New Fall Festival: London Grammar ausgebuht

Man musste die Band schon sehr mögen, um den Schock des Abends schnell verdauen zu können. Das Konzert von London Grammar im Rahmen des New Fall Festivals am zurückliegenden Samstag nahm kein gutes Ende.

Die Aufsteigerband aus Nottingham meinte es zunächst noch gut mit dem Publikum. Sie startete mit einem großartigen Intro, beschränkte sich auf minimalistische aber wirkungsvolle Lichtspiele und Sängerin Hannah sorgte für stimmliche Gänsehautmomente.

Zu viel Unruhe

Doch das Konzert startete mit zehnminütiger Verspätung. Zu unruhig war es im Publikum. Um 20 Uhr sah man immer noch einige Zuschauer rauchend vor der Tür stehen. Um 20.10 Uhr hatten endlich alle Platz genommen, dennoch brach die Unruhe nicht ab. Immer wieder verirrten sich noch Besucher in die Tonhalle, gingen zwischen den Liedern auf Toilette, um dann irgendwann wieder hineinzuplatzen, zückten die Handys für Wackelvideos oder unterhielten sich mit ihrem Sitznachbar während der ruhigen Momente. Vielleicht ist das der Band nicht vollständig entgangen, weshalb sie kurz vor Schluss die Entscheidung traf, vorzeitig das Konzert abzubrechen.

Auch schon vorher merkte man, dass bei Sängerin Hannah Reid immer wieder die Verbindung zum Publikum abbrach, sie wirkte zeitweise fahrig in den Songs, auch wenn dies ihrer glasklaren Stimme keinen Abbruch tat.
Ein paar Komplimente an die Stadt und an das Publikum fürs Erscheinen ließen London Grammar zeitweise ihre Sympathiewerte erhalten.

Der Abend hinterließ dennoch einen faden Beigeschmack. London Grammar sahen keine Notwendigkeit, ihrem Publikum gerecht zu werden (was sich im übrigen auch nach dem Konzert dadurch bestätigte, dass es am Merchandisingstand nicht einmal CDs zu kaufen gab, sondern nur überteuerte T-Shirts).

Keine Zugabe

Nachdem London Grammar streng nach Plan alle Albumtracks gespielt hatte, verließen sie ohne ein Wort den Saal. Dabei hätte nur noch ein einziger Song als Zusage gefehlt: Strong. Der Song, der ihnen weltweite Aufmerksamkeit verschaffte. Nur noch dieser eine Song.
Vielleicht ruhen sie zu sehr auf ihren Vorschusslorbeeren und dem weltweiten Hype um die Band. Was stören da einige tausend enttäuschte Fans ? Es gibt ja noch so viele auf der Welt. Und die Gage für den Abend war ja schon eingestrichen. Warum also noch 4 weitere Minuten spielen?

50 Minuten Konzert

Und einige Zuschauer werden es sich künftig überlegen, eine Band live sehen zu wollen, die erst ein Album veröffentlicht hat. Zu groß ist möglicherweise das Risiko, zu hoch der Preis, der sich in einer Kategorie befand, bei der durchaus zweistündige Konzertabende bestritten werden.
Der Kartenpreis von bis zu 47 Euro rechtfertigte das knapp 50minütiges Konzert also in keinster Weise. Wenn man bedenkt, dass London Grammar als Coverband starteten, hätte man durchaus auch noch einiges erwarten können, um den Abend wenigstens noch irgendwie sinnvoll zu strecken.

Doch dieser letzte fehlende Song als Zugabe war genau das, was das Publikum London Grammar und der Sängerin ankreidete. Es hieß, es ginge der Sängerin gesundheitlich nicht gut. Die Band verschwand und ließ sich nicht mehr blicken und machte damit alles nur noch schlimmer.
Wäre die Band oder die Sängerin selbst auf die Bühne zurückgekommen, um sich zu entschuldigen oder wenigstens anzukündigen, dass sie gesundheitlich angeschlagen sei, aber dennoch versuchen würde, die Zusage zu bringen, das Publikum hätte es ihr vermutlich verziehen und ihr womöglich noch für ihr Durchhaltevermögen Standing Ovations geschenkt. Aber damit war nicht zu rechnen.

Schlechte Entscheidung

Einfach zu verduften und den Konzerveranstalter die „Drecksarbeit“ machen zu lassen, dürfte die schlechteste Entscheidung ihrer noch jungen Bandkarriere gewesen sein.
Und man fragte sich: Wie krank muss die Sängerin gewesen sein, dass sie nicht mal mehr einen einzigen Song hätte schaffen können? Zumal man ihr stimmlich nichts angemerkt hat.
War es doch die permanente Unruhe im Publikum, die die Band genervt hat, weil sie sich nicht genügend respektiert gefühlt hat?
Denn wie viel störungsfreie Konzertzeit blieb letztendlich übrig, wenn bis 20.20 und 20.30 Uhr immer noch Plätze gewechselt wurden, Leute hineinkamen, aufstanden und gingen und wieder zurück kamen bei einer Konzerdauer von gerade einmal 50 Minuten?
Entspannend war das nicht.

Symbolischer Albumtitel

Nach endlosem fordernden Applaus und Zugaberufen verließ das Publikum dann aber letztendlich nach einem kurzen Moment der Verwirrung mit Buhrufen genervt die Tonhalle, nachdem das Saallicht anging.
Die Meinung einer Zuschauerin am Ende darf allerdings als nicht sehr qualifiziert bezeichnet werden: In dem Augenblick nämlich, als der Veranstalter die „frohe Botschaft“ verkündete, dass die Sängerin krank sei, rief sie: „Dann dürfen sie aber nicht so viel Geld verlangen.“

„If you wait“, so der Titel des Debütalbums der Band, hätte nicht symbolischer für diesen Abend sein können.

Unser Redakteur Sven-André Dreyer war parallel bei Sébastien Tellier im Tanzhaus NRW. Seinen Bericht gibt es hier.

Was die schottische Band Mogwai am Freitag auf der Bühne geboten hat, lest Ihr hier.

Autor:

Lokalkompass Düsseldorf aus Düsseldorf

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