Ausgetrommelt - THG-Lehrer Dr. Walter Jahnke geht in den Ruhestand

Nur noch für sechs Wochen ist das Theodor-Heuss-Gymnasium die berufliche Heimat von Dr. Walter Jahnke, dann geht‘s in die Dauerferien...Kurier-Fotos: Bangert
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Es gibt diese Lehrer, die hinterlassen regelrecht eine Lücke, wenn sie eine Schule verlassen. Dr. Walter Jahnke, stellvertretender Schulleiter am Thedor-Heuss-Gymnasium, ist zweifelsfrei einer davon: Trotzdem geht er zum Schuljahresende in den Ruhestand.

Woran erkennt man einen guten Lehrer, wenn man selbst längst kein Schüler mehr ist? Vielleicht auch an den vielen, vielen Abschiedsgeschenken von ganzen Schuljahrgängen, die sich in seinem Schul-Büro befinden. Bei Walter Jahnke sind das vor allen Dingen jede Menge Geschenke, die an „Die Blechtrommel“ erinnern. „Der beste deutsche Roman“, ist er sicher und hat ihn Generationen von Schülern nähergebracht, die heute noch an „den Jahnke“ denken, wenn sie irgendwo mit Günter Grass in Berührung kommen.

"Walters wilde Weiber"

Aber auch daran, dass sich die Mädchen seiner letzten Klasse beim THG-Fußball-Pfingstturnier „Walters wilde Weiber“ nennen. Und daran, dass eigentlich jeder im kleinen Kettwig ihn kennt, und niemand ein böses Wort fallen lässt...
Dabei wollte der junge Walter Jahnke zunächst Berufssoldat werden. „Es gab zwei Hindernisse“, erinnert sich der in Herne geborene und in den Trümmern von Essen-Rüttenscheid aufgewachsene Pädagoge. „Mein Vater erklärte, dass ich dann nicht mehr nach Hause kommen darf und meine Freundin, dass „das“ dann nix wird...“ „Das“ ist inzwischen eine Lehrer-Ehe, die noch heute hält und Jahnke wurde zwar Major der Reserve, aber im Hauptberuf Lehrer für Geschichte und Deutsch. „In der Reihenfolge. Geschichte war mein Ding, Deutsch habe ich dazu gemacht. Das ist heute umgekehrt.“ Im Erklären sehe er eine seiner Stärken, sagt er. Fraglos die Grundvoraussetzung für einen guten Lehrer...

Erklären ist seine Stärke

Zielstrebig studiert er an der Ruhruniversität in Bochum, macht sein Referendariat am Gymnasium Nord-Ost, wird 1977 bereits Oberstudienrat und wechselt am 1. Februar 1983 - vor 30 Jahren - zum THG, an dem er seit Anfang 1991 stellvertretender Schulleiter ist. Kettwiger, genauer gesagt zugereister Kettwiger, ist er seit 1977.

"Zugereister" Kettwiger

Rund 30 Leistungskurse Deutsch hat er zum Abitur geführt, die meisten mussten natürlich das beste Buch lesen. Zudem ist Jahnke Lyrik-Fan, Goethes Gedichte füllen Ordner, sie alle brachte er der Schülerschaft bei. „Durch das Zentralabitur bin ich natürlich nicht mehr frei in der Themenwahl“, berichtet er. „Manchmal ist es schon verwunderlich, mit welchen Themen sich die Abiturienten befassen müssen.“ „Leutnant Gustl“ von Schnitzler mit dem Ehrenkodex der damaligen Zeit sei beispielsweise eine Lektüre, die für moderne Jugendliche „sehr schwer nachvollziehbar ist“.

"Doppeljahrgang" - eine Frage der Organisation

Nichtsdestotrotz erklärt Jahnke es seinen Schülern natürlich so gut es geht, nimmt im letzten Jahr seiner Berufstätigkeit auch noch die Herausforderung „Doppeljahrgang“ an und organisiert die Abituprüfung von zwei Jahrgängen so, dass sie reibungslos im THG abläuft.
Bis zum Schluss überrascht die Schülerschaft den erfahrenen Lehrer noch. „Die Elfer haben sich von sich aus gewünscht, Goethes „Faust“ zu lesen“, erzählt er. „Die Neuner hingegen wollten Jodi Picoults „19 Minuten“ lesen. Das ist immerhin ein 400-Seiten-Schinken“, ist er beeindruckt. Er musste ihn übrigens auch neu lesen, denn sein Vorschlag „Mord im Orientexpress“ kam nicht durch. „Das war o.k.“ grinst er.

"Die männliche Hälfte der Klasse liest nicht."

Auf die Frage, wieviele Schüler überhaupt regelmäßig lesen, sagt er: „Die männliche Hälfte der Klasse liest nicht.“ Und wie ändert man das? „Ein Rezept, wie man ein Kind zum Lesen bringt, habe ich leider nicht!“
Das gab es noch nie, auch nicht, als der kleine Walter in Rüttenscheid - weil er nach dem Umzug aus Herne mitten im Schuljahr kam - in die Mädchenklasse gehen musste.

"Früher waren Lehrer Respektpersonen"

Das Trümmerkind studierte 1968 - ein Alt-68er? „Nein, zu den68ern, die berühmt wurden, habe ich nie gehört“, weiß er. „Aber die Einengungen durch die überkommenen Werte unserer Eltern-Generation, die habe ich natürlich gespürt. Und die mussten überwunden werden.“ Es hat sich viel verändert. „Früher waren Lehrer Respektpersonen, heute darf man nicht mal erwarten, dass man eine Tür aufgehalten bekommt.“ Der Lauf der Welt.
Fast 40 Jahre als Lehrer, da blickt man auf eine umfangreiche Zahl von ehemaligen Schülern zurück. Erkennt man alle? „Nein, keine Chance. Das mit den Namen ist eh nicht meine Stärke...“ Manchmal werde man überrascht. „Der, von dem ich dachte, dass er Schauspieler wird, wurde Rechtsanwalt. Tritt aber jetzt im Fernsehen auf“, lächelt er. „Aber der Apothekersohn ist auch oft genug Apotheker geworden...“

Er wird fehlen!

Bleibt die Frage nach dem Ruhestand. „Da habe ich extra etwas für Sie mitgebracht, weil ich mir dachte, dass diese Frage kommt“, sagt er und zeigt auf eine figürliche Darstellung einer historischen Szene. „So etwas bastel ich.“ Da bleibt es nur, viel Spaß dabei zu wünschen. Die Schüler des THG werden Dr. Walter Jahnke sicher einen würdigen Abschied bereiten und eines ist jetzt schon sicher: Er wird fehlen!

Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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