Die richtige Wahl der falschen Zähne

FeZi McPhee

Zeitweise mied ich die Fastnacht an Altweiber, weil ich keine Lust mehr darauf hatte, mir zu fortgeschrittener Stunde den Herzschmerz der Gelackmeierten anzuhören, während um mich herum die nächste Generation Gelackmeierter schon wieder gezeugt wurde.

Seit mich aber meine Kinder darauf aufmerksam gemacht haben, dass Bäckereiverkäuferinnen und Zahnärzte eigene Freunde haben und keinen Wert auf meine Unterhaltungen legen, fixiere ich mich neuerdings wieder auf diesen einen Tag im Jahr, um meinem inneren Bedürfnis nach allgemeinem, ungezwungenem zwischenmenschlichen Kontakt nachzukommen.

Von unmessbarem Wert ist die Vorfreude auf diesen Tag, die sich prompt mit den letzten verrauchten Raketen des Jahreswechsels einstellt. Pläne werden geschmiedet, wie man sich verkleiden könne, um die Aufmerksamkeit im großen Meer der Gleichgesinnten zu gewinnen. Ein letztes Mal werden die Zahnarzthelferinnen voll gequatscht , in der Hoffnung auf ein wenig Fachsimpelei über die richtige Wahl der falschen Zähnen.

Von nun an wird die Welt von meinen unnötigen Gesprächen verschont.
Per "whatsApp" werden im vertrauten Kreis Ideen zur Kostümwahl ausgetauscht und das Quatschmachen geübt. Die besten Überlegungen müssen mangels machbarer Umsetzung verworfen werden – oder wüssten Sie, wie man sich als Spirale verkleidet?
Im Verkleidungsmarkt meines Vertrauens ermutige ich andere zum jeweiligen Kostüm, indem ich laut lache: „Sie sehen aber lustig aus!“
Ich selber beschränke mich im Hinblick auf die Preise auf eine rote Schaumstoffnase für 49 cent, die sich, wie sich später herausstellen wird, bestens als cocktailartige Garnitur auf dem Bierglas macht.

Dann ist der große Tag da. Fast ein wenig wehmütig treffen wir Weiber uns in der karnevalistischen Hutabteilung, um eine passende Kopfbedeckung zum Zahnersatz zu finden. Das lustige Vorgeplänkel ist hiermit zu Ende, jetzt wird es ernst. Man bescheinigt mir eine Ähnlichkeit mit „Nanny McPhee“, von deren Existenz ich bis hierhin nichts wusste.
Egal. Hauptsache lustig.

So ist der Abend dann auch angeheitert und einfach nur lustig.
Mein Zahnersatz, so gut er sich auch als Gesprächsaufhänger eignet, erweist sich sehr bald als hinderlich beim Trinken, woraufhin ein aufmerksamer Mitfeiernder mir prompt einen Strohhalm besorgt. Hiermit schlürfe ich mich durch die verschiedensten Gläser und entscheide bei jedem Gespräch, das sich daraus ergibt auf’s Neue, dass ich aufgrund des hohen Unterhaltungswertes bereit bin, die mögliche bakterielle Belastung, die sich hieraus ergeben könnte, in Kauf zu nehmen.
Immerhin stelle ich am folgenden Morgen fest, dass von den eingesteckten 50Euro noch 49Euro50 übrig sind.

Ach, wäre das nach dem Erwachen doch das einzig Unverständliche, das mir Kopfzerbrechen bereitet. Schön war’s - das hältste im Kopf nicht aus.

Eins steht vor allem jetzt schon fest: Egal, was die Kinder sagen, ich muss unbedingt bei nächster Gelegenheit wieder das Gespräch mit dem Zahnarzt suchen. Das Geschäft mit den Gruselzähnen scheint hervorragend zu gehen, zumindest habe ich, durch die eigenen Dritten sensibilisiert Einiges gesehen.

Zahnhygiene und die entsprechende Gesundheit sollte keine finanzielle Frage sein.
Ich überlege eine Tauschbörse anzuregen, oder einen Zahnverleih.

Autor:

Femke Zimmermann aus Düsseldorf

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