Balanceakt zwischen gestern, heute und morgen - Sanierung der Alten Direction

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Zum Tag des offenen Denkmals lud die Kettwiger Grundstücksgesellschaft (KGG) zur Baustellenführung ins ehemalige Verwaltungsgebäude der Scheidtschen Tuchfabrik ein. In der „Alten Direction“, wie das Gebäude jetzt heißt, wurde die Baustelle aufgeräumt und gefegt - und dann kamen jede Menge Besucher...

Mit so viel Interesse hatte Heinz Schnetger, Geschäftsführer der KGG, nicht gerechnet - gut, dass er sowie Architekt Frank Ahlbrecht - gleich drei Führungen anberaumt hatten...
Und es gab jede Menge Spannendes zu sehen und zu erfahren im geschichtsträchtigen Gebäude. „Es gab drei Bau- beziehungsweise Umbauphasen“, erklärte Schnetger. „1908, 1927 und 1957 wurde viel in dem Gebäude gemacht. Es wurde übrigens auch viel verändert, ohne jemals Rücksicht auf den ursprünglichen Baustil oder ähnliches zu nehmen. Es handelte sich ja um eine Fabrik, da wurde nach praktischen Maßstäben gehandelt.“ Deshalb fanden die ausführenden Firmen beim Sanierungsprojekt auch den einen oder anderen „Hammer“. „Der Teil, der bereits Produktionshalle war, hatte gar kein Fundament“, berichtete Schnetger immer noch fassungslos. „Das war der erste Kostenhammer, denn das geht nach den heutigen statischen Vorgaben natürlich gar nicht.“
Überhaupt sei die ganze Sanierung, bei der sich die handelnden Personen entschieden haben, immer den Baustil, der sich am eindeutigsten identifizieren lässt, nach historischen Maßstäben wiederherzustellen, ein Balanceakt zwischen der historischen Wirklichkeit, den (Brandschutz)-Vorgaben von heute und der Nutzung von morgen.

Wenn Denkmal- auf Brandschutz trifft...

„Die alte Fabrikeingangstür ist da ein gutes Beispiel. Sie entspricht natürlich nicht im entferntesten einer T30-Brandschutztür“, führte Schnetger aus. „Aber eine solche Tür, die mauert man doch nicht zu.“ Also wurde mit zwei Türen gearbeitet: Die alte wird erhalten, eine zweite Tür erfüllt die Brandschutzvorgabe...
Wunderschöne, alte Holzdielen wurden bei der Sanierung gefunden. „Davon konnten wir einen großen Teil erhalten. Ein bisschen wird aber auch ersetzt.“ Die Kappendecke in der ersten Verwaltungsetage bleibt. Viele Fenster wurden bereits erneuert, wobei die im ehemaligen Verwaltungsbereich aus Holz sind und auch die ursprüngliche Teilung haben, im Produktionsbereich werden Metallfenster eingesetzt. „Damit wollen wir den Übergang von Verwaltung zu Produktion sichtbar machen“, erklärt Schnetger.
Einer der Übergänge ist übrigens eine kleine Treppe, die den Denkmalschützern besonders am Herzen liegt: Man hat sie als Jugendstil-Treppe identifiziert. „Diese Treppe hat uns wirklich Kopfschmerzen bereitet“, gibt Schnetger zu, der nicht müde wird, das Architekturbüro von Frank Ahlbrecht für das Fingerspitzengefühl, das eine solche Sanierung verlangt, zu loben. „Weil wir die Treppe erhalten müssen, haben wir Probleme mit den Ausgängen und Fluchtwegen im ehemaligen Produktionsbereich bekommen.“ Lösungen - nicht immer kostengünstig - wurden gefunden, damit die Mieter dort künftig keine fußkalten Räumlichkeiten vorfinden, aber trotzdem die Treppe bleibt. „Jugendstil“, sagt Schnetger und schüttelt den Kopf.
Apropos Mieter: In sechs Einheiten sollte die Alte Direction vermietet werden, darauf war die Sanierung ausgerichtet. Doch inzwischen ist klar, dass es nur einen Mieter geben wird, dessen Namen Heinz Schnetger aber noch nicht verrät. „Deshalb ist der Bezugstermin jetzt auch Dezember und nicht mehr November“, führt er aus. „Der künftige Mieter hat Zeit bekommen, sich mit dem Gebäude auseinanderzusetzen und den einen oder anderen individuellen Wunsch zu äußern. Das hat den Weiterbau ein wenig aufgehalten.“ Beziehen wird er im Dezember ein aufwändig restauriertes Schmuckstück, durch das ein Hauch von erfolgreicher Firmen-Geschichte weht...

Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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