Es kam die Frage auf, ob ein BGE für Kinder die Familie verändern würden. Auch hier beantwortete Nikolaus Curtius die Frage ähnlich wie die der Mittelständlerin: Sofern die Familie menschlich funktioniert, wieso soll das Kind sie dann verlassen? Es sind doch eben auch die sozialen Bindungen, die an einem Arbeitsplatz wichtig sind. In einer Familie ist es ähnlich zu sehen. Mein Einwand, dass die Kinder sich durch das Geld auch wieder Schulbücher leisten könnten, winkte die Fragestellerin abwertend ab.

Ein Teilnehmer, endlich mal ein Herr, beschäftigte sich mit dem Gedanken, dass sich die Preise auf dem Markt mit dem BGE verändern könnten. Die Konsumsteuer würde sich anders auf die Produkte niederschlagen, als wir es bisher kennen. Abgesehen davon, dass die Konsumsteuer nur EINE Möglichkeit der Finanzierung wäre, bleibt jedoch eines sicher: Das volkswirtschaftliche Instrument von Angebot und Nachfrage. Der Konsument bestimmt die Preise. Nach der Veranstaltung diskutierten wir noch ein wenig über dieses Thema und die Frage fand ich sehr interessant. Wir redeten darüber, wie man sich mit Selbstversorgung beschäftigen kann oder mit Urban Gardening. Da sprach der junge Mann was Interessantes an: „Also müssen wir uns auch mit dem BGE verändern.“ Ich denke, da ist was dran.

Die Teilnehmer des Projektes Stage, eine Initiative des Forum kunstvereint e.V. Gelsenkirchen und des Consol Theaters, haben für den Abend ebenfalls einen Film vorbereitet. Sie beschäftigten sich mit den Grundbedürfnissen und welche das genau sind. Im Wichtigsten waren sich alle einig: Das Wasser. Dazu kam Essen, Wärme, Kleidung, Wohnung, Mobilität, etc. Sie beschäftigten sich auch mit dem Gedanken, wie man Bedürfnisse befriedigt bekommt, auch ohne viel Geld und erwähnten beispielsweise das Selbstnähen und Tauschen von Kleidung.

Zum Schluss der Veranstaltung kam die Frage auf, ob das BGE Einfluss auf die Kriminalität haben könnte. Wenn Straftaten aus einer Armut heraus entstehen, wäre das durchaus möglich, versuchte ich diese Frage zu beantworten. Denn so grundsätzlich und pauschal kann man keine Antwort auf diese Frage geben, da Straftaten immer aus verschiedenen Motivationen heraus geschehen und verwies auf entsprechende Kriminalstatistiken. Grundsätzlich könnte ich mir jedoch vorstellen, dass Diebstahldelike zurückgehen könnten. Kaum, dass ich diesen Satz zu Ende sprach warf eine Teilnehmerin in den Raum: „Glauben Sie eigentlich selber, was Sie sagen?!?!?!? MIR hat man innerhalb von 9 Jahren zwei mal das Portemonnaie geklaut. Und traue keiner Statistik, die.....“

André Wülfing leitete in diesem Moment glücklicherweise die Endmoderation ein. Mir ist es jedoch noch ein großes Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass das Portemonnaie der Teilnehmerin noch VOR Einführung des BGEs gestohlen wurde. Darüber hinaus lügen die Zahlen in Statistiken nicht, man muss sie nur kritisch lesen.

Die Teilnehmer, Experten und Veranstalter blickten nun auf 2,5 interessante Stunden zurück. Und ich freue mich, jemanden wie Nikolaus Curtius kennen gelernt zu haben. Er hat mein Vorurteil, ja ich bin auch nicht frei davon, nicht bestätigt. Sein Einsatz ging trotz der wissenschaftlichen Ausbildung geradewegs in die humanistische Interpretation des BGE. Ich liebe es, wenn Menschen mit dem Erlernten umgehen und es zu nutzen wissen. Nikolaus Curtius ist so ein Mensch.

Diese Veranstaltung war im Grunde wirklich sehr informativ. Es wurden Fragen gestellt, die sehr klug waren und auf ehrliches Interesse deuteten. Am Ende gab es eine Abstimmung. André Wülfing verkündete, dass es nun die Möglichkeit gäbe in der Emscherregion ein Pilotprojekt zum BGE in Höhe von 1.001 Euro einzuführen. Wir wurden aufgefordert, mit rot-grünen Karten (kein politischer Hintergrund) dafür oder dagegen zu stimmen. Das Erfreuliche Ergebnis lautete:

18 Ja-Stimmen – 8 Nein-Stimmen

Das Bedingungslose Grundeinkommen wurde somit eingeführt!

Anbei schon mal ein Link für Kommentatoren, dessen Menschenbild noch positiver gestaltet werden kann: Internetkommentare im realen Leben

Weiterführende Links zum Thema BGE (Auswahl):

Filme:

Das Grundeinkommen für jeden

Frohes Schaffen (DVD)

Volker Pispers zur Arbeitslosenstatistik

Müßiggang

Web-Seiten:

Die WAZ zur Veranstaltung

Netzwerk Grundeinkommen

Unternimm die Zukunft

Archiv Grundeinkommen

Krönungswelle

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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