70.000 Euro Schulden - wegen zwei Männern

Eine menschliche Tragödie ist das sicherlich, aber eine, die die Angeklagte im Überschwang ihrer Gefühle selbst gewählt hatte. Nun steht sie nicht beziehungsmäßig vor einem Scherbenhaufen, sondern vor allem in finanzieller Hinsicht.

Sieben Mal hatte die Angeklagte, die als Bewährungshelferin in der Justiz arbeitet, Arztrechnungen gefälscht und diese Rechnungen eingesandt, um erstattungsfähige Beiträge zu bekommen. Zweimal gelang ihr dieses, in den anderen Fällen wurde ihr kein Betrag genehmigt. So blieb der tatsächliche Schaden gering.
Trotzdem liefen die Taten über Monate. Das Geld benötigte die Angeklagte nicht für ihren persönlichen Konsum, sondern für Arztrechnungen für sich und ihr Kind. Sie war nämlich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr krankenversichert und konnte neue Rechnungen nicht mehr bezahlen.
Hintergrund war (und ist) die desaströse finanzielle Situation der Angeklagten, die als Beamtin im Justizbereich eigentlich gut verdient. Zwei Männer wurden ihr zum Verhängnis, denen sie ein wunderbares Leben finanzierte, die selbst aber nichts dazu beitrugen.

Gefälschte Arztrechnungen

Schon nach der ersten gescheiterten Beziehung 2007 gibt die Angeklagte vor Gericht an, etwa 50.000 Euro Schulden aufgehäuft zu haben. Trotzdem ging sie 2008 erneut eine Beziehung ein, diesmal mit einem Mann aus Tunesien. Sie unterstützte seine Familie, bezahlte die Hochzeit und holte den Mann nach Deutschland, richtete ihm hier auch noch einen Kiosk ein. Diesen allerdings wirtschaftete der Mann schnell in Grund und Boden. Nach nur einem Jahr war die Ehe beendet und die Schulden auf rund 70.000 Euro angewachsen. Schon längst wurden Hunderte von Euro von ihrem Girokonto gepfändet, was der Dienstherr mit stark gerunzelter Stirn zur Kenntnis nahm. Eine Entfernung aus dem Dienst bei einem Vermögensdelikt ist unter gewissen Umständen möglich.
Als die Tochter eine Zahnspange brauchte und das Geld hinten und vorne nicht mehr reichte, verfiel sie auf die betrügerische Idee der gefälschten Arztrechnungen. Sie nahm alte Rechnungen, kopierte ein neues Datum ein und reichte die Rechnungen zur Erstattung erneut ein. Aufgefallen ist die Angeklagte, als sie eine Arztrechnung einsandte, wobei der Arzt schon lange nicht mehr praktizierte.
Die Folgen für die Frau sind katastrophal: Zur Zeit ist sie vom Dienst suspendiert und ihre Bezüge wurden stark gekürzt. Außerdem steht ihr noch ein Disziplinarverfahren ins Haus und der Dienstherr hat schon anklingen lassen, dass er mit dem Verhalten der Mitarbeiterin alles andere als zufrieden ist, obwohl sie ihre eigentliche Arbeit gut erledigt hat. Im Strafverfahren war sie bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Insbesondere die 120 Tagessätze ließen sie mit Hilfe eines Anwaltes Einspruch einlegen, denn für das Disziplinarverfahren ist es von entscheidender Bedeutung, wieviele Tagessätze im Strafverfahren angesetzt wurden. Die Zahl 90 darf hier nicht überschritten werden.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft macht in der Hauptverhandlung auch sofort deutlich, dass er nicht von den 120 Tagessätzen abrücken wird. Er hält diese Zahl und die Höhe der Tagessätze für absolut tat- und schuldangemessen. Insgesamt müsste die Angeklagte 4800 Euro bezahlen.
Ihr Verteidiger macht nochmals deutlich, dass für die Angeklagte bei dieser Zahl der Tagessätze möglicherweise ihr Job auf dem Spiel stehe und die Erwerbslosigkeit drohe.
„Auch bei 120 Tagessätzen kann der Dienstherr die inhaltliche Arbeit der Mitarbeiterin höher gewichten und die Frau im Dienstverhältnis halten“, kontert die Staatsanwaltschaft. Der Vorsitzende Richter Johannes Kimmeskamp tut sich sichtlich schwer mit der Entscheidung. Immerhin könnte die Staatsanwaltschaft nach dem Urteil auch widersprechen. Dennoch senkt er die Zahl der Tagessätze auf 90 ab, erhöht aber die Summe des einzelnen Tagessatzes, so dass unter dem Strich 4500 Euro zu zahlen wären, wenn das Urteil rechtskräftig wird.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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