Ich habe einen Traum

Raketenstart in der Nähe von Cape Canaveral

Alles ist groß in Amerika.
Sie trinken Limonade aus Riesenbechern und löffeln Eiscreme aus Containern. Sie haben überdimensionale Fernseher und essen Popcorn, Burger und Erdnussbutter in rauen Mengen. Es sei denn sie sind allergisch. Dann verklagen sie das Unternehmen, das nicht vermerkt hat, dass Peanutbutter Spuren von Erdnuss enthalten kann, schlucken eine Handvoll Pillen aus dem rezeptfreien fünfhunderter Pack Antihistaminika und verticken fröhlich die millionenhohe Entschädigung in einem der gigantischen Freizeitparks.

Dort sieht man sie mit dicken Implantaten an den fantasiereichsten Stellen, oder, wenn sie von Natur aus dick sind, weil keiner sie darauf hingewiesen hat, dass fettreiche Lebensmittel bei übermäßigem Verzehr fett machen, in sperrigen, fahrbaren Gehhilfen, weil Bewegung ab einem BMI von >75 unmöglich ist.
Wenn Gehen nicht geht fahren sie halt.

Sie haben Pistolen im Schlafzimmer und machen Krieg.
Sie experimentieren, reglementieren und exportieren – Unmengen an Zigaretten zum Beispiel, die im eigenen Land nicht geraucht werden dürfen. An der Grenze des Ethischen.
Man muss es nicht verstehen, dieses komische Völkchen. Man muss es nicht mögen, dieses selbstherrliche, machtgierige „Land“. Aber wer kann widerstehen, wenn er verzweifelt schwitzend im öffentlichen Verkehr die Orientierung verloren hat und unaufgefordert Hilfe bekommt?
Ich nicht!

Es tut mir gut, wenn die wildfremde Frau hinter dem Tresen mich anstrahlt: „Sweetheart, what can I do for you?“ Ich liebe es, wenn Leute auf öffentlicher Straße anfangen mit den Hüften zu wackeln, weil das Lied im Radio gerade gut ist. Ich fühle mich wohl, bei Menschen, die mich herzlich zum barbecue empfangen, obwohl wir uns vorher noch nie begegnet sind. Es rührt mich, wenn Freunde mich bereitwillig bei sich zu Hause aufnehmen „mi casa es su casa.“ Ich brauche das unverhohlene, allgegenwärtige „God bless you“, wenn es doch das Beste ist, was der Mensch zu wünschen hat.

Mich fasziniert die relativ junge Geschichte des „Landes der unbegrenzten Möglichkeiten“. Mich beeindrucken die Beweggründe der Pilgerväter, die großen Hoffnungen der ersten Siedler. Sie ließen alles zurück, flohen dem Hunger oder suchten das große Glück. Manch Einer hat seinen Traum wahr gemacht, andere gingen hoffnungslos vor die Hunde.

Er steckt ihnen im Blut, der „American Dream“.
Sie brechen Rekorde und fliegen zum Mond und behaupten mit überheblichem Selbstbewusstsein „wenn wir DAS können, können wir alles“. Er mag andere Nationen leicht übergehen, aber dennoch ist er immer da, der Wir-Gedanke.
Er findet seinen Weg, den Unzulänglichkeiten zum Trotz ins Zwischenmenschliche.

„In God we trust“ steht auf ihrem Geld und wenn man der Gedenkstätte des 11. September einen Besuch abstattet, nimmt man es ihnen sogar ab.
„A wonderful illustration of human resiliance and fortitude.” (Eine wunderbare Darstellung menschlicher Widerstandskraft und innerer Stärke), steht auf einem Zettel, den ein Betroffener an die Pinnwand des Besucherzentrums geheftet hat.

„Ja“ denke ich, „diese Nation ist sich des unsagbaren Leids bewusst, das Mittellosigkeit, Sklaverei und Terror mit sich bringt.“
Aber sie sind offenbar entschieden auch weiterhin nach den Sternen zu greifen.
God bless America!

Autor:

Femke Zimmermann aus Düsseldorf

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